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Plattenfirmen jammern wegen Napster

Internet-Piraterie und die steigende Verbreitung von CD-Brennern sollen der deutschen Musikindustrie im vergangenen Jahr deutliche Umsatzeinbußen beschert haben. Wie der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft am Donnerstag in Hamburg mitteilte, setzte die Branche 262,2 Millionen Tonträger ab. Dies sei ein Minus von zehn Millionen Stück oder 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatz soll nominal um 2,2 Prozent auf 4,78 Milliarden Mark (2,44 Milliarden Euro) gesunken sein. Damit sei inzwischen das Marktniveau aus den 90er Jahren erreicht worden, sagte Verbandschef Thomas Stein. Es gebe eine regelrechte „Flutwelle von Internet-Piraterie“ und eine „ausufernde Vervielfältigung mit Hilfe von CD-Brennern“.

Anlässlich der Veröffentlichung der ebenfalls gesunkenen Zahlen des US-Marktes hatten Marktbeobachter aber nicht Napster die Schuld gegeben. Analysten der Branche führen die gesunkenen Verkaufszahlen auf verschiedene Faktoren zurück. So seien zwei der Gründe die wirtschaftliche Schwäche sowie die wenig zugkräftigen Veröffentlichungen der Industrie. „Nur Napster zu beschuldigen ist kein faires Alibi“, sagte der Sanford Bernstein-Analyst Michael Nathanson damals. In dieselbe Kerbe schlug seinerzeit auch der Chef der E-Commerce-Gruppe von Napster-Investor Bertelsmann: „Um ehrlich zu sein war das musikalisch gesehen kein umwerfendes Jahr. Es gab einige wenige gute Titel und wir haben vergangenes Jahr einfach nicht so viele gute Platten veröffentlicht.“

Die deutsche Branche hingegen kündigte den Einsatz neuer Technologien an, die die Herstellung kopiergeschützter CDs ermöglichen sollen. Auch mit der neuen Technik werde es „immer wieder auch Umgehungstechnologien geben“, räumte Stein ein. Ein „Dieb“ bleibe immer ein „Dieb“. Es gehe jetzt vor allem darum, Zufallspiraten abzuschrecken. Auf der Basis von Nutzerzahlen, Hochrechnungen und konservativen Schätzungen ermittelte der Bundesverband einen Umsatzverlust durch „Schulhofpiraterie“ von rund 250 Millionen Mark. Weitere 300 Millionen Mark Schaden entstünden durch Internet-Piraterie. Nach Angaben der Internationalen Organisation der Phonowirtschaft vom Donnerstag wurde bei Singles in den Vereinigten Staaten allein durch die Internet-Musiktauschbörse Napster ein Absatzrückgang vom 46 Prozent und weltweit um 14 Prozent verzeichnet.

Der Vorstandschef der deutschen Landesgruppe, Wolf Gramatke, sagte in Hamburg, Napster werde vor allem genutzt, um brandneue Singles herunter zu laden. Die Musikindustrie werde ihre Produkte künftig mit geeigneten Maßnahmen schützen. Von der Politik erwarte die Branche klare rechtliche Rahmenbedingungen für Geschäftsmodelle im Netz und die Reform der Regelungen zur Privatkopie.

Die Anfang April im Europäischen Rat beschlossene Urheberrechts-Richtlinie müsse bis Ende 2002 in deutsches Recht umgesetzt werden, forderte die Branche. Die Ausgestaltung der Regeln zur Privatkopie würden dabei eine große Rolle spielen. „Es ist ungerecht und unangemessen, dass die Künstlerlizenzen für eine bespielte CD bei etwa acht Mark liegen, bei einer Privatkopie auf einem CD-Rohling jedoch nur bei gut 15 Pfennig“, sagte Gramatke. Dabei blieben Komponisten, Textdichter, Künstler und die Tonträgerhersteller auf der Strecke, „und das wirtschaftich wie kulturell“. Kopierschutzmaßnahmen und höhere Vergütungen müssten wirksam ineinander greifen.

Die Zahl der CD-Brenner in Deutschland steigt nach Angaben des Verbandes stetig. Im vergangenen Jahr seien in der Bundesrepublik insgesamt etwa 209,6 Millionen CD-Rohlinge an private Haushalte verkauft worden. Eine Aufstellung zu welchem Zweck diese benutzt wurden, ließen die Plattenbosse vermissen.

Kontakt:
Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft, Tel.: 040/5897470 (günstigsten Tarif anzeigen)

ZDNet.de Redaktion

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