Internetprovider spionieren 100.000 US-Surfer aus

Interessenprofile aus Mails, besuchten Seiten und Suchanfragen ohne Zustimmung generiert

In den USA sollen Internetprovider das Surfverhalten von mindestens 100.000 Bürgern mitgeloggt und analysiert haben. Wie die Washington Post berichtet, kam dabei eine speziell entwickelte Werbekontroll-Software zum Einsatz, die das komplette Online-Verhalten der Nutzer ausspioniert und aus den gewonnenen Informationen detailreiche Profile erstellt hat.

Erfasst wurden neben den besuchten Internetseiten auch gesendete E-Mails und Suchabfragen der Anwender. Die auf diese Art gesammelten Daten verkauften die ISPs dann an Werbepartner, damit diese ihre Werbebotschaften punktgenau auf den Nutzer und seine jeweiligen Interessen zuschneiden konnten.

Ein derartiges Vorgehen sei untragbar, kritisieren amerikanische Datenschützer. Vor allem der Umstand, dass das systematische Datensammeln ohne die ausdrückliche Einwilligung und das Wissen der Nutzer geschehe, sei äußerst bedenklich.

Tim Berners-Lee, ein Vordenker des World Wide Web, sieht die Zukunft des Internets in Anbetracht solcher Entwicklungen in Gefahr: „Ein Missbrauch solcher Daten wäre jederzeit möglich.“ Beispielsweise wolle er nicht, dass seine Krankenversicherung wisse, zu welchen Themen er im Netz recherchiert habe.

Im gegebenen Fall soll die Methode „Deep Packet Inspection“ eingesetzt worden sein. Dies bedeutet, dass alle Vorgänge in Form von Datenpaketen einzeln analysiert werden. Die Analyseergebnisse lassen sich anschließend den Anwendern zuordnen, wodurch ein Interessensprofil entsteht.

Die angewandte Methode ist es auch, die Internetprovider als Argument für sich einsetzen, um den Vorwurf der Datenschützer zurückzuweisen. Bei der Tiefenanalyse würden keinerlei Daten erhoben, die zu einer persönlichen Identifizierung der einzelnen Nutzer herangezogen werden könnten, argumentieren die beschuldigten Unternehmen. Das eingesetzte Verfahren sei vielmehr äußerst sicher und anonym.

Bereits vor knapp einem Monat hatte ein erster Test eines vergleichbaren Werbesoftwaresystems namens „Phorm“ in Großbritannien für Aufregung gesorgt. Laut einem Bericht der Zeitung Daily Mail gab der britische Internetprovider British Telecom bekannt, bereits 36.000 Kunden in Bezug auf ihr Online-Verhalten ausspioniert zu haben.

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1 Kommentar zu Internetprovider spionieren 100.000 US-Surfer aus

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  • Am 7. April 2008 um 18:36 von Rumble

    Und das ist noch harmlos…
    … im Vegleich zur bereits laufenden Datensammelei unserer Stasiminister

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