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Nächste Office-Version mit .Net

Microsoft plant die nächste Version seiner Business-Software Office höchstwahrscheinlich mit neuen Web Services sowie Kommunikations- und Kollaborationsfunktionen. Dies verlautete aus unternehmensnahen Quellen.

Weiterhin sagten diese Quellen, dass viele der Funktionen, die ursprünglich als Teil von Microsofts Web Services-Strategie für Verbraucher (.Net My Services) geplant waren, nun ihren Weg in Office finden könnten.

Microsoft hat bisher keinen Zeitpunkt für die Veröffentlichung der nächsten Version der Business-Software bekannt gegeben, die intern als Office.Net oder Next Generation Office bezeichnet wird. Nun ist es ein Jahr her, dass Microsoft die aktuelle Version des Softwarepakets, Office XP, veröffentlicht hat. Neue Versionen werden normalerweise etwa 18 bis 24 Monate nach der Veröffentlichung der aktuellen Version auf den Markt gebracht.

Die Nachrichten über die neue Version kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem der Konkurrent Sun Microsystems eine neue Version seines Software-Pakets StarOffice ankündigt, das eine Alternative zu Microsoft Office darstellt. Der Verkaufsstart für diese Software war der 21. Mai, sie kostet 79,95 US Dollar.

Für Unternehmen „ist besonders interessant, dass das Interesse an StarOffice sprunghaft angestiegen ist“, so Gartner-Analyst David Smith. „Wir sehen es zwar nicht häufig eingesetzt, aber (es gibt) ein riesiges Interesse und viele Unternehmen richten (derzeit) Testlabore ein.“

Obwohl das Interesse an StarOffice steigt, kontrolliert Microsoft Gartner zufolge immer noch mehr als 95 Prozent des Marktes für Desktop-Business-Software.

Und Microsoft schläft nicht: Für die nächste Officeversion denkt das Unternehmen über eine optionale Abonnement-Version nach, die eng an Web Services gebunden sein soll, welche auf der Programmiersprache Extensible Markup Language (XML) basieren. Unseren Quellen zufolge sollen diese Services, die einige der eigentlich für .Net My Services gedachten Funktionen für Online-Terminkalender und Online-Zusammenarbeit beinhalten könnten, auch separat erhältlich sein, sowohl für einzeln verkaufte Office-Versionen als auch für OEM-Versionen.

Die vor mehr als einem Jahr angekündigten .Net My Services waren ursprünglich als „digitales Schließfach“ für die Speicherung und Weitergabe persönlicher Informationen gedacht und sollten in Zusammenarbeit mit Internethändlern wie eBay umfangreiche Dienstleistungen, von Handel bis Kommunikation, ermöglichen.

Microsoft hatte gehofft, die Kunden würden dafür Gebühren zahlen, die den Großteil der für den Betrieb dieser umfangreichen Dienstleistungen aus einer Hand anfallenden Kosten decken würden. Die Dienstleistungen sollten Passwörter, Kalender und andere persönliche Informationen verwalten.

Stattdessen war dieser Plan die Ursache für ständige Verwirrung unter potenziellen Kunden, wies eine Reihe von Problemen mit der zugrundeliegenden Technologie auf und verursachte interne Frustration, die einigen Quellen zufolge sogar dazu geführt haben soll, dass die für dieses Projekt verantwortliche Führungskraft ausgetauscht wurde.

Jim Allchin, der für Windows verantwortliche Senior Vice President des Unternehmens, beschrieb letzte Woche während seiner Zeugenaussage vor Gericht im Rahmen von Microsofts Kartellrechtsprozess die .Net-Services als derzeit „ein kleines bisschen in Unordnung geraten.“

Bindungen an Web Services

Microsoft sagte, dass das Unternehmen plant, seine .Net My Services für Firmenkunden umzurüsten, damit diese Informationen leichter über lokale Netzwerke (LANs) weitergeben und gemeinsam nutzen können.

Jetzt scheint es so, als verknüpfe Microsoft die .Net My Services mit Office – seinem Goldesel – in der Hoffnung ein größeres Interesse an kostenpflichtigen Diensten zu erwecken. Durch diesen Plan würde der Zugang zu Microsofts Webdiensten in die Reichweite von Millionen von Office-Anwendern rücken. Diese Woche gab Microsoft bekannt, dass seine Kunden das Recht erworben haben, 60 Millionen Kopien von Office XP zu installieren.

Einer der neuen Web Services, über die Microsoft nachdenkt, würde Kunden ein web-basiertes E-Mail-Konto bieten, das in der Lage ist, sich mit verschiedenen Services zu verbinden und das mit Outlook verknüpft ist. Ein weiterer Service würde einen ähnlichen Ansatz für den Online-Terminkalender und die Online-Zusammenarbeit wählen. Der Service würde es beispielsweise ermöglichen, Online-Kalender zu aktualisieren und sie mit einem drahtlosen Handheld zu verbinden. Ein weiterer Service könnte Online-Speicherplatz für Dokumente bereitstellen.

Die Integration von XML

Einigen Quellen zufolge werden XML-basierte Dienste im allgemeinen, egal ob sie direkt durch Office oder als Nebenerscheinung des Internets verfügbar sein werden, die größte Veränderung für die Business-Software darstellen.

Ein Szenario sieht so aus, dass man entweder Office kaufen und die Web Services separat auf der Grundlage eines Abonnements bezahlen könnte, oder dass man beide Komponenten gegen eine jährliche Gebühr lizenziert. Die zweite Option würde Abonnementen ständigen Zugang zu jeder Produkt- oder Online-Aktualisierung geben, andererseits dürften sie aber Office nicht weiterverwenden, wenn sie die Software nicht erneuern oder wenn sie sie komplett gekauft haben, sagten unsere mit der Produktstrategie vertrauten Quellen.

Der auf die Verbraucher abzielende Wechsel auf eine Abonnementbasis wäre ein großer Wandel für Microsoft bei der Überdenkung seiner Web Services-Strategie, die Quellen geben aber zu bedenken, dass dieser Plan nicht unumstößlich ist.

Microsoft hat sich bereits schon einmal von Abonnements zurückgezogen. Das Unternehmen hatte geplant, eine Abonnement-Version von Office XP anzubieten, zog die Idee dann aber abrupt zurück. Microsoft verkaufte eine Abonnement-Version von Office XP in Australien und Neuseeland, aber nirgendwo sonst.

Unseren Quellen zufolge untersucht Microsoft derzeit eine Reihe verschiedener Veränderungen an Office, die dann in der nächsten oder übernächsten Version erscheinen könnten. Der Software-Riese wird nicht mehr nur einfach existierende Anwendungen mit immer mehr Funktionen ausstatten, um sie an die Anwender anzupassen, deren Arbeits- und Lebensstil sich verändert – vor allem unter der Voraussetzung, dass diese beiden Bereiche immer weiter verschmelzen. Diese Veränderung bezieht sich auch auf die gesteigerte Bedeutung von Dienstleistungen.

Outlook – die Terminkalender-, Kontakte- und E-Mail-Anwendung von Office – würde eine Überarbeitung bekommen, bei der der Schwerpunkt darauf liegt, überall und jederzeit Informationen zu liefern. Microsoft plant auch, Tools einzuführen, mit denen verschiedene Geräte auf Outlook zugreifen können.

Das Unternehmen plant auch, die Unterstützung von Office für die SharePoint Team Services, Microsofts Online-Kollaborationsdienst, zu stärken. Die Veränderung würde aus SharePoint „die der Kollaboration zugrundeliegende Infrastruktur“ machen, sagte eine unserer mit der Produktstrategie vertraute Quelle. Ein verbessertes SharePoint, mit neuen Management-Tools, wird wahrscheinlich in der nächsten Office-Version erscheinen.

Ebenfalls in Planung: neue Tools für die Erfassung von Informationen. Das Unternehmen aus Redmond, Washington, plant, eine downloadbare Erweiterung anzubieten, durch die die bereits in Office XP existierenden Handschriftfunktionen für Tablet PCs gestärkt werden sollen. Microsoft arbeitet an einer speziell für tragbare Tablet PCs gedachten Version von Windows XP, die in der Lage ist, über einen Stift erfolgte, handschriftliche Texteingabe zu erkennen.

Microsoft plant Windows XP für Tablet PCs bereits im Spätsommer zu veröffentlichen, ungefähr zur gleichen Zeit wie das Windows XP Service Pack 1; diese Bugfix-Sammlung tritt Ende dieses Monats in die Phase der Beta-Tests. Die Erweiterung von Office XP für Tablet PCs wird unseren Quellen zufolge zur gleichen Zeit wie das Service Pack erhältlich sein.

Neben der Einführung von Tools für die Erkennung handschriftlicher Notizen will Microsoft beispielsweise auch die Auffindung handschriftlicher Notizen in Worddokumenten einfacher machen. Die Anwender wären endlich in der Lage, auch diese Notizen zu durchsuchen, genauso wie sie heute schon nach getipptem Text suchen können.

Den Quellen zufolge wird Office als Teil von Microsofts Initiative „Trustworthy Computing“ verbesserte Sicherheitsfunktionen und Optionen für den Schutz der Privatsphäre erhalten. Microsoft wird seinen Sicherheits-Schwerpunkt von Outlook, das in letzter Zeit der Träger einiger der schlimmsten Virenausbrüche war, auf weitere Anwendungen verlagern. Das Unternehmen plant die Einführung neuer Tools für eine verbesserte Sicherung von Word- und anderen Office-Dokumenten, sowie die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen bezüglich ihres Umgangs mit der Sicherheit von Dokumenten.

Dein Office oder mein Office?

Smith sagte, dass Microsofts Erhöhung der Gebühren für Volumenlizenzen – um mehr als 100 Prozent für einige Firmen – direkt für einen großen Teil des Interesses an StarOffice unter den Stammkunden von Microsoft Office verantwortlich ist. Die Erhöhungen werden ein neues Lizenzierungsprogramm mit dem Namen Software Assurance überleben, durch das Kunden dazu verpflichtet werden sollen, das Betriebssystem und Anwendungsaktualisierungen für eine Jahresgebühr zu erwerben.

„Einige dieser (StarOffice-) Vorreiter sind bereit, Microsoft dazu zu bringen, bezüglich der Lizenzierungsveränderungen nachzugeben“, sagte Smith. „Wir glauben, dass das Interesse stark genug ist, dass Microsoft, sollte es seine Preis- und Lizenzstrategie nicht ändern, 10 Prozent des Office-Marktes an StarOffice und andere Alternativen verlieren könnte, und zwar innerhalb weniger Jahre… bis 2004.“

Eine solche Veränderung, auch wenn sie scheinbar dramatische Ausmaße hat, würde nicht viel dazu beitragen, Microsofts Vorherrschaft auf dem Markt der Office-Produkte zu schmälern. Smith schätzte, dass Office von 95 Prozent auf 85 Prozent Marktanteil fallen könnte – „und daran wird das Unternehmen sicherlich nicht zerbrechen. Aber nichtsdestotrotz ist man in Redmond sehr besorgt über StarOffice.“

Office ist für mehr als ein Drittel von Microsofts Gesamteinnahmen verantwortlich.

Das Tauziehen zwischen Microsoft und Firmenkunden über die Volumenlizenzierung ist auch ein Versuch von Seiten Microsofts, Abonnementen in Verträge einzubinden, die es unwahrscheinlicher machen, dass sie zu Konkurrenzprodukten wechseln.

„Das Einbinden von Firmen in Verträge, damit sie nicht einmal daran denken, etwas anderes zu benutzen, ist genau das, was Microsoft versucht“, sagte Smith. „Sie werden gewährleisten, dass (Kunden) keine andere Software einsetzen und dabei helfen, den Marktanteil zu sichern.“

Für Firmen, die in Betracht ziehen, auf StarOffice oder ein anderes Konkurrenzprodukt zu wechseln, wird dieser Schritt nicht billig. Gartner schätzt, dass sich die durchschnittlichen Kosten pro Anwender auf etwa 1.200 US Dollar belaufen könnten, die sich in 800 US Dollar für die Arbeit und 400 US Dollar für die Produktivität aufspalten. Im Gegensatz dazu würden Unternehmen, die alle zwei Jahre Office aktualisieren, 550 US Dollar pro Anwender ausgeben, bzw. 700 US Dollar alle vier Jahre. Das bedeutet, dass viele Unternehmen acht Jahre brauchen würden, um ihre anfängliche Investition zu amortisieren.

Außerdem gibt es noch unbekannte Produktivitätskosten, die aus Format-Inkompatibilitäten mit Office entstehen könnte.

„Immer wenn man StarOffice auf seinen Computer installiert, geht man ein Risiko ein“, sagte Smith. „Es ist ein Schritt zu einem nicht getesteten und nicht unterstützten Produkt… Es gibt keine Garantie dafür, dass es keine Probleme mit der Kompatibilität von Dateien gibt.“

Ein weiterer Punkt, der die Kaufentscheidungen von Unternehmen beeinflussen könnte, ist die neue Web-Abo-Funktion, die in Office integriert werden soll. Diese Services werden als Teil von Microsofts neuem Programm für die Volumenlizenzierung erhältlich sein, was ein weiterer Grund sein könnte, warum Firmen bei Office bleiben.

„Wenn man heute Software Assurance kauft, hat man ein Recht auf alles, was in den nächsten drei Jahren veröffentlicht wird“, sagte Rebecca LaBrunerie, Microsofts Produktmanagerin für die weltweite Lizenzierung und Preisgestaltung. „Wir haben gesagt, dass .Net eingeführt wird und auch, dass die zukünftigen Versionen unserer Produkte in den nächsten zehn Jahren Software-Services sein werden. Mit diesem Konzept der Web Services wird es häufigere Upgrades geben.“

ZDNet.de Redaktion

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