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Der Kartellrechtsprozess: Die Chronologie

Der heute an einem Wendepunkt angelangte Kartellrechtsprozess gegen Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) blickt auf eine über dreijährige Prozess-Geschichte zurück. ZDNet fasst die wichtigsten Stationen vom Mai 1998 bis zum September 2001 zusammen:

  • Mai 1998: Das US-Justizministerium und die Generalstaatsanwälte von 20 US-Bundesstaaten verklagen Microsoft wegen Verstößen gegen das amerikanische Wettbewerbsrecht. Auslöser ist die Zwangskopplung des Browsers Internet Explorer und des Betriebssystems Windows, die das Unternehmen PC-Herstellern abverlangte. Dem Konzern wird zudem vorgeworfen, die Vormachtstellung des Betriebssystems Windows dazu ausgenutzt zu haben, Konkurrenten aus anderen Bereichen zu verdrängen.
  • Oktober 1998: Nach monatelangen Diskussionen und mehrfacher Terminverschiebung beginnt der Kartellrechtsprozess um Microsoft. Beobachter gehen daher zunächst davon aus, dass die Verhandlung in acht bis zwölf Wochen abgeschlossen sein wird.
  • November 1998: Erstmals werden Sequenzen aus der im Vorfeld des Prozesses aufgezeichneten Aussage von Bill Gates im Gerichtssaal vorgeführt. Die Folge: Brüllendes Gelächter, weil sich der Microsoft-Boss offensichtlich absichtsvoll dumm stellte oder ausweichend antwortete. Legendär ist Gates philosophischer Exkurs über die Bedeutung von „pissing on“.
  • Dezember 1998: South Carolina schert aus der Phalanx der klageführenden Bundesstaaten aus. Der Grund: AOL (Börse Frankfurt: AOL) hatte gerade Netscape aufgekauft. Auch Richter Jackson räumt ein, dass dies „eine sehr wesentliche Änderung der Rahmenbedingungen bedeuten könnte“.
  • Januar 1999: E-Mails belegen, dass Bill Gates persönlich die Manipulation einer Umfrage angeordnet hat, auf die der erste Microsoft-Entlastungszeuge und MIT-Wirtschaftler Richard Schmalensee seine Aussage stützte.
  • Februar 1999: Microsoft führt zwei selbst gedrehte Videos vor, um die „natürliche“ Verbindung von Windows und Explorer zu demonstrieren. Beide Filme erweisen sich als manipuliert. Jackson ist daraufhin nach eigenem Bekunden „sehr traurig“. „Sprechen Sie mit Ihrem Anwalt“, rät er dem verantwortlichen Manager Jim Allchin noch, bevor er die Sitzung für diesen Tag beendet.
  • März 1999: Der Richter rastet aus, nachdem sich bereits mehrere Topmanager von Microsoft in Widersprüche verwickelt hatten und weitere Entlastungszeugen der Falschaussage überführt worden waren. Entnervt schreit er den Microsoft-Topmanager Bob Muglia an, er solle doch endlich still sein.
  • März bis Mai 1999: Zunächst dementiert, dann bestätigt: Erstmals suchten Microsoft und die US-Regierung nach einem außergerichtlichen Weg der Einigung – allerdings ohne Ergebnis.
  • Juni 1999: Der Prozess wird nach mehrmaligen Verzögerungen wegen Terminproblemen fortgesetzt.
  • September 1999: Die „New York Times“ deckt auf, dass Microsoft „unabhängige“ Anzeigen von Wissenschaftlern zu seinen Gunsten in US-Zeitungen großzügigst gesponsert hatte.
  • November 1999: Richter Jackson präsentiert sein „Finding of Facts“, eine Art Vorurteil. Darin kommt er zu dem Schluss, dass Microsoft „seine Markposition und immensen Profite nutzen wird, jede Firma zu schädigen, die etwas unternimmt, was den Wettbewerb gegen eines von Microsofts Kernprodukten verstärkt“.

    Anschließend beginnt unter Leitung des Berufungsrichters Richard Posner eine neue Runde von außergerichtlichen Einigungsversuchen.

  • Dezember 1999: Microsoft bereitet sich auf eine mögliche Teilung des Konzerns vor und fasst seine verschiedenen Windows-Aktivitäten unter einem Dach zusammen.

  • Januar 2000: Bill Gates tritt als Chief Executive Officer des Unternehmens zurück, der bisherige Vize Steve Ballmer wird neuer Geschäftsführer. Gates wird Cheftechnologe und bleibt Chairman.
  • März 2000: Microsoft tritt aus dem Verband amerikanischer Softwarehersteller SIIA (Software and Information Industry Association) aus. Grund: Der Verband hatte sich im Februar gegen die juristische Position des Konzerns ausgesprochen.
  • April 2000: Auch die US-Branchenvereinigung Computer and Communications Industry Association (CCIA) bezeichnet Microsoft in einem „White Paper“ mit dem Titel „Windows 2000: Blueprint for Dominance“ als Monopolisten und spricht sich ähnlich wie die SIIA für eine Aufsplittung der Firma von Bill Gates aus.

    Der Richter spricht Microsoft wegen des Verstoßes gegen US-Kartellgesetze schuldig. Jackson erklärt, der weltgrößte Software-Konzern habe seine Marktmacht missbraucht, um im Internet-Geschäft Konkurrenten aus dem Geschäft zu verdrängen. Es folgt unter Anwesenheit von Bill Gates eine Krisensitzung im Weißen Haus in Washington.

  • Mai 2000: Das US-Justizministerium bittet den zuständigen Richter Thomas Jackson um eine Zweiteilung des Softwarekonzerns. Eine oft geforderte Dreiteilung sei dagegen „zu kompliziert“.
  • Juni 2000: Richter Jackson verkündet das Strafmaß für Microsoft: Aufteilung in zwei Bereiche, einer für Betriebssysteme, einer für Applikationen.
  • Juni 2001: Nach monatelangen Querelen und Scharmützeln wegen des weiteren Prozedere hebt das Berufungsgericht die Zerschlagung auf. Es bestätigt einerseits, dass Microsoft gegen Kartellgesetze verstoßen hat, hält andererseits den Beschluss zur Aufteilung aber für überzogen. Dem Richter Jackson wirft das Gericht Befangenheit vor, ein anderer Richter soll den Fall erneut verhandeln.
  • August 2001: Gespräche über eine außergerichtliche Einigung verlaufen zum wiederholten Male im Sande. Microsoft ruft den Obersten Gerichtshof an und fordert die Niederschlagung des gesamten Prozesses.
  • August 2001: Das Berufungsgericht lehnt Microsofts Vorstoß ab, das Verfahren vor einem US-Bezirksgericht bis zur höchstrichterlichen Entscheidung auszusetzen.
  • August 2001: Der Fall geht zurück an die erste Instanz. Übernehmen soll ihn die 58-jährige Richterin Colleen Kollar-Kotelly.
  • September 2001: Das US-Justizministerium verzichtet auf eine Zerschlagung. Fallen gelassen werden auch alle Vorwürfe bezüglich der Integration des Explorer in Windows.
ZDNet.de Redaktion

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