Instant Messenger im Fadenkreuz

Der Grund für diese Paranoia im Softwareimperium ist einfach: Microsoft weiß, wie einfach der Marktführer von seinem Thron gestoßen werden kann, denn genau das hat die Firma auf Ihrem Weg an die Spitze des Betriebssystemmarktes zuerst mit IBM und dann mit Apple Computer getan. In einem wegweisenden Interview von 1996, das auch heute noch interessante Einsichten bietet, erklärte Steve Ballmer von Microsoft, warum sein Unternehmen so stark auf den Netscape Navigator reagierte.

„Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen. Es war einmal eine Software, die ein Betriebssystem ergänzte. Und die Software hatte eine nette Benutzerschnittstelle und einige Programmierschnittstellen und die Leute mochten sie und bauten darauf auf. Eines Tages war die Grundlage, auf der diese Software aufgebaut war, nicht mehr so wichtig.“ erzählt Ballmer, ein enger Freund von Microsoft-Gründer Bill Gates, und späterer Chief Executive. „Sie haben natürlich erkannt, dass es um Windows 95, Windows und DOS geht. Und wenn wir die Geschichte der Zukunft der Browser in 10 Jahren erzählen, dann möchte ich dass Windows von Windows ersetzt wurde.“

Wer die Triebfeder hinter HailStorm entdecken möchte, muss lediglich für „Browser“ das Wort „Messaging“ einsetzen. Die Kommunikationssoftware ist nur der letzte Baustein auf dem Weg nach vorn mit Windows und seit mehr als einem Jahrzehnt war Microsofts vordringlichstes Ziel dieses: die Vorherrschaft des Betriebssystems um jeden Preis zu bewahren.

Das aggressive Verhalten von Microsoft wird klarer, wenn man sich vor Augen hält, dass die Firma möchte, dass Windows das erste ist, was der Anwender am Computer sieht und benutzt. Mal um Mal hat das Unternehmen den Erfolg von Technologien verhindert oder verlangsamt, die möglicherweise den Platz des Betriebssystems einnehmen könnten, so wie in der Geschichte von Ballmer Windows DOS ersetzt hat: Textverarbeitung (Corels WordPerfect), Kalender (Lotus Developments Notes), E-Mail (Qualcomms Eudora), Verzeichnisdienste (Novells NDS), Web-Browser (Netscapes Navigator), Audio- und Video-Streaming (RealNetworks RealPlayer und Apples QuickTime) und natürlich andere Betriebssysteme (Apples Mac und IBMs OS/2).

Weder hat Microsoft den Blick in die gut gefüllte Kriegskasse gescheut, um erfolgreiche Wettbewerber wie Hotmail aufzukaufen oder deren Technologien den anderen Kämpfern auf dem Schlachtfeld vorzuenthalten. 1996 war Microsoft so besorgt wegen der Programmiersprache Java von Sun, dass versucht wurde, mehrere Firmen aufzukaufen oder sich mit ihnen zu verbünden, um nach Aussage interner Microsoft-Dokumente „das öffentliche Interesse von Sun abzulenken“. Zu diesen Firmen gehörten Metrowerks, Apple, Hewlett-Packard und Fujitsu.

AOL weiß um diese Aktionen und möchte vermeiden, dass der eigene Instant Messenger zum neuesten Eintrag auf einer Liste der Softwareeroberungen wird. Darum wird schon so lange an dieser Front gegen Microsoft gekämpft und darum werden wiederholt Versuche abgeschlagen, MSN Messenger, Yahoo Messenger und andere Produkte mit den AOL-Mitgliedern über verschiedene Kommunikationsnetzwerke zu verbinden.

Einige glauben, dass diese Blockade in einem Netz, das einer Philosophie der Offenheit viel verdankt und darauf fußt, das Wachstumspotential von AOL behindert. Marktstudien von Microsoft zeigen, dass die Lücke zwischen MSN Messenger und AOL Instant Messenger im letzten Jahr deutlich kleiner wurde.

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ZDNet.de Redaktion

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