Telekom lässt sich bei UMTS Zeit

Mit dem neuen Mobilfunkstandard UMTS lassen sich die Netzbetreiber auf ein beispielloses Wagnis ein. Nie zuvor war es für die Telefonfirmen so schwierig, Erfolg versprechende Angebote zu entwickeln. Wurden nach der milliardenteuren Versteigerung der Lizenzen im Sommer 2000 viele Luftschlösser gebaut, suchen die Firmen nun Bodenhaftung und wollen Schritt für Schritt auf Bestehendem aufbauen.

Telekom-Chef Ron Sommer spricht mittlerweile von einem „Langstreckenlauf in die Mobilfunkzukunft“. Er geht wie viele Experten davon aus, in Deutschland nicht alle der sechs Anbieter es bis ins Ziel schaffen werden. Einer bis drei würden auf der Strecke bleiben werden, schätzt die Branche.

Den Kleinen wie Quam, Viag Interkom, E-Plus oder Mobilcom (Börse Frankfurt: MOB) könnte schnell die Puste ausgehen, wenn sich der deutsche Branchenprimus T-Mobile und Weltmarktführer Vodafone einen gnadenlosen Wettbewerb um die Kunden liefern. Anders als die Briten, die bereits in diesem Herbst mit UMTS an den Start gehen, nimmt T-Mobile einen langen Anlauf und will erst im Sommer 2003 den neuen Multimedia-Standard einführen.

Der Wettlauf um UMTS werde aber „nicht am ersten und auch nicht am zweiten Tag entschieden“, rechtfertigte Sommers Vorstandskollege Kai-Uwe Ricke in Berlin diese Entscheidung. Schließlich wolle T-Mobile seine Kunden „nicht als Versuchskanninchen missbrauchen“. Genau das hat das Unternehmen wie andere Anbieter auch in der Vergangenheit mehrfach getan.

Traumatisiert ist die Branche noch immer durch den Flop der ersten Datendienste unter WAP. Die Technik war nicht ausgereift, die Bedienung schwierig, sinnvolle Dienste fehlten. Auch beim im vergangenen Jahr gestarteten Zwischenstandard GPRS, schneller und etwas komfortabler als WAP, ist der Durchbruch auf dem Massenmarkt ausgeblieben. Die Telekom zählt heute 100.000 Kunden. „Ein paar mehr wären schön gewesen“, heißt es nüchtern aus dem Unternehmen.

Was bei WAP und GPRS noch als Lehrgeld verbucht werden kann, wäre bei UMTS angesichts der hohen Einführungskosten Existenz bedrohend. Auch beim Telekom-Partner Siemens (Börse Frankfurt: SIE) , der in den kommenden zehn Jahren UMTS-Netze und -geräte für Deutschlands Nummer eins liefern wird, ist die Einsicht gereift, dass Technik nicht alles ist. „Wichtiger ist die Akzeptanz auch beim Kunden“, sagt Konzernchef Heinrich von Pierer. „Und die setzt Anwendungen voraus, die den Menschen etwas bringen.“ Doch was ist das?

Telekom-Chef Sommer will zunächst auf Bewährtes setzen und verweist auf den Erfolg von SMS-Kurznachrichten im herkömmlichen Mobilfunknetz. 900 Millionen der Minitexte rauschten zuletzt Monat für Monat über die Telekom-Netze. Bei Preisen von bis rund 20 Cent (39 Pfennig) pro Stück sind sie zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Mit Blick auf UMTS baut T-Mobile die Erfolgsgeschichte SMS aus. Ein Beispiel ist ein SMS-Ableger der TV-Quizshow „Wer wird Millionär?“, der seit Dezember im Programm ist. Kunden bekommen nach und nach 15 Fragen mit je vier möglichen Antworten zugeschickt, die sie per Knopfdruck beantworten müssen – und bei jedem Versuch kassiert T-Mobile mit.

Bis Jahresende will das Unternehmen auch die Möglichkeit bieten, an ihre SMS Bilder anzuhängen, mit UMTS könnten es dann kleine Video-Grüße oder Musikschnipsel sein. Hoffnungsträger sind zudem ortsbezogene Dienste. Da Handy-Nutzer immer und überall geortet werden können, sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Das Mobiltelefon könnte in einer unbekannten Stadt den Weg ins nächste Restaurant oder aus dem Verkehrsstau weisen, beim Vorbeigehen an Geschäften auf Sonderangebote aufmerksam machen oder Freunde in der Nähe signalisieren.

Für was die Kunden wirklich zahlen wollen, wird sich erst in Jahren zeigen. Richard Roy von Microsoft Deutschland (Börse Frankfurt: MSF) verweist auf Studien, wonach Nutzer in Westeuropa für neue Handy-Fuktionen „höchstens einen Preisaufschlag von zehn Prozent akzeptieren“. T-Mobile hofft laut Ricke durch neue Datendienste, seinen monatlichen Umsatz pro Kunde von derzeit 25 Euro „in den nächsten zehn Jahren bis in die hohen 40-er“ zu bringen.

Aktuelles und Grundlegendes zum Universal Mobile Telecommunication System bietet ein News-Report zum Thema UMTS.

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Kontakt: Deutsche Telekom, Tel.: 0800/3301000

ZDNet.de Redaktion

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