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Supercomputer aus Bio-Molekülen

Der Merckle-Forschungspreis wird am zwölften dieses Monats zum 20. Mal vergeben. Unter den Preisträgern befinden sich die Arbeitsgruppe von Rainer Schuler und Hubert Hug von der Abteilung Theoretische Informatik beziehungsweise Kinderklinik der Universität Ulm für ihr Moleküldesign.

Nach Ansicht der beiden Professoren sind die frühesten Supercomputer der Welt Milliarden von Jahren alt: Moleküle, die lebende Organismen aufbauen, wurden von der strengen Auswahl der Evolution seit Urzeiten darauf trainiert, sich zu perfekt folgerichtigen Strukturen zusammenzufügen. Diese Fähigkeit zur Selbstorganisation lasse sich ausnützen, um Hardwarestrukturen für eine neue Gattung biologischer Hochleistungscomputer aufzubauen. Hug und Schuler nehmen auf diesem Arbeitsgebiet einen großen Forschungserfolg für sich in Anspruch: aufbauend auf Arbeiten von Len Adleman, der 1994 den Prototyp eines DNA-Computers vorgestellt hatte, etablierten sie eine Methode, um mit Hilfe von DNA-Sequenzen mit großen Zahlen zu rechnen.

Die meisten Lebensvorgänge werden von Enzymen katalysiert und durch Wechselwirkungen zwischen Proteinen gesteuert. Diese biochemischen Prozesse lassen sich mit den Aufgaben des Arbeitsspeichers eines Computers vergleichen, wobei die DNA die Funktion eines Informationsspeichers übernimmt. Die Preisträger „übersetzten“ nun die Ziffern von Zahlen in DNA-Sequenzen. Dabei bestand die DNA-Sequenz einer Ziffer aus drei Komponenten: einer Positionsangabe, der notwendigen biochemischen Verarbeitungsanweisung und dem eigentlichen binären Ziffernwert, der Sequenz für die Null oder die Eins. Die so aufgebauten „DNA-Ziffern“ wurden auf einer Oberfläche derart fixiert, dass sie mit molekularbiologischen Standard-Reaktionstechniken wie der Polymerase-Kettenreaktion „geschaltet“ und die Resultate dieser biochemischen Kontaktierung anschließend mittels Farbstoff-markierter Moleküle, die an die Gegenstränge der Null- oder Eins-DNA-Sequenzen binden, abgelesen werden können.

Ein erklärtes Ziel der Forscher ist die Lösung so genannter NP-vollständiger Probleme, der höchsten Schwierigkeitsklasse lösbarer Rechenprobleme. NP-vollständige Probleme treten in allen Teilbereichen der modernen Wissenschaften auf. Sie können auch auf heutigen elektronischen Supercomputern nur für kleine Instanzen vollständig gelöst werden. Schon heute setzt man gelegentlich von genetischen Prozessen abgeleitete Algorithmen ein, die in der Regel eine fast optimale Lösung liefern. Nach dem Vorbild der Natur, hoffen die Preisträger, könnte man solche genetischen Algorithmen von Bio-Computern berechnen lassen. Deren unschlagbarer Vorteil liegt in ihrer massiven Parallelität: der Fähigkeit, Millionen von Rechenschritten gleichzeitig auszuführen.

Der Preis wurde von der Merckle GmbH, Blaubeuren, anlässlich ihres 100jährigen Jubiläums 1981 gestiftet. Die Gesamtdotierung beträgt jetzt 40.000 Mark.

Kontakt:
Universität Ulm, Tel.: 0731/50201 (günstigsten Tarif anzeigen)

ZDNet.de Redaktion

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