KOMMENTAR – Ja, das ist schon super: Wenn die Top Level Domains, die man gerne hätte, nicht verfügbar sind, strickt man sich eben eigene. So scheffelt man Kohle ohne Ende und kann in kürzester Zeit dem Beispiel Bill Gates folgen: Sich morgens nicht mehr mit Wasser waschen, sondern mit Goldstaub peelen. Solche und ähnliche Gedanken kommen dem unbedarften Beobachter, wenn er das alljährliche Sommertheater um das Geschäft mit Domains verfolgt. War es im vergangenen Jahr die „Vormerkung“ für die „demnächst freigeschalteten“ „.eu“-Domains, so ist es in diesem Jahr das „Europäische Internet“.
Dabei ist die Grundidee zunächst gar nicht so schlecht: Warum sollte man es nicht versuchen und ein alternatives Internet aufbauen? Unsere mangelnde Vorstellungskraft sei die Barriere des menschlichen Geistes, heißt es immer. Ein so ehrgeiziges Projekt wie ein alternatives Web mit neuen Top Level Domains wie „.buch“ oder „.cube“ tut keinem weh. Viel mehr muss man die Initiatoren für ihren Mut und ihre Energie bewundern.
Dabei schießen die Betreffenden aber ein wenig über das Ziel hinaus: Das Beatnic-System mit elf Root-Servern als „Europäisches Internet“ anzupreisen, ist sehr selbstbewusst. Aber Klappern gehört bekanntlich zum Handwerk. Doch die Ankündigung, zusammen mit anderen „Meuterern“ gegen die Icann ein Gremium zu gründen „um die Spaltung des Internet zu verhindern“ ist daneben. Dieser Verbund soll darüber wachen, dass Top Level Domains nicht zweimal vergeben werden: Einmal im „offiziellen“ Internet der Icann und einmal im „alternativen“ Web. Wow. Da wird die Icann aber beeindruckt sein. Die für ihre kompromisslose Art bekannte Organisation, die als arrogant verschrienen ist und größtenteils von US-Bürgern beherrscht wird, freut sich sicher über diese nette Kriegserklärung einer Handvoll europäischer Geschäftsleute. Der Versuch, der Icann das Riesengeschäft mit den TLDs abspenstig zu machen, erinnert an einen Moskito, der wütend einen Elefanten attackiert.
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