Deutsche Web-Unternehmen begnügen sich damit, innovative Konzepte aus den USA zu kopieren. Eigenständig entwickelte Ideen findet man in Deutschland nur selten, berichtet die Zeitung „Die Welt“. Social-Networking-Portale wie Facebook oder das VideoPortal Youtube werden fast eins zu eins übernommen und heißen dann in deutscher Version Studi-VZ und Myvideo. Doch mit wenigen Ausnahmen bleiben die US-amerikanischen Originale beliebter als die heimische Kopie. Eine Studie des Münchner Beratungsunternehmens Aquarius Consulting zeigte, dass unter den zehn beliebtesten Web-2.0-Portalen, die von den Deutschen genutzt werden, nur drei deutsche Anbieter zu finden sind.
„Das Gesetz der großen Zahl“ sieht Frank Böhnke vom Risikokapitalgeber Wellington Partners als einen Grund für die Übermacht der US-amerikanischen Internetcommunities. In Kanada, Großbritannien und den USA leben 300 Millionen Menschen, im deutschen Sprachraum lediglich 100 Millionen. Hinzu kommt noch, dass schnelle Internetverbindungen in den USA weiter verbreitet sind als in Europa. „Alles in allem ist der US-Markt um den Faktor fünf größer“, erklärt Böhnke. Zudem ist auch die geografische Lage eher hinderlich, wenn man im Internetbusiness mitmischen will. „Im Silicon Valley haben Sie direkten Zugriff auf Yahoo und Google, diese Firmen vereinen drei Viertel des Suchmarktes auf sich.“
Ein weiteres Hindernis sei die konservative Finanzierungsszene in Deutschland, sagt Rainer Wiedmann von Aquarius Consulting. „Ein Youtube hätten Sie bei uns nicht finanziert bekommen.“ Investoren werden meist erst dann aufmerksam, wenn es schon ein ähnliches Projekt in Übersee gibt. Das stellte auch Stephan Uhrenbacher fest, der die Idee für die Internetseite Qype hatte – eine elektronische Version der Gelben Seiten, in denen man Kommentare zu den Einträgen schreiben kann. Erst als in den USA eine ähnliche Idee namens Yelp umgesetzt worden war, wurden Investoren auf Qype aufmerksam. „Hätte es Yelp nicht gegeben, wäre es uns deutlich schwerer gefallen, Geld zu bekommen“, sagt Uhrenbacher. Dabei war das US-amerikanische Projekt weder sein Vorbild noch erfolgreich.
Neueste Kommentare
2 Kommentare zu Deutsche Unternehmen kopieren Web-2.0-Trends
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.
Ungeachteter Pioniergeist aus Deutschland
Ich schliesse mich dem Kommentar von Dirk an. Z.B. Dealjaeger.de ist ein weltweit einmaliges Web 2.0-Konzept aus Deutschland. Dafür wurde in Hamburg Pionierarbeit geleistet und die Medien sprechen nur von den Kopien der US-Konzepte. Schade, denn der hiesige Pioniergeist wäre auch Schlagzeilen wert. Diese Unternehmen setzen richtig was in Bewegung.
Deutsche Startups
Passend zum Thema „Deutsche Unternehmen kopieren Web 2.0 Trends“ würde ich gerne mal etwas loswerden.
Ich finde es immer sehr frustrierend, dass immer nur die Copycats mit "Proof-of-Concept" Einzug in die großen Magazine finden. Portale wie z.B. http://www.latengo.de u.a. erhalten/bekommen nur äußerst selten Aufmerksamkeit, was ich sehr schade finde. Gerade diese Leute stecken – entgegen den Copycats – vor allem viel intellektuelle Arbeit in ihre Werke. Sie bringen den nötigen Einsatz, sowohl aus arbeits- als auch finanzieller Sicht, da – wie im Artikel beschrieben – die Investoren auf neue Konzepte aus Deutschland noch nicht wirklich anspringen. Ich würde mir hier mehr Aufmerksamkeit für innovative deutsche Konzepte wünschen und nicht immer nur die Copycats unterstützt sehen.