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Gates‘ deutsche Ex-Freundin vernichtete Beweise

Eine von ZDNet bereits 1998 dokumentierte Vernichtung von Beweismittel könnte zu einer Wiederaufnahme des privaten Kartellrechtsverfahrens gegen Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) führen. Amtlich wurde die Aktion, als die US-Medienunternehmen Salt Lake Tribune, San Jose Mercury News und Bloomberg News Ende Januar dieses Jahres die Veröffentlichung der Aussagen der an dem Fall Beteiligten erstritten.

Die deutsche Microsoft-Mitarbeiterin und ehemalige Account-Managerin Stefanie Reichel bestätigte in ihrer Zeugenaussage, verschiedene Informationen in Form von E-Mails und Briefe zum Caldera-Fall vernichtet zu haben. Ihr Vorgesetzter habe zudem mehrere „kritische“ PC-Festplatten des Münchner Büros entsorgt.

Reichel war nach eigenen Angaben sowohl in Redmond als auch in Washington und München für Microsoft tätig. Die süddeutsche Filiale war einer der Hauptschauplätze im Kampf gegen das Konkurrenz-Betriebssystem DR-DOS. Dort erinnert man sich gegenüber ZDNet an Frau Reichel als „besonders liebe Kollegin“. „Die Spekulationen sind alt, uns ist kein neuer Sachverhalt mitgeteilt worden. Im Falle einer neuen Aussage müssten die Inhalte aber nochmals geprüft werden“, erklärte Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner nun gegenüber ZDNet.

Laut Angaben der Journalistin Wendy Goldman Rohm war Reichel geraume Zeit die Geliebte von Microsoft-Chairman Bill Gates. Auch ein Verhältnis mit dem MS-Topmanager William Neukom wird ihr nachgesagt. Zumindest ersteres Verhältnis wurde mittlerweile gegenüber ZDNet bestätigt.

Im Fall des amerikanischen Linux-Distributors Caldera wurde Microsoft zur Last gelegt, das von Digital Research entwickelte und nun im Besitz von Caldera befindliche Betriebssystem DR-DOS sabotiert zu haben. „Dummerweise“ konnte die Gates-Company die fraglichen Teile des Windows-Quellcodes nicht mehr finden. Bei den Untersuchungen zu dem Fall kam es dann zu der Aussage der Microsoft-Mitarbeiterin.

Bereits 1998 wegen ähnlicher Vorwürfe ebenfalls im Visier der Ermittler: Die in Diensten Microsofts stehende Agentur für Öffentlichkeitsarbeit Waggener Edstrom.

Das im Januar dieses Jahres bereits abgewendet erscheinende Verfahren, in dem Caldera Microsoft verschiedener wettbewerbsfeindlicher Praktiken beschuldigt, war gegen eine – mittlerweile bestätigte – Zahlung von rund 155 Millionen Dollar eingestellt worden.

Der Kartellrechtsprozess hat eine lange Vorgeschichte: Im Juli 1998 hatte das Gericht Microsoft dazu verurteilt, den Code von MS-DOS und Windows 95 an Caldera auszuhändigen. Daraufhin hatte Microsoft „dummerweise“ Teile des Quellcodes von Windows verlegt. Gerade die Teile des Programms, die belegen hätten können, dass der Softwareriese gegen Caldera und das sich nun in seinem Besitz befindliche Betriebssystem DR-DOS sabotiert hatte, sind verschwunden. Daraufhin reichte Caldera Privatklage ein.

Caldera führt an, dass die Softwareschmiede mit unlauteren Mitteln gegen das Betriebssystem DR-DOS vorgegangen sei: „Wir sollten das System echt kaputt machen…“, lautete die Ansicht von Microsofts Vice-President David Cole über DR-DOS, festgehalten in einem Memo an andere Topmanager des Unternehmens.

Das Memo, das nun in die Hände des US-Justizministeriums gefallen ist, war zwischen September 1991 und Februar 1992 verfasst worden, in einer Zeit also, als gerade die „Christmas-Beta“-Version von Windows 3.1 ausgeliefert worden war. In dieser zigtausendfach verkauften Vorversion waren falsche Warnhinweise an die Nutzer eingearbeitet, wenn Windows auf einer anderen Plattform als MS-DOS aufsetzte. Dadurch sollte der Eindruck erweckt werden, Windows könne nicht auf DR-DOS laufen. In der Vollversion verzichtete Microsoft dann auf diese Maßnahme.

Aber Cole schlug noch mehr vor: Windows solle so konstruiert werden, dass es in Kombination mit DR-DOS abstürze – dies müsste jedoch so geschickt gemacht werden, dass andere DOS-Anbieter den Fehler nicht beheben könnten. „Vielleicht können wir ein paar geschickte Schachzüge machen, um die Konkurrenz auf die Tretmühle zu schicken“, so Cole in dem Memo.

Cole, der Senior Vice-President Silverberg und andere Microsoft-Spitzen diskutierten dann, wie diese „Schachzüge“ vor der Presse und somit der Öffentlichkeit zu verbergen wären. Auf alle Fälle müsste die Schuld an der Fehlfunktion Digital Research angelastet werden. Auch innerhalb des eigenen Unternehmens sollten möglichst wenige von den Sabotageakten wissen.

Als besonders heikel für Microsoft wurde der Vermerk Silverbergs gewertet: „Für die Entwickler ist es das Wichtigste, die Abhängigkeit des Betriebssystems Windows von MS-DOS weiter auszubauen.“ Das Justizministerium argumentiert im „großen“, aktuellen Kartellrechtsprozess, Microsoft habe auch bei der Internet-Zugangssoftware „Explorer“ den Versuch unternommen, die Abhängigkeit vom Betriebssystem künstlich herzustellen. So solle das Quasi-Monopol bei Betriebssystemen auf das Internet ausgedehnt werden.

Diese und alle anderen E-Mails sind von Rohm in ihrem Buch „The Microsoft File: The Secret Case Against Bill Gates“ zusammengetragen worden.

Die Fachzeitschrift „Sm@rt Reseller“ hat ein Programm entwickelt, das die von Microsoft fingierten Fehlermeldungen angeblich beweisen kann. Nach Informationen der Zeitschrift war der Code dieser Meldungen nicht nur in einer Betaversion von Windows 3.1 enthalten, sondern steckt auch in jeder anschließend ausgelieferten, regulären Kopie des Betriebssystems. Microsoft habe die Meldung dort zwar unterdrückt, aber das Testprogramm bringe sie wieder zum Vorschein.

Die Prüf-Software lässt sich bei ZDNet als komprimierte Datei herunterladen.

Um sie nach dem Entpacken auszuprobieren, muss die TSR-Datei AARD.COM auf DOS-Ebene gestartet werden, bevor Windows geladen wird. Nach dem Windows-Start erscheine die Fehlermeldung, berichtet „Sm@rt Reseller“. Eine ähnliche Meldung hätten Software-Experten auch bei Microsofts C-Compiler QuickC entdeckt, der im April 1990 auf den Markt kam.

Kontakt:
Microsoft, Tel.: 089/31760

ZDNet.de Redaktion

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