Nachdem das FBI weitere Dokument über sein stark kritisiertes Abhörsystem Carnivore veröffentlichen musste und ein neuer Bericht über die Anlage veröffentlicht wurde, zweifeln Bürgerrechts-Experten erneut stark an den Motiven der Bundespolizei, Carnivore einzurichten. Der Freedom of Information Act (FOIA) verpflichtet die Behörde, die entsprechenden Dokumente zu veröffentlichen. Das Electronic Privacy Information Center (EPIC) hat jetzt mitgeteilt, aus den kürzlich herausgegebenen Papieren ginge hervor, dass nicht nur E-Mails, sondern der gesamte Internet-Verkehr inklusive HTTP und FTP mitprotokolliert werden könne. Das hat das FBI bisher immer geleugnet.
EPIC hat in den kürzlich erhaltenen 360 Seiten umfassenden Akten ein Memo vom 5. Juni gefunden, in dem eine Performance-Prüfung vom Mai erwähnt wurde. Dabei untersuchte das FBI, ob ungefilterte Daten sich speichern ließen. Diese Fähigkeit von Carnivore hatten Vertreter der Behörde bis dato immer geleugnet. Im so genannten „Real World Test“ prüfte die Behörde, ob Carnivore mit zwei weiteren Komponenten der Dragonware Suite kompatibel ist. Carnivore könne auf einem 300 MHz Pentium II mit Windows NT „verlässlich allen ungefilterten Internet-Verkehr abfangen und auf einem internen Speicher archivieren“. Laut Angaben von EPIC hatte das FBI solche Fähigkeiten seiner Software bisher geleugnet.
Der Vize-Direktor des FBI-Labors, Donald Kerr, sagte vor dem Justiz-Komitee des Senats, es sei „extrem wichtig zu verstehen, dass diese gesamte restliche Kommunikation gelöschte werde, nachdem sie als nicht zum E-Mail-Verkehr des Überwachten gehörig identifiziert ist. Die Daten werden zerstört, sie werden weder gesammelt noch gespeichert noch gelagert.“ EPIC-Aktivisten fragen sich nun, warum die Behörde Funktionen testet, die sie angeblich nicht einsetzt. Ein FBI-Sprecher erklärte, sämtliche Anwendungen des Programms würden vor dem Einsatz durchprobiert, um Vergleichs-Parameter zu erhalten. „Wir könnten, wenn wir wollten. Aber wir tun es nicht, weil es illegal ist“, so FBI-Sprecher Steve Barry.
Die Diskussion über Carnivore könnte neue Nahrung erhalten, wenn am morgigen Dienstag ein Bericht des Illinois Institute of Technology´s Research Institute veröffentlicht wird, der im Auftrag des US-Justizministeriums erstellt wurde.
Carnivore entsteht unabhängig vom geheimen Spionageprojekt Echelon, demonstriert dennoch eindrücklich, wie wenig der Schutz der Privatsphäre in der digitalen Welt zählt. ZDNet hat zu der Entstehungsgeschichte, der Wirkungsweise sowie den Zielen und Hintermännern von Echelon einen internationalen News Report zusammengestellt.
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