Verhökerte Online-Kämpfer

KOMMENTAR – Der Sony-Konzern führt einen hartnäckigen Kampf gegen Online-Auktionen, in denen Versatzstücke aus der Spielewelt feilgeboten werden: Wo immer Schwerter oder gesunde Superkämpfer zum Kauf annonciert werden, schlagen Sony und der Produzent Verant Interactive zu. Juristisch ist die Firma im Recht. Die Lizenzbedingungen des Spiels untersagen es ausdrücklich, Inhalte aus dem Spiel außerhalb der Spiele zu verkaufen.

Der Erwerb von Waffen oder von besonderen Fähigkeiten darf nur im Spiel erfolgen, was eine mühselige und Zeit raubende Tätigkeit sein kann. Von der Online-Zeit aber lebt das System, von ihr stammen die Einnahmen, die doch so richtig explodieren sollen: Nach den neuesten Erkenntnissen von Marktforschern finden MMPG zunehmend Zuspruch unter Frauen, die als neue Spiele-Zielgruppe gefeiert werden. Rechnet man die Kinder hinzu, die von den Online-fähigen Konsolen oder Settop-Boxen mit Konsolenfunktionen zu den Spielewelten strömen, wird die Bedeutung dieses Marktes sichtbar. Welche Ökonomie sich in diesen Welten entfalten kann, ist alles andere als eine nebensächliche Frage.

Die Online-Heroen wehren sich

Nun gibt es Spieler, die den Verkauf von virtuellen Artefakten aus einem Rollenspiel für rechtens halten und im Gegenzug an der Rechtmäßigkeit solcher Lizenzbedingungen zweifeln. Sie wollen eine Grundsatzklage gegen Sony und Verant führen, die das Potenzial hat, auf andere EULAs (End User License Agreement), auch auf Geschäftsmodelle wie ASP-Vermietungen auszustrahlen. Die Argumentation ist einfach: Wer im Netz eine Software startet und mit ihr einen Text oder Ähnliches erzeugt, bezahlt nur die Zeit und hat am Ende eine Datei in den Händen, die keinesfalls dem Hersteller der ASP-Software gehören sollte. Neben der juristischen Ebene gibt es natürlich noch die Sicht der passionierten Rollenspiel-Fans. Sie sehen MMPG-Systeme wie Everquest als eine Community, in der man sich amüsieren kann. Konsequenterweise empfinden sie Personen als echte Wegelagerer, die bestimmte Gegenstände aufklauben und im Umweg über das echte Leben verscherbeln wollen.

Vorbild Pokemon-Karten

Wahrscheinlich wird sich das Problem branchentypisch lösen: Der wird nicht durch eine Klage zerstört werden. Allenfalls werden noch speziellere Spiele-EULAs entwickelt werden, die noch genauere Grenzen ziehen. Und die Käufer, die heute auf Ebay oder anderen Auktionen ihre Waffen verkaufen, werden sich einen Napster-ähnlichen Dienst zulegen, in dem mindestens die gleichen Gewinne erzielt werden können. Indessen dürften wir nicht allzu lange auf die interessante Variante warten, die beides zusammen bringt, die Online- wie die Offline-Welt. Über kurz oder lang wird ein MMPG erscheinen, in dem es gestattet ist, erworbene Artefakte wie Pokemon-Karten im echten Leben zu verditschen. Gegen solch eine Spielwelt ist der wilde Westen eine zahme Sache.

ZDNet.de Redaktion

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