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IT-Krise belastet auch indischen Heiratsmarkt

Das hatte sich B. Prakyath einfacher vorgestellt: Eine lange Liste von 110 heiratswilligen Frauen hat der indische Computer-Spezialist in den vergangenen zehn Monaten abgearbeitet – doch die Hochzeitsglocken wollen für ihn noch immer nicht läuten. Der 25-jährige Software-Entwickler aus Indiens Technologie-Hauptstadt Bangalore ist nur einer von tausenden jungen Computer-Ingenieuren, die verzweifelt eine Braut suchen.

Galten Spezialisten der Informationstechnologie (IT) noch vor einem Jahr als Traum aller Schwiegermütter, so sind sie heute nur noch zweite Wahl. Die Krise in der IT-Branche schlägt voll auf den indischen Heiratsmarkt durch. „Es ist absolut deprimierend“, seufzt Prakyath. In seiner Verzweiflung hat er sich inzwischen an eine Heiratsvermittlung gewandt, die ihm eine Frau suchen soll. „In den vergangenen drei Monaten habe ich reihenweise Eltern erlebt, die davor zurückschreckten, ihre Tochter einem Software-Ingenieur anzuvertrauen. Sie machen sich einfach Sorgen darum, ob ich in einem Jahr noch meinen Job haben werde“, berichtet der junge Mann.

Dennoch will er die Hoffnung nicht aufgeben und weiter nach der Frau fürs Leben suchen. Technologieunternehmen in den USA und Indien haben wegen der weltweiten Krise im IT-Bereich hunderte Spezialisten entlassen und Neueinstellungen gestrichen. Viele indische Software-Experten, die in den USA viel Geld verdient haben, sind in ihre Heimat zurückgekehrt und drängen auf den in ihrem Sektor ohnehin schon engen Arbeitsmarkt.

„Die Leute verlieren das Vertrauen in den IT-Sektor“, erläutert Heiratsvermittler T.G. Shivraj die Folge. Mehr als 500 Computer-Spezialisten hat er in seiner Kartei, und sie erweisen sich als echte Ladenhüter. „Bis vor kurzem war der IT-Bereich eine ganz heiße Nummer, aber jetzt wollen die Bräute alle einen Manager, hochqualifizierten Buchhalter oder einen Finanzdirektor eines Unternehmens“, berichtet Shivraj.

Der Heiratsvermittler weiß aus langjähriger Erfahrung, was bei Hochzeiten in seinem Land zählt: „Indische Mädchen achten auf den gesellschaftlichen Stand, auf einen sicheren Arbeitsplatz, das Einkommen und die Familie des Mannes.“ Der 26-jährige J. Rajshekar ist Software-Entwickler bei einer großen Autofirma in Bangalore und kann ein Lied davon singen. Vor fünf Monaten hat er Shivrajs Hochzeitsvermittlung beauftragt. 150 potentielle Bräute hat ihm dessen Computer vorgeschlagen, doch Rajshekar ist noch immer allein. „Ich suche nach einem hübschen Mädchen aus gutem Hause mit Hochschulabschluss. 30 heiratswilligen Frauen habe ich geschrieben, aber keine wollte einen Software-Techniker haben“, berichtet er frustriert.

Viele von Rajshekars Freunden haben bereits ihren Arbeitsplatz verloren und sitzen jetzt hoch verschuldet auf der Straße. „Ich selbst habe noch meinen Job, auch wenn er mich nicht reich machen wird oder ich in die USA gehen muss. Aber die Frauen und ihre Eltern haben eben ihre Zweifel, wenn es um IT geht“.

ZDNet.de Redaktion

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