Brad Silverberg galt während seiner Zeit bei Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) als rechte Hand von Firmenmitbegründer Bill Gates. Mittlerweile hat er zusammen mit Partnern die Venture Capital-Firma Ignition gegründet und fungiert als ihr Chef. Die Kapitalgeber investieren hauptsächlich in Unternehmen, die sich mit der Infrastruktur des drahtlosen Internet beschäftigen. ZDNet sprach mit ihm über die weitere Entwicklung auf dem Sektor.
ZDNet: Sie haben in den Bereich „wireless Internet“ investiert. Der Sektor hat schwere Zeiten durchlebt. Sehen Sie in nächster Zeit einen Wendepunkt, an dem die Technologie für den Massenmarkt nutzbar wäre?
Silverberg: Ich beobachte eher einen langsamen stetigen Zuwachs als ein einzelnes Ereignis. Momentan hält uns generell die mangelnde Benutzerfreundlichkeit von einem Durchbruch ab. Die meisten mobilen Geräte sind schrecklich zu gebrauchen. Wenn das behoben ist, wird die Verbreitung weiter ansteigen.
ZDNet: Gibt es etwas Spezielles, das sie an den User-Interfaces kritisieren?
Silverberg: Es ist eine Kombination verschiedener Dinge. Die Hersteller müssen die Benutzeroberfläche verbessern, aber auch die darunter liegende Infrastruktur. Etwa so, wie Docomo das in Japan getan hat. Die sind der Konkurrenz wirklich ein gutes Stück voraus. Im Grunde genommen muss das Design sehr einfach sein. Man braucht ein auf der Versendung von Datenpaketen basierendes Netzwerk, das hohe Übertragungs-Geschwindigkeiten erlaubt.
ZDNet: Es wurde viel in Firmen investiert, die davon ausgehen, dass die Endverbraucher Mobiltelefone zum Versenden und Empfangen von Daten benutzen werden. Allerdings ist die Verbreitung dieser Technologien noch nicht so weit fortgeschritten wie vorhergesagt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Silverberg: Das ist ein wichtiger Bereich: Vor einem Jahr gab es diesen unangebrachten Hype, dass die Leute mit ihren Handys ins Internet gehen würden. Ich bin mir nicht sicher ob die Autoren dieser Prognosen ihr Hirn benutzt haben. Es geht doch gar nicht darum, ins Internet zu gehen, sondern zu kommunizieren. Das ist auch die Lehre aus dem SMS-Boom in Europa.
ZDNet: Glauben Sie, dass sich WAP in den USA jemals durchsetzen wird?
Silverberg: Da kommt es wieder darauf an, die Nutzung für den Endverbraucher einfach zu gestalten und die richtigen Anwendungen anzubieten. WAP ist zunächst einmal weder von Vorteil noch schlecht.
ZDNet: Also denken Sie, dass es zu retten ist?
Silverberg: Ja, ich denke man wird das weiter entwickeln wollen. Diese ganzen WAP-Leute wissen um diese Probleme und arbeiten an ihrer Behebung.
ZDNet: Was wird im Jahr 2001 und den darauf folgenden Jahren denn die neue, heiße Technologie im Bereich wireless? Oder geht es nur um die Entwicklung der Benutzeroberfläche?
Silverberg: Wir haben uns bisher auf die Infrastruktur konzentriert, die ja zunächst da sein muss. Wir haben uns bisher bei Investitionen in Wireless Portale und kommerzielle Anwendungen zurück gehalten, weil wir glauben, die Infrastruktur ist noch nicht so weit. Das wird sich aber in den kommenden Jahren ändern. Aber zunächst denke ich nicht, dass 3G jetzt plötzlich zum Zuge kommt. Es gibt immer noch genügend Möglichkeiten, die 2.5 und 3G zugrunde liegende Infrastruktur zu verbessern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das dieses oder nächstes Jahr losgehen wird. Das dauert eben seine Zeit und die Leute müssen Geduld haben.
ZDNet: Haben sich Ihre Anforderungen an ein Start-up geändert, bevor sie sich entscheiden zu investieren?
Silverberg: Im Grunde genommen nicht. Wir glauben seit unserer Gründung im Jahr 2000 an fundamentale Prinzipien der Wirtschaft. Für uns war das eine interessante Zeit. Wir kamen alle aus großen Unternehmen und waren zu einer Zeit in deren Denkweise verhaftet, als die Welt ein wenig verrückt geworden war. Die Leute haben sich über Dinge unterhalten, die sich zwar zunächst gut anhören. Aber wenn man darüber nachdenkt sagt man: ‚Das ist sinnlos‘. Ich meine diese ganze Gier war nicht in Ordnung. Die Leute haben sich nicht mehr auf ihr fundiertes Urteil verlassen und sich in diesem ganzen Hype verstrickt. Wir sind jetzt in der glücklichen Lage uns auf die Prinzipen verlassen zu haben, die uns während unserer gesamten Karriere gut zu Gesicht gestanden haben.
ZDNet: Ist es momentan schwieriger als VC zu investieren?
Silverberg: Nein, jetzt aktuell ist es wirklich großartig. Die Wertbestimmungen haben sich wieder auf ein normales Level begeben und die Firmengründer übernehmen reale Werte. Es ist ein wenig wie zurück in die Zukunft.
ZDNet: Ist es jetzt härter die richtigen Entscheidungen zu treffen?
Silverberg: Meine Partner und ich haben in harten Zeiten große Unternehmen aufgebaut: Wir mögen es, wenn es hart zugeht, denn das gibt uns die Möglichkeit uns vom Rest der Meute abzuheben. Wenn man in einem frühen Stadium der Firmenentwicklung investiert, dauert es drei, vier, fünf Jahre, bis man etwas für sein Geld zurück erhält. Man muss also geduldig sein.
ZDNet: Aber wenn man mal die andere Seite betrachtet, wäre es doch für einen Unternehmer ohne große Referenzliste wie den jungen Bill Gates mittlerweile viel schwieriger, Geld aufzutreiben, oder?
Silverberg: Nun, ich sehe das anders. Ideen sind wichtig, aber sie reichen nicht aus. Die Idee alleine funktioniert nicht, sondern ihre Ausführung. Bei Unternehmern kommt es auf ihre Fähigkeiten an ihre Ideen im Geschäft umzusetzen und darin liegt ihr Erfolg. Und Gates hatte damals ziemlich wenig Geld von Venture Capitalists zur Verfügung.
ZDNet: Gibt es bestimmte Eigenschaften, die die von Ihnen finanzierten Unternehmer von den anderen unterscheiden?
Silverberg: Man sucht auch nach Führungs-Qualitäten – ob jemand ein gutes Team an sich binden kann oder andere Leute mit Erfahrung einstellt, die ein gutes Team formen. VCs zögern, Geld in kapital-intensive Ideen zu investieren und deshalb müssen die Leute lernen, mit weniger auszukommen. Das ist sehr gesund. Die Zeiten, wo drei Jugendliche aus dem Büro eines VCs kommen und 100 Millionen Dollar in der Tasche haben, sind vorbei.
ZDNet: Werden Sie sich weiterhin auf Investments im Bereich Wireless konzentrieren oder auch Geld in andere Bereiche stecken?
Silverberg: Als wir anfingen war es uns wichtig, uns auf einen Bereich zu konzentrieren, wo wir erstklassige Expertisen haben. Vor ungefähr sechs Monaten haben wir dann unseren Fokus auf Gebiete verbreitert, wo wir ebenfalls jahrelange Erfahrung haben. Das sind Internet, Software und Netzwerk-Infrastruktur.
ZDNet: Vermissen Sie das Rampenlicht? Irgendwelche Bestrebungen ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Silverberg: Ich liebe das, was ich momentan tue. Ich hatte seit Jahren nicht mehr solchen Spass.
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