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Skandal bei Informatiker-Prüfung

Die heute stattfindende schriftliche Abschlussprüfung für die Ausbildungsberufe IT-Systemelektroniker sowie Fachinformatiker ist von der IHK abgebrochen worden. Außer in Bayern, wo die Aufgaben „unter Vorbehalt“ bearbeitet werden mussten, wurden die Teilnehmer ansonsten deutschlandweit nach Prüfungsbeginn wieder nach Hause geschickt. Die IHK begründete dies damit, dass bei den Fachinformatikern die kompletten Prüfungsfragen und bei den Systemelektronikern ein Fachteil sowie der Wirtschaftsblock vorab im Internet veröffentlicht worden waren.

Teilweise durften die Systemelektroniker die Fragen des ersten, bereits in Bearbeitung befindlichen Fachteils noch beantworten, allerdings mancherorts mit Zeitabzug von zehn Minuten. Die Fragen zu Netzwerkinformatik und Elektroinstallation wurden als sehr komplex beschrieben, so dass keiner der Befragten mehr als 50 Prozent der Aufgaben bewerkstelligen konnte.

Der Leiter der Zentralstelle für Prüfungsaufgaben der IHK, Andreas Bähre, hat angekündigt, Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Vorfälls zu erstatten. Am gestrigen Montag hatten sich bereits über 150 Anrufer aus Berufsschulen, Ausbildungsbetrieben und Maßnahmenträgern bei den Handelskammern gemeldet, um über eine Site mit den Prüfungsaufgaben zu berichten. Die URL war nur temporär erreichbar, wurde aber in bekannten Online-Foren der Branche verbreitet. „Nachdem wir davon ausgehen mussten, dass diese Tatsache auf breiter Basis bekannt war, haben wir uns zu dem Abbruch entschlossen, da keine Gleichbehandlung der Prüflinge gewährleistet war“, sagte Bähre gegenüber ZDNet.

Wie es zu der undichten Stelle kommen konnte ist noch nicht ganz klar. Um die rechtzeitige Verteilung an alle Prüfungsorte zu gewährleisten, werden die Fragebögen bisher immer in der Vorwoche versandt. „Wir gehen davon aus, dass das Informationsleck bei einem Ehrenamtsträger der IHK gelegen haben könnte“, so Bähre. Sprich: Entweder war es irgendwo Tradition, dass Mitarbeiter der Prüfungsaufsicht Einblick in den Fragenkatalog erhielten oder „es wurde Druck ausgeübt“.

Bähre hat nach eigener Aussage seit einiger Zeit beobachtet, dass sich die Teilnehmer von Online-Fachforen verstärkt über mögliche Themengebiete der Prüfung unterhielten und nicht mehr ausschließlich den Stoff diskutieren. „Aber der heutige Vorfall, dass ein Teil der Prüfungsfragen bekannt wurde, ist in der Qualität ein Präzedenfall.“ Deshalb will man innerhalb der IHK-Organisation den Ablauf und die Durchführung der Prüfungen in Zukunft anders gestalten.

Auch in den Foren von Fachinformatiker.de werden die heutigen Vorfälle diskutiert. Zwar wird der Abbruch der Prüfung von vielen positiv bewertet, um Chancengleichheit zu gewährleisten. Doch fast alle Diskussionsteilnehmer beschweren sich über die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen der IHK. Bereits im vergangenen Jahr war es bei der Prüfung zum Fachinformatiker zu massiven Beschwerden gekommen, weil alle vier Schwerpunktbereiche mit denselben Prüfungsfragen konfrontiert wurden, ungeachtet ihrer jeweiligen Spezialisierung auf Systemintegration, Anwendungsentwicklung, Elektroniker oder Kaufmann.

Es sind aber nicht nur IT-bezogene Berufe wie der Fachinformatiker oder der Systemelektroniker für solche Vorfälle anfällig. Auch Berufe mit vielen Azubis und einem hohen Organisationsgrad nutzen verstärkt das Internet zur gemeinsamen Prüfungsvorbereitung in Foren und Chats.

Die heute abgesagte IHK-Prüfung für die beiden Ausbildungsberufe soll voraussichtlich am 23. Mai wiederholt werden. In Bayern wurde der gesamte Test geschrieben, allerdings werden die Fragenblöcke zwei und drei, die vorab bekannt waren, „unter Vorbehalt“ gewertet. Eine Sprecherin der IHK Bayern sagte, man habe sich zu dem Schritt entschlossen, da die juristischen Konsequenzen noch nicht abzusehen sind und an den Berufsschulen am 23. Mai bereits die Pfingstferien gelten.

ZDNet.de Redaktion

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