Microsofts Antiraubkopier-Tool

KOMMENTAR – Die Fakten sind bekannt: Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) wird mit Office XP erstmals in Deutschland eine zwangsweise Registrierung der User einführen, um den Raubkopierern Herr zu werden. Der Vorgang selbst soll die ersten beiden Male online erfolgen, danach nur noch per Telefon. Seitdem jault die User-Gemeinde auf und schimpft auf Microsoft im Allgemeinen und Bill Gates im Besonderen. Ja, es ist verdammt ärgerlich: Nicht nur, dass man in Zukunft bei der Microsoft-Hotline anrufen muss und für Durchgabe und Empfang der Produkt-IDs ein halbes Mathematik-Studium braucht, es ist ein beunruhigender Gedanke, sich vor dem Verkäufer dafür rechtfertigen zu müssen, dass man sein Produkt intensiv nutzt. „Ja, mir ist der Rechner schon wieder abgestürzt, ich weiß, ich habe erst vor zwei Tagen angerufen, aber ich musste die Maschine schon wieder neu aufsetzen.“ Oder wie stellen sich die Microsoft-Mitarbeiter das vor?

Das – so geben sie offen zu – wissen sie selber noch nicht genau. Unter vier Augen gestehen sie auch ein, dass sie es wohl nicht riskieren können, einem Anrufer nach der 105ten Freischaltung die 106te zu verweigern. Aber der ehrliche Anwender fühlt sich kriminalisiert – wer dreist ist gewinnt. Zum Beispiel wer so unverfroren ist zu behaupten, er habe seine Lizenz auf Rechner A gerade deinstalliert und möchte diese Lizenz jetzt auch bei Microsoft deaktivieren, um sie gleich darauf auf Rechner B zu installieren. Microsoft wird keinen Fahnder a lá GEZ ins Haus schicken um zu überprüfen ob die Lizenz auf Rechner A wirklich nicht mehr genutzt wird. Doch unbedarfte User fühlen sich schnell verpflichtet sich zu rechtfertigen, warum sie schon wieder eine Freischaltung brauchen.

Wer jetzt noch auf ein Wunder in Form eines Gerichtsentscheids hofft, wird vermutlich enttäuscht. So gab es einen ähnlich gelagerten Fall vor dem Münchner Landgericht vom Mai vergangenen Jahres. Dem Hersteller einer Texterkennungs-Software wurde damals verboten, eine Zwangsregistrierung seiner User unter Angabe persönlicher Daten durchzuführen. Doch die Microsoft-Mitarbeiter haben aus dem Fall gelernt. Kritikpunkte damals: Die Zwangs-Registrierung sei vor dem Kauf nicht ersichtlich gewesen und zudem war die Angabe persönlicher Daten zwingend. Und siehe da: Microsoft plant einen unübersehbaren Hinweis auf der Packung sowie die Möglichkeit der anonymen Registrierung.

Zwar gibt es jetzt Heulen und Zähneknirschen, doch es wird nichts nützen, denn den Microsoft Office-Leuten sind die Heimanwender im Endeffekt gar nicht so wichtig. Office ist für sie ein Business-Tool, das sich die Privatleute natürlich gerne installieren, weil sie es bereits aus der Arbeit kennen. Doch scheint die Meinung vorzuherrschen, dass es für den Heim-PC Microsoft Works genauso tut.

Bleibt nur abzuwarten, ob Microsoft sich da nicht verkalkuliert hat. Selbst die eigene Anti Piracy-Abteilung nennt ihre Aufgabe das „Hase und Igel“-Spiel. Irgendwann wird auch dieser Schutz wieder geknackt sein.

ZDNet.de Redaktion

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