„Hoffnung auf mehr Sicherheit ist unrealistisch“

Offenbar völlig unbemerkt konnten die drei mutmaßlichen Hamburger Terroristen Mohammed Atta, Marwan Al-Shehhi und Ziad Samir ihre Terroranschläge in New York und Washington vorbereiten. Wie ihnen und den übrigen Selbstmordattentätern dies gelang, versuchen die Ermittler nun herauszufinden. Dabei war ihnen möglicherweise die Anonymität der virtuellen Welt des Internets eine wichtige Hilfe.

Das Bundeskriminalamt (BKA) ermittelt unter Nutzern des Münchner E-Mailanbieters GMX nach Hinweisen, das FBI ist ebenfalls auf den Spuren der elektronischen Post und Politiker fordern bereits eine Lockerung des Datenschutzes. Doch gerade beim Internet ist die damit verbundene Hoffnung auf mehr Sicherheit unrealistisch, sagt der Generaldirektor der Europäischen Medieninstituts, Jo Groebel.

Der kostenlose E-Mail-Dienstleister GMX hat die Namen und Adressen von Kunden, die auf einer Newsletter-Empfängerliste für radikale Islamisten gefunden wurden, an das Bundeskriminalamt (BKA) weitergegeben. GMX-Sprecher Stefan Vollmer erklärte gegenüber ZDNet: „Generell dürfen wir nur Daten auf eine richterliche Anordnung hin aushändigen. Das war hier der Fall. Es handelte sich um einige wenige Datensätze, die wohl nur aus Name und Adresse bestanden.“

Das BKA war durch eine im Internet von einem anonymen Hacker verbreitete Liste mit E-Mail-Adressen auf GMX gestoßen. Er hatte einen deutschen Ableger einer britischen Site von radikalen Islamisten geknackt und die Namen von rund 500 Empfängern eines Newsletters auf einen Schweizer Server ins Netz gestellt (ZDNet berichtete).

Doch die von GMX weitergegebenen Adressen werden die Ermittler vermutlich kaum weiterbringen. Denn wer verborgen kommunizieren will, gibt nicht seine Daten an sondern besorgt sich mit falschem Namen und Adresse E-Mail-Zugänge bei Freemail-Anbietern wie GMX, Hotmail oder entsprechenden ausländischen Diensten.

Nur wer eine eigene Homepage ins Internet stellt, hinterlässt auch reale Spuren und wird für die Polizei greifbar. „Der Schwachpunkt für die Terroristen ist, wenn sie plötzlich identifizierbar werden“, sagte Medieninstitut-Direktor Groebel. „An irgendeiner Stelle trifft die Internet-Welt nun mal auch die reale Welt.“ Doch bis zu dieser Stelle sei es mit einem noch so gelockerten Datenschutz praktisch unmöglich, geheime Kontakte aufzudecken, zumal Botschaften verschlüsselt weitergegeben werden können. „Da reicht es ja schon, die ältesten Geheimcodes zu wählen und etwa den Satz ‚ich liebe Dich‘ als Verständigungszeichen zu nehmen.“

Auch der SPD-Bundestagsexperte für Neue Medien, Jörg Tauss, und der SPD-Telekommunikationsexperte Ulrich Kelber warnen angesichts der Unübersichtlichkeit des Netzes vor den geforderten massiven Eingriffen in den Datenschutz. Eine stärkere Überwachung der Kommunikation im Internet gefährde eher die Sicherheit, statt sie zu erhöhen, erklärten die beiden Politiker am Mittwoch.

„Das Öffnen des Internets für staatliche Überwachung schafft Einfallstore für Cyberterroristen.“ Auch das massenhafte Speichern von E-Mails werde vermutlich nur zu Datenmüll führen. Stattdessen müsse der Schutz im Netz gesellschaftlich debattiert werden.

ZDNet hat alle Meldungen zu den Terror-Attacken und ihren Folgen für die IT-Branche in einem News-Report zusammengefasst.

Kontakt:
GMX, Global Message Exchange., Tel.: 089/143390 (günstigsten Tarif anzeigen)

ZDNet.de Redaktion

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