2006, im Jahr der Veröffentlichung von „Der Teufel trägt Prada“, ging der koreanische Elektronik-Konzern LG eine strategische Partnerschaft mit Prada ein, um bereits ein Jahr später das erste Designer-Handy auf den Markt zu bringen, das auch prompt ein Erfolg wurde. 2008 folgte das zweite Modell, das aber trotz innovativer Funktionen und Ideen nicht mehr an den Erfolg des Vorgängers anschließen konnte. Der Grund: die Revolution des Handymarktes, die von iPhone und Co. ausgelöst wurde.
Die inzwischen dritte Auflage des Mode-Smartphones in Zusammenarbeit von Prada und LG ist zugleich die erste, bei der man keine großen Kompromisse eingehen muss. Dank Android-Betriebssystem und leistungsfähiger Hardware kann das Prada Phone by LG 3.0 hinsichtlich technischer Ausstattung und Bedienung problemlos mit der Konkurrenz mithalten. Aber ob die Bemühungen ausreichen, auch modebewussten Käufern das zu geben, was sie von der Marke Prada erwarten? ZDNet hat das Modell ausführlich getestet.
Das Prada Phone by LG 3.0 mit einem Listenpreis von 599 Euro setzt erstmals nicht mehr auf eine eigenkonstruierte Software, sondern auf Googles Android-Betriebssystem. Mit allen Vorteilen und so gut wie keinen Nachteilen im Vergleich zur alten Version, denn jetzt gibt es schnelle Reaktionen, eine beeindruckende Funktionalität und dank des Android Markets eine nahezu unbegrenzte Auswahl von Apps und Spielen. Dazu kommt kommt der hohe Anspruch an das Design, wobei das Prada 3 ausgerechnet in diesem Punkt ein wenig enttäuscht.
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Design
Auffallend in Zeiten immer kleinerer Handy-Kartons ist bereits die Verpackung: Sie ist groß, aus schwarzem Karton, mit eingeprägter Leder-Struktur und silbernem Prada-Logo versehen. Der Name LG taucht zunächst nicht auf. Unter dem Deckel liegt das Smartphone edel und auf samtartigem Untergrund gebettet.
Nimmt man das Prada Phone in die Hand, ist man zunächst von der Größe überrascht. Die angegebene Display-Diagonale von 4,3 Zoll lässt schon erahnen, dass sich hier kein kleines Gerät im Karton versteckt. Zum Vergleich: Das iPhone-Display misst 3,5 Zoll. Der Rahmen rund um das Display wirken auf den ersten Blick vergleichsweise groß: oben und unten sind es gut 1,6 Zentimeter, die das Ende des Panels vom Ende des Handys trennen, an den Seiten sind es 6 Millimeter. In Anbetracht der Tatsache, dass der Hersteller unterhalb der Anzeige die vier Soft-Touch-Tasten zur Bedienung untergebracht hat, erscheint der Rahmen dann aber doch nicht so groß. Die Knöpfe verstecken sich allerdings extrem gut: Sie sind nur bei der Bedienung zu erkennen, denn dann leuchten die Symbole für Menü, Home, Zurück und Suchen weiß. Sind sie nicht aktiv, sieht man sie nicht. Eventuell wäre es sinnvoller gewesen, wenn die Entwickler die häufiger benutzten Funktionen – also Zurück und Home – nach außen gelegt hätten – so wäre ein blindes Ertasten und Tippen einfacher. Aber so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis man sich an die Positionen der Knöpfe gewöhnt hat.
Die Front wird dominiert von einer großen Scheibe, die sich bündig über die komplette Fläche zieht – eingefasst nur von einem dünnen Rahmen aus Kunststoff mit dunkelgrauem Metallic-Lack, der den Rahmen bildet. Das Touchscreen-Panel ist aus echtem Glas gefertigt und dementsprechend vergleichsweise resistent gegenüber Kratzern. Mit Sand, Kieselsteinen, Kleingeld und Schlüssel sollte man das Handy dennoch nicht zusammen in Tasche stecken. Oberhalb der Anzeige findet sich mittig der Prada-Schriftzug, der mit leichtem Perlmutt-Effekt silbern glänzend im schwarzen Glas für angenehme Kontraste sorgt. Das LG-Logo taucht auch hier nicht auf. Links vom Logo befindet sich die Frontkamera mit einer Auflösung von 1,3 Megapixeln. Wer das Gerät ins Licht hält, entdeckt links davon noch eine kleine Aussparung, hinter der sich die üblichen Sensoren für Annäherung und Helligkeitsmessung verstecken – damit Display und Touchscreen abschalten, wenn man das Phone zum Telefonieren ans Ohr hält und damit sich die Display-Beleuchtung an die Umgebungshelligkeit anpassen kann.
Auf der Oberseite haben die Entwickler die 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse untergebracht, sowie zwei Taster und einen Schieber, hinter dem sich die Micro-USB-Buchse zum Laden des Akkus sowie zum Übertragen von Daten verbirgt. Vorbildlich: Die Tasten sind aus Metall gefertigt. Das sorgt für eine kühle Haptik und damit für einen wertigen Eindruck des Materials. Die Beschriftung der zwei Knöpfe fehlt, aber man weiß schnell, dass der linke als Ein-Aus-Taster und der rechte als Kamera-Auslöser dient. Die Position des Kamera-Auslösers ist äußerst ungewöhnlich und auch ein wenig ungeschickt gewählt. Dazu wird aber noch im Detail eingegangen.
An der Stelle, an der die meisten anderen Smartphones der Auslöser der Kamera sitzt, befindet sich beim LG nichts. Die rechte Seite des Geräterahmens aus Kunststoff ist komplett leer. Das ermöglicht einen Blick auf die Konstruktion: Die obere Hälfte der Seitenverkleidung besteht aus dem bereits bekannten, mit Metallic-Lack versehenem Kunststoff, der links und rechts des Handys abgerundet ist. Der Lack scheint dabei recht kratzfest zu sein. Das ist natürlich noch nicht so gut wie echtes Metall und dürfte dennoch im Laufe der Zeit Verschleißerscheinungen zeigen. Die untere Hälfte besteht aus dem hier ebenfalls leicht abgerundeten Akkudeckel. Ganz unten trägt das Gerät lediglich eine kleine Aussparung für das Mikrofon sowie zwei Elemente links und rechts, die wohl nur der Stabilität dienen, aber keine weitere Funktion haben. Der linke Rahmen trägt im oberen Bereich zwei einzelne Taster aus schwarzem Kunststoff, die die Regelung der Lautstärke ermöglichen. Die mechanischen Knöpfe haben allesamt einen ordentlichen Druckpunkt.
Die „designtechnische Katastrophe“ wartet auf der Rückseite: Das Mode-Label Prada hat eine lange Tradition, was die Verarbeitung von Leder anbelangt. Und tatsächlich erkennt man hier einen Leder-Look, die typischen Strukturen und Narben im Material. Aber es handelt sich nicht um Leder, sondern um Plastik. Und das ist definitiv nicht das, was man von einem 600-Euro-Prada-Handy erwartet. Es sieht solange gut aus, so lange man es aus angemessener Entfernung betrachtet, und danach einfach zu billig. Genau so fühlt es sich übrigens auch an, und das zerstört das Gefühl von hoher Wertigkeit. Zwar passt das mit 140 Gramm vergleichsweise hohe Gewicht perfekt zur Größe des Geräts, aber während echtes Leder hier die Hand umschmeicheln würde, kratzt das gestanzte Plastik an den Fingern. Das ist schlicht nicht das, was man sich erwartet. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass LG das Material als „Prada-typisches Saffiano-Dekor“ bezeichnet. Echtes Leder hätte das Gerät vielleicht ein paar Euro teurer, aber dafür definitiv erheblich wertvoller gemacht. Wer genau hinsieht, entdeckt auch an anderen Orten mehr Schein als Sein. Beim Blick von oben und unten aufs Gerät beispielsweise gibt es zwischen dem Metallic-Rahmen und dem Akkudeckel einen knapp zwei Millimeter breiten, nach innen versetzten Streifen mit gelochtem Muster. Was hier nach großflächigen Stereo-Lautsprechern aussieht, ist in Wirklichkeit nur auf der Vorderseite gelochtes Plastik. Der eigentliche Lautsprecher hat seinen Platz unten links auf der Rückseite gefunden, hier gibt es eine kleine Aussparung im Kunststoff. Links vom LG-Logo übrigens, das wie der Leder-Look ins Plastik geschmolzen wurde. Oben links auf der Rückseite befindet sich die Linse der 8-Megapixel-Kamera samt Foto-LED.
Ausstattung
Was die Ausstattung anbelangt, muss sich das Prada-Handy nicht verstecken – im Gegenteil. Denn da hat das Prada 3 einiges zu bieten. Doch bei den Angaben auf dem Datenblatt muss man sehr genau hinsehen: Während der Gerätespeicher (ROM) mit „8 GB“ angegeben wird, nennt das Unternehmen beim Arbeitsspeicher (RAM) „8 Gb“. 8 GByte Gerätespeicher, das ist ordentlich in Anbetracht der Tatsache, dass es einen zusätzlichen microSD-Speicherkartenslot für die Erweiterung um maximal 32 GByte gibt. Bei den „8 Gb“ RAM handelt es sich um 8 GBit und damit tatsächlich um 1 GByte, wobei sich auch 1 GByte RAM durchaus sehen lassen kann.
Als Prozessor kommt ein 1-GHz-Dual-Core-Chip von Texas Instruments (OMAP4430) zum Einsatz, dem das besagte Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite steht. Die 8 GByte des internen Speichers teilen sich auf in den Systemspeicher, in dem primär die Apps abgespeichert werden, und in den internen Speicher, der Platz für Fotos, Videos und Musik bietet. Bei dem vorliegenden Testgerät sind im Werkszustand knapp 4 GByte interner Speicher und gut 2,1 GByte Systemspeicher frei. Der Rest ist für das Betriebssystem und die vorinstallierten Programme reserviert.
Die Kommunikationsausstattung ist auf gehobenem Niveau. Für (fast) weltweite Telefonie steht Quad-Band-GSM zur Verfügung, für die schnelle Datenübertragung ins Handynetz UMTS mit dem Datenturbo HSPA. Kostenlos ins Netz geht es zu Hause, bei Freunden oder im Coffee Shop mit Hilfe von WLAN nach 802.11 a, b, g und n. Die Besonderheit daran ist der a-Standard, der in einem anderen Frequenzband funkt und – entsprechender Access-Point oder WLAN-Router vorausgesetzt – damit besonders für Gebiete mit hoher WLAN-Dichte, etwa in Innenstädten, geeignet ist. Für den Kurzstreckenfunk steht Bluetooth in der aktuellen Version 3.0 zur Verfügung, und fast noch eine Besonderheit ist die NFC-Technik. Dabei ist eine Antenne im Akkudeckel untergebracht, die über eine Distanz von wenigen Zentimetern beispielsweise Kontaktdaten durch Aneinanderhalten zweier Geräte überträgt, Tags einliest oder Bluetooth-Geräte koppelt. In Zukunft soll NFC auch Kredit- und Fahrkarten überflüssig machen: Man hält sein Handy kurz an ein entsprechendes Lesegerät und fertig. Wem das suspekt ist, der kann die Technik übrigens auch einfach im Einstellungsmenü des Handys abschalten. Außerdem ist noch ein UKW-Radio an Bord.
Die 8-Megapixel-Kamera auf der Rückseite verfügt über eine LED-Fotoleuchte und über Autofokus. Sie nimmt Videos auf Wunsch in Full-HD, also mit 1920 mal 1080 Pixeln bei 30 Bildern pro Sekunde auf.
Besonders stolz ist der Hersteller auf das Display. Es basiert zwar „nur“ auf der LCD-Technik und bietet mit 800 mal 480 Pixeln auch „nur“ eine durchschnittliche Auflösung. Zum Vergleich: iPhone 4 und 4S lösen bei deutlich kleinerer Diagonale mit 960 mal 640 Bildpunkten deutlich höher auf, und das Samsung Galaxy Nexus bringt bei 4,65 Zoll 1280 mal 720 Pixel unter. Dafür leuchtet die Prada-Anzeige aber besonders hell. 800 Candela pro Quadratmeter gibt der Hersteller an. In der Praxis ermöglicht das gerade bei direkter Sonneneinstrahlung eine bessere Ablesbarkeit. Mangels perfektem Wetter kann das nicht in aller Ausführlichkeit getestet werden, aber definitiv ist die Anzeige erfreulich hell und sehr gut zu erkennen.
Software
Kenner der Android-Software wissen bereits seit dem Design-Abschnitt, was einer der Haken des Prada-3-Handys ist: Die Soft-Touch-Tasten unterhalb der Anzeige sind der Beweis dafür, dass das Smartphone noch mit der nicht mehr ganz aktuellen Android-Version 2.3 kommt. Inzwischen hat Google mit Android 4.0 alias Ice Cream Sandwich die Handy-Ausführung von Android (Version 2.x) und die Tablet-Variante (Version 3.x) wieder zusammengeführt, und im Zuge dessen sind auch die Hardware-Tasten auf der Front der Geräte verschwunden. Das Bedienkonzept hat sich etwas geändert. und nun werden die nötigen Elemente per Software immer unten im Bild eingeblendet. Ein großes Problem ist das übrigens nicht, wenn man nicht gerade besonders erpicht auf die aktuellste Android-Version ist – zumal LG dieses Mal besonderen Wert auf ein hübsches User-Interface gelegt hat. Außerdem ist das Update auf Android 4.0 bereits angekündigt: Es soll im zweiten Quartal erscheinen.
Das Besondere an der Oberfläche des Prada-Phones ist seine Schlichtheit. Während die meisten anderen Handy-Hersteller viel Zeit und Mühe in bunte Bilder und flotte Animationen investieren, beschränken sich die Koreaner und Italiener in diesem Fall auf das Minimum. Simple Strichzeichnungen und Symbole informieren schnörkellos über Uhrzeit, Wetter oder Akkustand, und dafür reichen Schwarz, Weiß und eine handvoll Graustufen problemlos aus. Auch die Icons und Widgets sind daran angepasst. Manch einem mag das zu spartanisch sein – und der könnte auch über den Android Market jederzeit ein anderes User-Interface, genannt Launcher, herunterladen. Hier und da kommen zwar dennoch Farben zum Vorschein – etwa bei den Standard-Widgets von Google oder bei Icons von Apps, die von Drittherstellern kommen. Aber auch daran hat LG gedacht. Zumindest bei Verknüpfungen zu Apps auf dem Homescreen kann man nämlich mit einem langen Fingertipp das Symbol austauschen und hat eine Liste von etlichen alternativen Icons zur Auswahl, darunter beispielsweise ein Postkasten, das Googlemail-Icon, Chat-Sprechblasen, Wettersymbole sowie Buchstaben. In der Praxis führt das maximal dazu, dass man keine Widgets von Drittherstellern auf seinem Homescreen platzieren mag – oder zumindest so wenige wie möglich, um den stringenten Look nicht zu zerstören.
Alle wichtigen und üblichen Anwendungen sind bereits vorinstalliert, darunter natürlich der Webbrowser, ein E-Mail-Client, eine Office-Umgebung, eine kleine Bildbearbeitungslösung, MP3- und Videoplayer, Voice-Rekorder, Wecker, Wetter, Google Maps und die Google-eigene Navigationssoftware. Letztere leitet einen kostenlos über die Autobahnen, Voraussetzung für die Nutzung ist allerdings eine Internet-Verbindung. Ohne UMTS-Flatrate geht hier nichts. Für alles weitere steht der Android Market zur Verfügung, in dem sich zigtausende Programme und Spiele aller Kategorien tummeln – viele davon sind gratis.
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