Android-Alternative OmniROM im Überblick


Ein Maßanzug sitzt besser als einer von der Stange. Das gilt auch für Mobilbetriebssysteme. So nehmen die von den Herstellern entwickelten Android-Versionen kaum Rücksicht auf die Bedürfnisse der Anwender. Wie bei einem Standard-Windows-PC befinden sich auf den meisten Tablets und Smartphones zahlreiche Apps, die aus monetären Gründen vom Hersteller auf den Geräten vorinstalliert werden. Das wäre auch gar nicht schlimm, wenn man die in Fachkreisen abfällig als Crapware bezeichnete Software wie bei Windows-PCs einfach deinstallieren könnte. Doch das funktioniert standardmäßig nicht.

Auch in Sachen Datenschutz haben die meisten Hersteller die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Möglicherweise legen Anwender aus den USA und Asien darauf keinen großen Wert. Aber in Europa wird dem Schutz der Privatsphäre deutlich mehr Bedeutung beigemessen. Dass monetäre Interessen weit vor den Datenschutzbedürfnissen der Anwender rangieren, zeigt auch die Tatsache, dass Google die in Android 4.3 Jelly Bean vorhandenen Optionen zum Schutz persönlicher Daten in der aktuellen Version wieder gelöscht hat. Und das, obwohl die Einstellungen nur über eine zusätzliche App aus dem Play Store zugänglich waren.

Anwender, die keine Crapware auf ihren Geräten dulden und Wert auf Datenschutz und schnelle Betriebssystemaktualisierungen legen, bleibt nur ein Ausweg: die Installation einer Custom Rom.

Mit über 11 Millionen Installationen ist CyanogenMod der Star der Custom-Rom-Szene. Nachdem Gründer Steve Kondik das hobbymäßig betriebene Projekt in eine Firma überführt hat, haben sich allerdings einige Unterstützer von CyanogenMod abgewandt und unter Führung des Franzosen Guillaume Lesniak alias xplodwild die Entwicklergemeinschaft OmniROM gegründet. Andere hochrangige Entwickler wie Jorrit „Chainfire“ Jongma sind ebenfalls mit von der Partie.

OmniROM unterstützt mehr als 50 Geräte

Obwohl OmniROM erst seit einigen Monaten existiert, ist die Android-Alternative bereits sehr populär. Das dürfte auch daran liegen, dass sie bereits mehr als 50 Geräte unterstützt. Neben den aktuellen Spitzenmodellen führender Hersteller wie Google, HTC, LG, Samsung und Sony lassen sich auch ältere Geräte wie das Samsung Galaxy S mit OmniROM in Betrieb nehmen. Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil einer Custom Rom. Während Samsung für das Gerät als letztes Update die Android-Version 2.3.6 anbietet, zeigen die OmniROM-Entwickler, dass das im Juni 2010 vorgestellte Smartphone auch mit der aktuellen Version von Googles mobilen Betriebssystem klarkommt. Somit können sich über 25 Millionen Kunden über Unterstützung der neuesten Android-Version freuen.

Gegenüber der Standard-Android-Version bietet OmniROM zahlreiche Vorteile. Als erstes fällt die im Vergleich zum Original deutlich längere Akkulaufzeit positiv auf. Begrüßenswert sind auch die Optionen für den Schutz persönlicher Daten. Mit der integrierten Updatefunktion bleibt das Betriebssystem aktuell. Gut gelungen sind auch die systemweite Vollbildansicht, Active Display, OmniSwitch, sowie die vielfachen Möglichkeit zur Individualisierung der Oberfläche. Im folgenden werden die wichtigsten Features und Systemeinstellungen anhand von Bildschirmfotos näher erläutert.

Längere Batterielaufzeit

Mit OmniROM hält der Akku im Nexus 4 deutlich länger als mit dem Android-Original von Google.

Automatische Updates

Mit der integrierten Aktualisierungsfunktion OpenDelta bleibt das Gerät immer auf dem neusten Stand. Manuelle Updates über das Recovery sind somit nicht nötig. Die Funktion steht unter Einstellungen – Über das Telefon – System Updates zur Verfügung und wurde von Jorrit „Chainfire“ Jongma entwickelt. Automatische Aktualisierungen lassen sich auf bestimmte Netzwerktypen (2G, 3G, 4G, Wi-Fi, Ethernet, Andere) einschränken respektive festlegen. OpenDelta lädt für das Update so wenige Daten wie nötig vom OmniROM-Server herunter. Hierfür vergleicht es die installierte Version mit der aktuellen Variante und lädt nur die Dateien herunter, die sich verändert haben. Damit reduzieren sich die Größe des Downloads und die Dauer der Aktualisierung erheblich.

Mit der integrierten Aktualisierungsfunktion OpenDelta bleibt das Gerät immer auf dem neusten Stand.

Datenschutz

Auch in Sachen Datenschutz ist OmniROM auf der Höhe der Zeit und erlaubt die Anpassung der App-Berechtigungen hinsichtlich Standort, Persönlich Daten, SMS/MMS, Medien und Gerät. Die Funktion kann unter Einstellungen im Abschnitt Nutzer konfiguriert werden. Zwar bietet die Lösung noch nicht so viele Optionen wie OpenPDroid und Xprivacy, ist dafür aber standardmäßig vorinstalliert. Außerdem arbeiten die Entwickler an Erweiterungen für die Datenschutzfunktion.

Auch in Sachen Datenschutz ist OmniROM auf der Höhe der Zeit und erlaubt die Anpassung der App-Berechtigungen hinsichtlich Standort, Persönlich Daten, SMS/MMS, Medien und Gerät.

Sperrbildschirm

Der Sperrbildschirm kann persönlichen Bedürfnissen angepasst werden. Die Optionen hierfür finden sich unter Einstellungen – Sicherheit und enthalten unter anderem eine Anzeigemöglichkeit des Batteriestatus um das Entsperrsymbol. Außerdem lassen sich Sperrbildschirm-Verknüpfungen zu beliebigen Anwendungen anlegen.

Der Sperrbildschirm kann persönlichen Bedürfnissen angepasst werden.

Google Now Launcher integriert, systemweite Vollbildansicht

Dieser funktioniert wie auf dem Nexus 5, zeigt also links neben der ersten Startseite Google Now an. Eine Besonderheit bietet aber OmniROM: nämliche eine systemweite Vollbildansicht (Immersive Mode), die Status- und Navigationsleiste ausblendet und somit eine größere Darstellungsfläche für Inhalte bietet. Das Feature ist eine Weiterentwicklung des von Google in Android 4.4 vorgestellten Immersive Mode für Anwendungen. Die Vollbildansicht wird über eine Schaltfläche in den Schnelleinstellungen ein- und ausgeschaltet. Für das Einblenden der Status- und Navigationsleiste sorgt eine Wischgeste von unten oder oben.

Als Oberfläche verwendet OmniROM den Google Now Launcher. Die systemweite Vollbildansicht bietet Inhalten eine größere Darstellungsfläche.

ActiveDisplay

Das Feature ActiveDisplay wurde ursprünglich von Motorola für das Moto X entwickelt. Es aktiviert bei eingehenden Benachrichtigungen den Bildschirm und zeigt sie an. Reagiert der Anwender nicht, schaltet sich das Display nach einer festgelegten Zeit wieder aus. Alternativ können die dargestellten Benachrichtigungen sektionsweise durchblättert und die dazugehörige Anwendung gestartet oder das Gerät entsperrt werden.

Active Display aktiviert bei eingehenden Benachrichtigungen den Bildschirm und zeigt sie an.

OmniSwitch

OmniSwitch ist ein Tool für den Schnellzugriff auf zuletzt geöffnete Anwendungen. Es erleichtert den Wechsel von einer App zur anderen, indem es eine Übersicht von geöffneten Programmen über eine Wischgeste über das blaue Symbol am rechten Bildschirmrand einblendet. Im Unterschied zu der in Android implementierten Technik bietet es zudem die Möglichkeit, die App-Liste mit eigenen Anwendungen, die noch nicht gestartet wurden, zu erweitern. Darüber hinaus liefert OmniSwitch Angaben über den Speicherverbrauch. Wie das Original verfügt es über Schalter zum Schließen von Anwendungen. Dabei stehen zwei Optionen zur Verfügung: Schließen aller Anwendungen und Schließen anderer Anwendungen. Ein zusätzlicher Schalter ermöglicht den Wechsel zur zuletzt genutzten App. Alternativ kann man auch einfach aus der Liste eine App zur Aktivierung berühren. Das Tool lässt sich so konfigurieren, dass es über den in Android integrierten Soft-Schalter für die „Zuletzt geöffneten Anwendungen“ aktiviert wird.

OmniSwitch ist ein Tool für den Schnellzugriff auf zuletzt geöffnete Anwendungen. Die Übersicht aller Apps (App Drawer) ist ebenfalls integriert.

Die Einstellungsoptionen von OmniSwitch sind recht umfangreich. Nutzer können das Feature weitreichend anpassen. So lässt sich etwa Farbe, Transparenz und Position des Symbols festlegen. Auch die einzelnen Funktionen lassen sich anpassen. Besonders nützlich ist OmniSwitch, wenn die systemweite Vollbildansicht aktiviert ist, da man dadurch die Übersicht der zuletzt geöffneten Anwendungen deutlich einfacher erhält, als über den entsprechende Standart-Softtouch-Schalter.

Die Einstellungsoptionen von OmniSwitch sind recht umfangreich. Nutzer können das Feature weitreichend anpassen. So lässt sich etwa Farbe, Transparenz und Position des Symbols festlegen.

Schnell-Einstellungen lassen sich anpassen

Mit OmniROM können die Schnell-Einstellungen angepasst werden. So lassen sich beispielsweise einzelne Schaltflächen für den mit Jelly Bean eingeführten Schnellzugriff auf wichtige Systemfunktionen ausblenden oder umsortieren. Außerdem stehen deutlich mehr Konfigurationsmöglichkeiten als standardmäßig zur Auswahl. Als weiterer Unterschied reagieren die Schalter anders als von Android gewohnt: Während standardmäßig ein Antippen der Symbole die betreffende Einstellungsseite öffnet, führt unter OmniROM dieselbe Aktion zum Umschalten der Funktion. Das Antippen des WLAN-Symbols öffnet also nicht die Einstellungsseite, sondern schaltet die Funktion entweder ein oder aus. Einzelne Schalter verbergen zudem weitere Einstellmöglichkeiten, die mit einem einfachen Umblättern erreicht werden können.

Mit OmniROM können die Schnell-Einstellungen angepasst werden. So lassen sich beispielsweise einzelne Schaltflächen für den mit Jelly Bean eingeführten Schnellzugriff auf wichtige Systemfunktionen ausblenden oder umsortieren.


DSP bietet viele Klangoptionen

Mit dem eingebauten systemweiten DSP lässt sich die Soundqualität spürbar steigern. Neben Equalizer-Voreinstellungen für bestimmte Musiktypen stehen Optionen für Kompression des Dynamikumfangs, Bassverstärkung, virtueller Raumklang und Stereo Widener parat.

Mit dem eingebauten systemweiten DSP lässt sich die Soundqualität spürbar steigern.

LED-Einstellungen

OmniROM bietet auch die Anpassbarkeit der LED für Benachrichtigungen und Akkustatus.

Schnellstart-Verknüpfungen

Die Schnellstart-Verknüpfungen erlauben dem Anwender einen effizienten Zugriff auf häufig genutzte Anwendungen. Im Normalbetrieb können neben Google Now zwei weitere Anwendungen konfiguriert werden, die beim langen Drücken der Home-Taste erscheinen. Die Konfiguration dieser Funktion steht unter Einstellungen – Leisten – Schnellstart-Verknüpfungen zur Verfügung.

Die Schnellstart-Verknüpfungen erlauben dem Anwender einen effizienten Zugriff auf häufig genutzte Anwendungen.

Die Konfiguration der Schnellstart-Verknüpfungen im Sperrbildschirm kann man unter Einstellungen – Sicherheit – Sperrbildschirm-Anwendungen vornehmen. Insgesamt kann der Anwender vier Applikationen für den Schnellstart auswählen.

Ankommender Anruf, Ein/Aus-Menü

Praktisch ist auch die Darstellung eines ankommenden Anrufs: Dieser wird über eine kleine Karte am unteren Bildschirmrand signalisiert, sodass der Anwender bei etwaiger Nutzung einer App nicht gestört wird. Die Einstelloptionen für das Ein/Aus-Menü: Sie umfassen neben Ausschalten und Neustart auch einen Schalter für das Ein- und Ausschalten von Datenverbindungen über den Mobilfunkprovider, sowie das Aufnehmen von Bildschirmfotos – und Videos. Auch der Flugmodus und Toneinstellungen lassen sich darüber steuern. Last but not least kann man sich Datum und Uhrzeit in der Statusleiste zentriert oder rechts anzeigen lassen. Das gilt auch für die Anzahl eingeganger Nachrichten.

Praktisch ist auch die Darstellung eines ankommenden Anrufs: Dieser wird über eine kleine Karte am unteren Bildschirmrand signalisiert, sodass der Anwender bei etwaiger Nutzung einer App nicht gestört wird. Die Einstelloptionen für das Ein/Aus-Menü

Verbesserte Spracheingabe

Seit Ende Mai steht auch eine verbesserte Spracheingabe zur Verfügung. Die Entwickler der Custom Rom OmniROM haben die Spracheingabe unter Android verbessert. In Verbindung mit Launcher 3 ist es möglich, frei definierten Hotwords bestimmte Aktionen zuzuordnen, ohne dass man zuvor mit O.K Google die Spracheingabe aktivieren muss. Das Feature steht seit gestern in aktuellen Builds für zahlreiche Smartphones zur Verfügung.

Konfiguriert wird das Feature über das Einstellungsmenü des Launcher 3. Hier muss zunächst die Option „Enable hotword recognition“ aktiviert werden. Anschließend lassen sich unter „Customize hotwords“ Sätze oder Wörter hinzufügen, denen man eine bestimmte Aktion wie den Start eine App zuordnet. Sobald man sich auf dem Homescreen befindet, lassen sich diese Aktionen per Spracheingabe aktivieren. Unter einer Anwendung funktioniert die Spracheingabe nicht. Für einen Sprachbefehl muss also der Homescreen aktiviert werden.

Fazit

OmniROM ist eine relativ junge Custom Rom, die sich aber schon großer Beliebtheit erfreut. Sie bringt Android 4.4.2 KitKat auf mehr als 50 Geräte. Dank einer integrierten Update-Funktion bleibt die ROM immer auf dem neuesten Stand. Innovative Features wie OmniSwitch, ActiveDisplay und einer systemweiten Vollbildansicht sprechen für OmniROM.

Zahlreiche Anwenderwünsche sind bereits in die Custom Rom eingeflossen. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Außerdem bietet die Android-Variante Root-Zugriff, was laut WWW-Erfinder Tim Berners-Lee ein Recht eines jeden Anwenders sein sollte. “Das Recht auf Root-Zugriff auf Ihr System ist ein zentrales Problem”, sagte er bei einer Linuxnutzer-Konferenz in Canberra letzten Sommer. Ein Gerät, das dem Anwender dieses Recht nicht einräume, diene einem fremden Herrn. “Das Recht auf Root ist das Recht, Dinge zu speichern, die so laufen, wie Sie es wollen.”

Downloads:

  • OmniROM 4.4.2
  • Google Apps (GAPPS) für Android 4.3 und 4.4
  • Android SDK
  • Chronus (hierbei handelt es sich um das Home- und Lock-Screen-Widget, das in den Bildern zu sehen ist)
  • Xposed Installer (wird benötigt, um diverse Xposed-Module verwenden zu können. Mit XGEL-Settings lässt sich beispielsweise das Aussehen des Google Now Launchers beeinflussen. XPrivacy verbietet Apps Zugriff auf Daten.)

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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