Die Universität Tübingen hat einen vergleichsweise ungewöhnlichen Supercomputer in Betrieb genommen. Der sogenannte „Kepler-Cluster“ verfügt statt einer kleinen Anzahl teurer Hochleistungsprozessoren über viele Standard-CPUs, wie sie in jedem PC zu finden sind und setzt ganz auf Linux. Gefertigt wurde der Cluster in Handarbeit von der Dr. Koch-Computertechnik AG.
Die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Knotens wird im Multiprozessorbetrieb nach einem Geschwindigkeitstest in einer Tabelle festgehalten. So soll die Last auf verschiedene Gruppen verteilt und die Leistungsfähigkeit des Clusters optimal ausgenutzt werden – der Cluster ist nach Firmenangaben damit 185 mal schneller als ein normaler Prozessor und erreicht umgerechnet 75 Prozent seiner theoretischen Maximalleistung.
Der Cluster nutzt Netzwerkkarten der US-Firma Myricom, die bis zu 1,28 GBit/s übertragen können. Sie werden ergänzt von handelsüblichen 100 MBit/s-Karten. Diese sind für die Fernsteuerung des Bootvorgangs und die Zustandsüberwachung notwendig. Aufgrund der großen Datenmenge, die übertragen werden kann, konnten Festplatten, CD-ROM und Floppylaufwerke in den Knoten eingespart werden, die Daten kommen nun direkt vom Frontend.
Monitore, Grafikkarten, Tastatur und Maus fehlen bei den Knotenrechnern völlig. Die Überwachung erfolgt ferngesteuert über das Netzwerk. Des weiteren werden Dual-Mainboards mit BX-Chipsatz und jeweils zwei Pentium III-Prozessoren von Intel (Börse Frankfurt: INL) mit jeweils 650 MHz verwendet.
Im Frontend-Rechner mit seinem Servermainboard mit 64 Bit PCI Bus stehen zwei PIII mit 733 MHz und insgesamt zwei GByte RAM zur Verfügung. Ein Array aus 13 Stück 50 GByte-Festplatten wird über einen 4-Kanal-Controller im Raid Level 5 betrieben. Die Dateneingabe erfolgt an einem 22-Zoll-Monitor.
Im europäischen Vergleich rangiert der Tübinger Cluster auf Platz 70, deutschlandweit kommt er sogar auf Platz 30. An der Universität Tübingen sollen mit diesem Rechner komplexe Simulationen aus der Astrophysik und der Strömungsphysik berechnet und verschiedene Fragen zur Entstehung des Universums geklärt werden.
Unter den von der Uni Mannheim erstellten Liste der 500 schnellsten Supercomputer sind lediglich drei „self-made“-Computer zu finden, die mit dem Tübinger System vergleichbar seien: Der schnellste befindet sich mit 232,6 GFlop/s auf Platz 84 und wird von den Sandia Labs in den USA zur Erforschung von Kernwaffen benutzt. Der zweitschnellste steht mit 143,3 GFlop/s in Chemnitz (ZDNet berichtete).
Die Fördermittel, um den Keppler-Cluster auf 256 Prozessoren zu erweitern, sind schon beantragt.
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