Erich Schmidt-Eenboom zählt in Deutschland zu den bedeutendsten Kennern der Geheimdienste und hat zahlreiche Bücher zur Arbeit der Dienste veröffentlicht. ZDNet sprach mit ihm über die Auswirkungen des weltweiten Abhörsystems Echelon. Dieses Interview ist der erste Teil eines internationalen Newsreports von ZDNet Deutschland, Großbritannien, Frankreich und USA.
ZDNet: Das weltweite Abhörsystem Echelon ist kein Hirngespinst, sondern existiert, das beweist nicht zuletzt ein Report des Europäischen Parlaments. Warum gibt es keinen Sturm der Entrüstung in der Öffentlichkeit?
Schmidt-Eenboom: Das Problem wird in der Öffentlichkeit nicht thematisiert, weil keiner ein Interesse daran hat. Die Parteien sagen nichts, selbst wenn sie wie die Grünen aus einer Bürgerrechtsbewegung erwachsen sind, weil sie ganz andere Interessen haben. Da gab es eben Überzeugungstäter und Trittbrettfahrer und die Trittbrettfahrer haben heute das Sagen.
Die Friedensbewegung und andere Bürgerrechtsbewegungen sind zerfallen. Es gibt ganz kleine Grüppchen, lokal vor Ort in Bad Aibling und in Rosenheim, die sich mit Echelon beschäftigen. Aber wenn ich dieses Engagement mit dem von Gruppen in anderen Ländern wie Japan vergleiche, ist es hier in Deutschland sehr still.
Beim breiten Publikum kommt als erstes die Frage: „Betrifft mich das privat?“ Und wenn die Menschen hören, dass die Abhörmaßnahmen hauptsächlich dem organisierten Verbrechen und der Wirtschaft gelten, dann ist ihnen das egal. Das ist momentan eine Geschichte, die eher Medienleute interessiert.
ZDNet: Nach Ansicht der Geheimdienstkontrolleure des Parlaments, die in der zweiten Juni-Woche die Militär-Basis in Bad Aibling (Teil des Echelon-Systems) besuchen durften, wird von dort aus keine Wirtschaftsspionage gegen deutsche Unternehmen betrieben. Wie glaubhaft ist diese Aussage?
Schmidt-Eenboom: Die ist absolut korrekt. Wie ich erfahren habe, richten sich die Antennen in Bad Aibling mittlerweile gegen die Schweiz und Lichtenstein, weil man mehr über Schwarzgeldkonten und Geldwäsche erfahren will. Die deutschen Unternehmen werden jetzt wieder wie zu Anfang der 90er Jahre von Großbritannien aus abgehört.
ZDNet: Es gab verschiedene Anfragen zu Echelon im Bundestag. Eine von der PDS und eine zu Anfang diesen Jahres von der FDP. Warum wird da nicht weitergebohrt?
Schmidt-Eenboom: Die wollten nur Profil gewinnen, da hat keiner ein ernsthaftes Interesse, Fakten bekannt zu machen. Und die Amerikaner schweigen das tot, weil sie keinen Ärger in Europa brauchen können. Die haben seit kurzem an der inneramerikanischen Front mit Bürgerrechtsgruppen zu kämpfen. (Der Weltwirtschaftsgipfel im Dezember 1999 in Seattle wurde von gewalttätigen Protesten begleitet, Anm. d. Red.).
ZDNet: Momentan gibt es zwei Anträge im Europäischen Parlament, einen dauerhaften, beziehungsweise einen temporären Untersuchungsausschuss zum Thema Echelon und Wirtschaftsspionage einzurichten. Denken Sie, der wird zustandekommen oder wird die Abstimmung darüber – wie jetzt schon seit Monaten – weiter verschleppt werden?
Schmidt-Eenboom: Der Ausschuss wird vermutlich zustande kommen. Aber er wird wenig bewirken. Es ist ja der Ausspruch von Martin Bangemann überliefert, der noch EU-Kommissar war, als der STOA-Bericht (in dem erstmals die Aktivitäten von Echelon detailliert dargelegt und belegt wurden, Anm. d. Red.) über die Aktivitäten von Echelon veröffentlicht wurde. Damals meinte er, wenn gegen die Abhör-Aktion protestiert werde, würde das Verhältnis Europa-USA schwerwiegend belastet, und es sei doch so schon schwierig genug.
Momentan ist global ein verstärktes Interesse an Abhörtechniken zu beobachten. In Großbritannien sind bereits zwei neue Gesetze durchgegangen (Anfang Mai hat die britische Regierung die Überwachung des Mail-Verkehrs angekündigt, Anm. d. Red.), und in einer Reihe von Ländern plant man Ähnliches. In Indien, Russland und in der Schweiz beispielsweise. Die Europäische Union will ja auch verstärkt gegen die organisierte Kriminalität vorgehen und hat deshalb die europäische Polizei Europol mit einer Teilimmunität ausgestattet. Die Beamten müssen sich bei einem Gesetzesverstoß nicht mehr vor den nationalen Gerichten verantworten. Enfopol soll zu einer Art europäischem FBI werden.
ZDNet: Das klingt sehr bedrohlich. Haben Sie Angst, wenn Sie an die Zukunft und Visionen eines Überwachungsstaates denken?
Schmidt-Eenboom: Nein, denn solange es einen demokratischen Überbau gibt, der solche Maßnahmen überwacht, wird mir nicht bange.
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