Frauen in der IT: Es geht nur langsam voran

Branchenverbände und Politiker setzen sich schon lange für einen höheren Frauenanteil in IT-Firmen ein. Gebracht hat es bisher wenig: Zwar geben Großunternehmen dem Druck allmählich nach, aber insgesamt wurde die Lage dadurch kaum besser.

Für Außenstehend sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob sich Frauen über ihre Rolle in der IT-Branche nicht beschweren dürften: Mit Virginia Rometty und Meg Whitman stehen schließlich zwei Frauen an der Spitze der traditionsreichsten IT-Konzerne. Aber das täuscht: Insgesamt sind Frauen in der IT hoffnungslos unterrepräsentiert.

Bemühungen, dies zu ändern, gibt es zahlreiche. Seit Jahren soll beispielsweise der sogenannte Girls Day Schülerinnen für technische Berufe interessieren. Außerdem gibt es zahlreiche weitere Förderprogramme und Aktionen, etwa die Initiative Komm mach MINT, die Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik bei Schülerinnen und Frauen populärer machen will.

Trotz individueller Erfolge und vieler guter Absichten sind die Ergebnisse unterm Strich bescheiden. Der Hoppenstedt-Branchenmonitor untersucht in regelmäßigen Abständen die Situation von weiblichen Topkräften in unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Rechtzeitig zur CeBIT (und zum Weltfrauentag am 8. März) hat das Unternehmen gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück einen Blick auf die IT-Branche geworfen. Das wenig überraschende Ergebnis: Frauen sind in dieser Branche immer noch deutlich unterrepräsentiert.

Der Frauenanteil im Topmanagement macht in diesem Sektor nur rund sieben Prozent aus, so das Ergebnis des Hoppenstedt-Branchenmonitors „Frauen im IT-Management“. Barbara Schwarze, Professorin für Gender und Diversity Studies an der Hochschule Osnabrück, sieht die Unternehmen unter Zugzwang: „Ich finde es erstaunlich, dass die IT-Branche nicht selbst viel mehr Energie in die Suche nach weiblichem Führungspersonal steckt.“

Obwohl der Nachwuchs oft bereits in den eigenen Unternehmen auf der Ebene des mittleren Managements (aktuell 30,2 Prozent) zu finden sei, schafften es nur die wenigsten Frauen ins Topmanagement. In der IT-Branche sind rund ein Fünftel der Führungskräfte auf erster und zweiter Ebene weiblich. Das sind 5,3 Prozent mehr als vor sechs Jahren und damit nun in etwa so viel wie im Durchschnitt in anderen Branche auch (20,3 Prozent).

Während der Frauenanteil im obersten Management kleiner und mittelgroßer deutscher IT-Firmen seit Jahren leicht abnimmt, steigt er bei Großunternehmen - von einer sehr niedrigen Ausgangsbasis kommend - leicht an (Grafik: Hoppenstedt Branchenmonitor).
Während der Frauenanteil im obersten Management kleiner und mittelgroßer deutscher IT-Firmen seit Jahren leicht abnimmt, steigt er bei Großunternehmen – von einer sehr niedrigen Ausgangsbasis kommend – leicht an (Grafik: Hoppenstedt Branchenmonitor).

Gisela Strnad, Senior Director Marketing, Communication and Public Affairs Germany bei Fujitsu, ist eine der Frauen, die es ins oberste Management ihrer Firma geschafft hat. Laut Hoppenstedt-Branchenmonitor fordert Strnad von den Frauen, deutlich risikobereiter und mutiger zu sein, sich auch anspruchsvolle Aufgaben zutrauen und diese selbstbewusst in Angriff nehmen. Sie sieht aber auch die Unternehmen in der Pflicht: „Um den Frauen das Gefühl der Zerrissenheit zwischen Job und Familie“ zu nehmen, müssten Arbeitgeber Unterstützung bieten. Bei Fujitsu seien dies beispielsweise flexible Arbeitszeiten für weibliche Führungskräfte.

Der Hoppenstedt-Branchenmonitor zeigt zudem, dass die Aufstiegschancen für Frauen besonders in kleinen und mittleren Unternehmen weiterhin düster sind. Während bei den kleinen IT-Unternehmen in den letzten sechs Jahren sogar ein Rückgang von Frauen in Top-Positionen um 0,3 Prozent zu verzeichnen ist, stagniert ihr Anteil bei den mittelgroßen Unternehmen bei rund 6,6 Prozent. In deutschen Großunternehmen ist der Wert dagegen seit 2006 von 3,6 Prozent auf 5,2 Prozent kontinuierlich gestiegen.

Im Gegensatz zu anderen Branchen ist in der IT der Unterschied beim Frauenanteil im Management  zwischen Ost- und Westdeutschland vergleichsweise gering (Grafik: Hoppenstedt Branchenmonitor).
Im Gegensatz zu anderen Branchen ist in der IT der Unterschied beim Frauenanteil im Management zwischen Ost- und Westdeutschland vergleichsweise gering (Grafik: Hoppenstedt Branchenmonitor).

Das Ende vergangenen Jahres anlässlich des Nationalen IT-Gipfels vom Bitkom ausgegebene Ziel, den Frauenanteil im Topmanagement bis 2020 auf knapp 17 Prozent zu steigern, ist also mutig. Es würde nämlich bedeuten, dass so gut wie jede Frau, die heute eine Ausbildung in der IT beginnt, bis dahin zur Führungspersönlichkeit aufgestiegen ist: Der Frauenanteil im Studienbereich Informatik liegt derzeit bei knapp 20 Prozent, die Frauenquote bei den IT-Azubis unter zehn Prozent. Laut Bitkom suchen Unternehmen daher schon heute oft vergeblich nach weiblichen Absolventen: Gut zwei Drittel der im Herbst im Auftrag des Verbands befragten Firmen gaben an, dass es eine zu geringe Zahl an weiblichen Bewerbern gibt.

Barbara Schwarze von der Hochschule Osnabrück erwartet trotz allem mehr Engagement der Unternehmen beim Thema Frauen im Management: „Ob Software-Entwicklung, -Engineering oder Netzwerktechnologien: IT-Unternehmen brauchen eine neue Vielfalt im Unternehmensmanagement.“ Ohne Veränderungen in den Köpfen der meist männlichen Chefs, sieht die Professorin sogar die Zukunft der IT-Branche in Gefahr: „Das Verharren in einer eher eindimensionalen Kultur, die selbst bei der Integration von Managern aus anderen Ländern Frauen kaum berücksichtigt, ist keine erfolgreiche Strategie für die Zukunft in einer digitalen Gesellschaft, die Unternehmen noch viel mehr an Veränderungskompetenz abfordern wird.“

Auch der im Auftrag des Personaldienstleisters Hays im November vergangenen Jahres erstellte HR-Report 2011 ist wenig optimistisch: „Bereits seit Jahrzehnten zeigen sich eine zunehmende Egalisierung des Bildungsniveaus zwischen den Geschlechtern und ein steigender Anteil von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Doch erst allmählich brechen traditionelle Rollenmuster auf. Dies geht einher mit einem Trend ununterbrochener beziehungsweise nur kurzfristig unterbrochener Erwerbsbiografien von Frauen, aber auch mit Blick auf die Übernahme verantwortungsvoller Positionen.“

Der zunehmende Anteil von Frauen in Fach- und Führungspositionen sowie ihre zunehmende Präsenz am Arbeitsmarkt überhaupt beeinflussen die Unternehmens- und Personalpolitik der befragten Unternehmen am stärksten (Grafik: Hays, HR-Report 2011).
Der zunehmende Anteil von Frauen in Fach- und Führungspositionen sowie ihre zunehmende Präsenz am Arbeitsmarkt überhaupt beeinflussen die Unternehmens- und Personalpolitik der befragten Unternehmen am stärksten (Grafik: Hays, HR-Report 2011).

Zwar ist für die für die Hays-Studie befragten Entscheider die Integration von Frauen ins Arbeitsleben ein wichtiger Aspekt, er rangiert allerdings auf der Liste der wichtigen Einflussfaktoren an letzter Stelle. Wichtiger sind aus ihrer Sicht der demografische Wandel und der gesellschaftliche Wertewandel, technologisch-ökonomische Entwicklungen, die Wissens- und Innovationsgesellschaft, Globalisierung und der Trend zur Nachhaltigkeit. Dies gilt insbesondere für mittelständische Betriebe. Bei den Großunternehmen macht sich nach Ansicht der Autoren des HR-Reports dagegen der steigende Druck der Politik auf die Umsetzung der Geschlechteregalität bereits bemerkbar.

Auf der CeBIT diskutieren im Rahmen des Fem@le Leadership Summit (8. März, 15 bis 17 Uhr, Convention Center, Saal 2) fünf Frauen, die in IT-Firmen in Deutschland auf Führungspositionen sitzen, über die Problematik. Auf Eiinladung des Bitkom werden sich dort auf dem Podium Jaimi Cyrus (Geschäftsführerin, Hewlett-Packard GmbH), Barbara Wittmann (Geschäftsführerin, Dell Deutschland), Christine Haupt (Mitglied der Geschäftsleitung bei Computacenter), Mechthilde Maier (Leiterin Group Diversity Management, Deutsche Telekom AG) und Vera Meyer (Executive Vice President Siemens Enterprise Communications Deutschland) unterhalten. Das Gespräch wird bestimmt interessant, ändert aber wahrscheinlich nicht viel: Auch 2013 werden auf der CeBIT mehr Messe-Hostessen als Messe-Besucherinnen zu finden sein.

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2 Kommentare zu Frauen in der IT: Es geht nur langsam voran

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  • Am 5. März 2012 um 20:04 von Kritiker

    Ich halt’s nicht aus
    Frauen, Frauen, Frauen – setzen Sie sich auch so für Männer ein, z.B. dabei, dass demnächst wohl vom Bundestag beschlossen wird, dass unverheiratete Männer für ihr Kind nicht automatisch die vollen Vaterrechte erhalten werden, oder dass ab Herbst den Männern praktisch der sinnvolle Abschluss einer privaten Rentenversicherung vorenthalten wird, weil sie wegen der Unisextarife das längere Leben der Frauen mitfinanzieren müssen und es sich so nicht mehr rentiert? Beides wäre umgekehrt bei Frauen ein NoGo.
    Haben Sie schon einmal betrachtet, wie viele Frauen sich für technische Berufe bewerben? Ist Ihnen der Unterschied zwischen Gleichstellung und Gleichberechtigung klar?
    Oder interessiert Sie nur, möglichst im Mainstream zu schwimmen und dort scheinbar fortschrittlich möglichst viel Beifall und Klickquote zu erheischen, oder wollen Sie sich vor allem bei Frauen einschleimen? Völlig abstoßend.

  • Am 4. März 2012 um 11:48 von Thomas Schmidt

    Diktatorisches Wunschdenken
    Die Interessenschwerpunkte von Frauen unterscheiden sich meist von denen der Männer. Das war und ist so und wird immer so sein. Man schaue sich nur einmal die sogenannten Frauenzeitschriften an, deren Inhalt Männer eher wenig ansprechen. Diese Interessendifferenz zieht sich durch das ganze Leben und wirkt sich auch bei der Berufswahl aus.

    Diese Berufswahl ist wiederum bestimmend für eine spätere Berufstätigkeit in der IT-Branche. Sie sollte am besten nach den eigenen Fähigkeiten und nicht nach dem Vorbild der Leute gleichen Geschlechts getroffen werden. Hier sehe ich den einzigen Ansatzpunkt: Befähigte Frauen sollten auf relevante Berufsbilder aufmerksam werden. Im übrigen ist das nicht nur individuell, sondern auch gesamtwirtschaftlich von Vorteil. Umgekehrt können Unternehmen mit ungeeigneten, d.h. für die jeweilige Aufgabe nicht befähigten, Mitarbeitern keinen Erfolg haben.

    Wer dagegen Quoten einführen möchte, setzt die Gleichheit aller Menschen voraus. Doch das waren die Menschen noch nie und werden es auch nie. Wer die Gleichheit aller Menschen verkündet, führt die Leute in die Irre und wird mittelfristig Mißerfolg ernten.

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