Gestern trat der Microsoft-Topmanager Brad Chase im Kartellrechtsprozeß gegen seine Firma in den Zeugenstand. Er nannte es „fair“, daß Anwender die Chance haben, den Browser Navigator vom Konkurrenten Netscape aus dem Netz zu laden und ihn anstelle des in Windows vorinstallierten Microsoft-Browsers Internet Explorer (IE) nutzen können.
Chase wollte damit dem Vorwurf entgegenwirken, ein in Microsofts (Börse Frankfurt: MSF) Windows-Betriebssystem integrierter Explorer hielte Kunden davon ab, ein Konkurrenzprodukt wie den Navigator einzusetzen. Schließlich hätten die Anwender die Wahl.
Doch dann wurde klar: Zwischen Anfang März 1998 und Ende September 1998 hat so gut wie niemand einen Browser aus dem Netz geladen. Eine von Microsoft erstellte Statistik zeigt, daß in der fraglichen Zeit die Zahl der Navigator-Nutzer, die ihren Browser aus dem Netz gezogen hatten, konstant bei 6,7 Millionen geblieben ist. Die Zahl der Explorer-Anwender, die mit einer heruntergeladenen Programmversion ins Internet gingen, fiel sogar von 2,9 Millionen auf 2,8 Millionen.
Im selben Zeitraum stieg die Zahl der gesamten IE-Nutzer von 13,5 Millionen auf 20 Millionen (48,1 Prozent Zuwachs). Die Zahl der Navigator-Nutzer legte jedoch nur um 7,4 Prozent auf 29 Millionen zu.
Chefankläger David Boies erklärte, damit sei belegt, daß das Internet nutzlos sei für Unternehmen, die gegen Microsofts Betriebssystem-Macht antreten. „Wie sie sehen, trat genau das ein, was Microsoft in seinen Strategiepapieren vorausgesagt hatte: Anwender nutzen den Browser im Betriebssystem, und das zwingt Netscape in die Knie“, stellte Boies fest.
Nach der Mittagspause versuchte sich Chase an der Vorführung eines dritten „Beweis“-Videos von Microsoft. Darin zeigten Mitarbeiter des Softwarekonzerns, wie einfach es sei, eine für AOL konzipierte Version des Navigator herunterzuladen. Sie riefen die Site auf, starteten den Download-Vorgang und brachen gleich wieder ab – um den Zuschauern zu versichern, daß der Rest ja ohnehin ganz einfach sei.
Microsoft, Tel.: 089/31760
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