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Dritter Kartellrechtsprozeß gegen Microsoft abgeblasen

Der mehr als drei Jahre andauernde Streit zwischen Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) und Caldera ist beigelegt. Der Linux-Provider und Besitzer des Betriebssystems DR-DOS Caldera hat einer außergerichtlichen Einigung zugestimmt – der insgesamt dritte Kartellrechtsprozess gegen Microsoft, der am kommenden Montag hätte beginnen sollen, ist damit abgewendet.

Im ersten und wichtigsten Kartellrechtsprozess, angestrengt vom US-Justizministerium, wird derzeit ebenfalls nach einer außergerichtlichen Einigung gesucht, nachdem Richter Jackson in seinen „Findings of Facts“ die Firma von Bill Gates scharf verurteilt hatte (ZDNet berichtete ausführlich).

Den zweiten Kartellrechtsprozess hatte Microsoft im Juli vergangenen Jahres gewonnen. Er war vom US-Unternehmen Bristol Technology angestrengt worden. Das Bundesgericht in Bridgeport (Connnecticut) entschied einstimmig, dass der Softwareriese nicht gegen Kartellvorschriften verstoßen habe. Wegen des Verstoßes gegen ein Wirtschaftsgesetz des Staates Connnecticut bekam Bristol aber die symbolische Summe von einem Dollar zugesprochen. Die Firma hatte Schadenersatz zwischen 130 und 263 Millionen Dollar gefordert.

Das nun abgewendete Verfahren, in dem Caldera Microsoft verschiedener wettbewerbsfeindlicher Praktiken beschuldigt, hätte eigentlich am Montag in eine neue Runde gehen sollen. Beide Seiten haben über die Details der Einigung Vertraulichkeit zugesichert. Analysten gehen davon aus, dass die Beilegung des Konflikts den Softwareriesen im ersten Quartal drei Cent pro Aktie kosten werde. Hochgerechnet wären dies rund 155 Millionen Dollar.

Der Kartellrechtsprozess hat eine lange Vorgeschichte: Im Juli 1998 hatte das Gericht Microsoft dazu verurteilt, den Code von MS-DOS und Windows 95 an Caldera auszuhändigen. Daraufhin hatte Microsoft „dummerweise“ Teile des Quellcodes von Windows verlegt. Gerade die Teile des Programms, die belegen hätten können, dass der Softwareriese gegen Caldera und das sich nun in seinem Besitz befindliche Betriebssystem DR-DOS sabotiert hatte, sind verschwunden. Daraufhin reichte Caldera Privatklage ein.

Caldera führt an, dass die Softwareschmiede mit unlauteren Mitteln gegen das Betriebssystem DR-DOS vorgegangen sei: „Wir sollten das System echt kaputt machen…“, lautete die Ansicht von Microsofts Vice-President David Cole über DR-DOS, festgehalten in einem Memo an andere Topmanager des Unternehmens.

Das Memo, das nun in die Hände des US-Justizministeriums gefallen ist, war zwischen September 1991 und Februar 1992 verfasst worden, in einer Zeit also, als gerade die „Christmas-Beta“-Version von Windows 3.1 ausgeliefert worden war. In dieser zigtausendfach verkauften Vorversion waren falsche Warnhinweise an die Nutzer eingearbeitet, wenn Windows auf einer anderen Plattform als MS-DOS aufsetzte. Dadurch sollte der Eindruck erweckt werden, Windows könne nicht auf DR-DOS laufen. In der Vollversion verzichtete Microsoft dann auf diese Maßnahme.

Aber Cole schlug noch mehr vor: Windows solle so konstruiert werden, dass es in Kombination mit DR-DOS abstürze – dies müsste jedoch so geschickt gemacht werden, dass andere DOS-Anbieter den Fehler nicht beheben könnten. „Vielleicht können wir ein paar geschickte Schachzüge machen, um die Konkurrenz auf die Tretmühle zu schicken“, so Cole in dem Memo.

Cole, der Senior Vice-President Silverberg und andere Microsoft-Spitzen diskutierten dann, wie diese „Schachzüge“ vor der Presse und somit der Öffentlichkeit zu verbergen wären. Auf alle Fälle müsste die Schuld an der Fehlfunktion Digital Research angelastet werden. Auch innerhalb des eigenen Unternehmens sollten möglichst wenige von den Sabotageakten wissen.

Als besonders heikel für Microsoft wurde der Vermerk Silverbergs gewertet: „Für die Entwickler ist es das Wichtigste, die Abhängigkeit des Betriebssystems Windows von MS-DOS weiter auszubauen.“ Das Justizministerium argumentiert im „großen“ Kartellrechtsprozess, Microsoft habe auch bei der Internet-Zugangssoftware „Explorer“ den Versuch unternommen, die Abhängigkeit vom Betriebssystem künstlich herzustellen. So solle das Quasi-Monopol bei Betriebssystemen auf das Internet ausgedehnt werden.

Diese und alle anderen E-Mails sind von Wendy Rohm in ihrem Buch „The Microsoft File: The Secret Case Against Bill Gates“ zusammengetragen worden.

Die Fachzeitschrift „Sm@rt Reseller“ hat ein Programm entwickelt, das die von Microsoft fingierten Fehlermeldungen angeblich beweisen kann. Nach Informationen der Zeitschrift war der Code dieser Meldungen nicht nur in einer Betaversion von Windows 3.1 enthalten, sondern steckt auch in jeder anschließend ausgelieferten, regulären Kopie des Betriebssystems. Microsoft habe die Meldung dort zwar unterdrückt, aber das Testprogramm bringe sie wieder zum Vorschein.
Die Prüf-Software lässt sich bei ZDNet als komprimierte Datei herunterladen.

Um sie nach dem Entpacken auszuprobieren, muss die TSR-Datei AARD.COM auf DOS-Ebene gestartet werden, bevor Windows geladen wird. Nach dem Windows-Start erscheine die Fehlermeldung, berichtet „Sm@rt Reseller“. Eine ähnliche Meldung hätten Software-Experten auch bei Microsofts C-Compiler QuickC entdeckt, der im April 1990 auf den Markt kam.

Kontakt:
Microsoft, Tel.: 089/31760

ZDNet.de Redaktion

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