In vieler Hinsicht haben die Techniker bei der Modernisierung der Infrastrukturen mit Sünden aus der Vergangenheit zu kämpfen. Die meisten US-amerikanischen Großstädte bauten im Zuge ihres Wachstums neue Technologien auf älteren Systemen auf. Dieses planlose Vorgehen ist der Grund, weshalb hochmoderne digitale Leistungen häufig bedenklich nah an Kanälen, Abwasserleitungen und veralteten Telefonleitungen verlaufen.
„Betrachtet man die Entwicklung von Telegrafie und Telefon, folgten diese Technologien zumeist bereits vorhandenen Infrastrukturen wie Eisenbahngleisen – genau wie das Straßennetz den Schienen folgte“, so Townsend von der NYU. „Dabei ging man keineswegs willkürlich vor, sondern es sollten vorhandene wirtschaftliche Verbindungen gestärkt werden.“
Diese im Industriezeitalter zweckmäßigen Lösungen können schwerwiegende Folgen haben, wie sich im vergangenen Jahr bei dem Zugunglück und Feuer in der Innenstadt von Baltimore zeigte. Der Brand verursachte einen teilweisen Ausfall des UUNet-Netzwerks von WorldCom und damit eine Unterbrechung des Internet-Zugangs im gesamten Osten sowie verschiedene Stromausfälle.
Unbeabsichtigte Beschädigungen von Leitungen und Kabeln durch Baggerarbeiten oder andere straßenbauliche Maßnahmen sind nach wie vor eine der häufigsten Ursachen für Überflutungen, Stromausfälle und Unterbrechungen der Kommunikationssysteme. Darüber hinaus wird eine Vermeidung dieser Schäden oft durch das Konkurrenzdenken der beteiligten Unternehmen erschwert, die nicht in der Lage oder willens sind, Dokumentationen zum exakten Verlauf der Leitungen verfügbar zu machen.
Nachdem seine technische Infrastruktur am 11. September beschädigt worden war, verlegte Verizon Telefon- und Glasfaserleitungen außerhalb des Gebäudes bis in Höhe des 8. Stocks, um Verbindungen zu seinen Mainframe-Rechnern aufzubauen und sein Netzwerk wiederherzustellen. |
„Der starke Wettbewerb, traditionelle Geheimhaltungsstrategien sowie die Zersplitterung des Telekommunikationssektors sind der Grund dafür, dass bislang keine umfassende Bestandsaufnahme aller Telekommunikationsstrukturen erfolgte“, so Townsend. „Dies verursacht weiterhin Probleme, die nur allzu gerne verdrängt werden.“
Es überrascht kaum, dass viele Unternehmen nach Wegen suchen, um ihre physischen Standorte sowie ihre Netzwerke zu verteilen. Da die Kommunikationsstrukturen jedoch so stark in Manhattan konzentriert sind, sehen sie sich möglicherweise gezwungen, an einem entfernten Standort Zweigstellen einzurichten, um andere Netzwerke nutzen und operativ bleiben zu können.
Credit Lyonnais wog sich zum Beispiel am 11. September in Sicherheit, da sie neben ihrer Niederlassung am Ground Zero eine weitere Filiale besitzt, die viele Kilometer entfernt, ebenfalls in Manhattan, an einem anderen Versorgungsnetz liegt. Dennoch wurde der Geschäftsbetrieb der französischen Bank unterbrochen.
„Wir dachten immer, zwei Standorte an völlig separaten Versorgungsnetzen zu besitzen. Das hielten wir für eine ausreichende Lösung, da wir uns vorwiegend vor lokal begrenzten Problemen wie Bränden oder Stromausfällen schützen wollten“, so George Levitt, CIO der Bank. „Nach dem 11. September mussten wir jedoch umdenken: Vielleicht sollten wir noch weiter weg gehen, raus aus Manhattan.“
Die Bank richtet gegenwärtig ein Backup-Zentrum in den Gebäuden von SchlumbergerSema Global Recovery Services ein, ungefähr 50 Kilometer von der City entfernt.
Andere weisen auf einen noch offensichtlicheren Grund für eine räumliche Trennung von Niederlassungen hin: Bei jeder Art von Katastrophe, ob durch Terrorismus oder andere Ursachen, sehen sich die Mitarbeiter von Firmen unweigerlich physischen Hindernissen gegenüber, die nicht mit dem Unternehmen selbst zu tun haben.
„Sie können die sichersten Systeme mit Generatoren, unterbrechungsfreier Stromversorgung und doppelt gesicherten Netzwerken haben. Doch was, wenn Sie Ihr Gebäude nicht betreten können?“, sagte Gino Menchini, Commissioner of Technology der Stadt New York. „Besitzen Sie außerhalb gelegene Räume mit einer ausreichenden technischen Ausstattung, wohin Sie Ihre Leute zur Arbeit schicken können? Ich denke, dass solche Anlagen sich in jedem Fall lohnen, für Regierungsbehörden wie auch für Unternehmen.“
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