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Dell auf Ausbreitungskurs

Austin, Texas – Er hat sich nicht dem allgemeinen Run auf die Produktion von Handhelds angeschlossen. Er hat keine Shops wie Gateway (Börse Frankfurt: GTW) und Apple Computer (Börse Frankfurt: APC) eröffnet. Er hat kurze Zeit einen modisch gestylten PC angeboten, aber das Produkt sechs Monate nach Markteinführung eingestampft.

„Die Kunden sind am besten dazu in der Lage, die richtigen Produkte und Leistungen zu bestimmen“, sagt der 36-jährige CEO von Dell Computer (Börse Frankfurt: DLC) . „Es sind nicht die Menschen in den Labors. Das ist erwiesenermaßen ein sehr schlechter Weg im Produktdesign. Da spürt jede Menge Technik einem Problem nach.“

Diese innewohnende Vorsicht in Kombination mit einem Gespür für das richtige Vorgehen hat sich für das Wunderkind ausgezahlt, das zehn Jahre alt war, als der erste Personal Computer das Licht der Welt erblickte. Vor seinem dreißigsten Lebensjahr hatte Dell ein mehrere Milliarden Dollar schweres Unternehmen aufgebaut und damit den Vertriebsweg für Computer revolutioniert. Gleichzeitig schaffte er es, dass sich seine Gegenspieler in Preiskriegen verzettelten anstatt die Branchenentwicklung zu beobachten.

Immer wieder hat Dells Bereitschaft, Gewinnmargen zugunsten von Marktanteilen zu opfern, ihm den Sieg in diesen Zermürbungskriegen eingebracht. Selbst mit langsamerem Wachstum und fallenden Preisen im PC-Markt ermöglicht das unglaublich effiziente System, das Dell entwickelt hat, ihm, bessere Gewinne einzufahren, als seine Mitbewerber.

Trotz all dieser Erfolge kann Dell es sich nicht leisten, nachzulassen. In dem unnachgiebigen Verlangen nach Wachstum und Gewinnen, dass den Großteil der Hightech-Branche prägt, muss sein Unternehmen neue Gebiete erreichen, um den beeindruckenden Weg fortzusetzen. 2002 und danach liegt die Herausforderung für Dell in der Ausweitung des Unternehmensangebots in genau den profitablen Bereichen, in denen Dell Computer sich bisher kaum mit Ruhm bekleckert hat: Dienstleistungen, Speicher und Netzwerke, die derzeit etwa 20 Prozent der Gewinne produzieren.

Dell muss an seine 6,4 Milliarden Dollar Barreserven (Stand: November) und kurzfristig verfügbaren Wertpapiere gehen, um entweder ein Dienstleistungsunternehmen aufkaufen oder die vorhandenen Bereiche intern ausbauen, urteilen Analysten. All dies zu einem Zeitpunkt, in dem Firmenbudgets knapp sind; Dell blickt auf drei zusammenhängende Quartale mit nachlassenden Gewinnen im Workstation- und Servermarkt zurück. Vorbote einer schlechten Zukunft? Vielleicht, aber daran kann sich die Dell-Formel erproben.

„Es braucht seine Zeit. Wir arbeiten seit 18 Jahren daran“, sagte der Chief Executive in einem Interview mit CNET News.com. „Aber wir konnten feststellen, dass es im Unternehmensmarkt gut funktioniert.“ „Es“ ist der Dell Way, der methodische Angriffsplan des Unternehmens, mit hochpreisigeren Computerkategorien in Basismärkte vorzudringen.

Dell Computer liefert direkt an seine Kunden und hat nur einen Lagervorrat für etwa fünf Tage. Dadurch werden die jährlichen Abschreibungen für Überbevorratung und nicht mehr verkäufliche Waren auf nur 0,1 Prozent gesenkt. Andere Unternehmen wie Compaq Computer, deren Wiederverkäufer mit Lagerware für mehrere Wochen ausstaffiert werden, sitzen bei nachlassenden Verkaufszahlen auf großen Beständen. Die Frage ist, ob Dell diese Strategie auch in den relativ neuen Gebieten fahren kann, in denen Produkte deutlich teurer in der Herstellung sind, als Standard-PCs.

„Dell könnte sich ohne erhebliche Investitionen (im Servicebereich) zu diesem Zeitpunkt nicht gegen IBM oder Compaq behaupten“, sagt Roger Kay, Analyst bei IDC. „Was die globalen Service-Fähigkeiten betrifft, liegt noch ein weiter Weg vor ihnen.“ Aber Michael Dell ist nicht besorgt, denn dies ist nicht die erste Hürde, vor der er steht.

Seitdem er als 19-jähriger sein Studium an der University of Texas schmiss und sein Unternehmen in Austin, ebenfalls Texas, im Jahre 1984 gründete, musste Dell sich von vielen Experten immer wieder anhören, warum ihm der Himmel auf den Kopf fallen würde: begonnen mit dem Börsencrash 1987, der genau mit seinen Vorbereitungen zum Börsengang zusammenfiel. Damals war die Firma weniger als 8 Milliarden Dollar wert, mittlerweile hat der PC-Hersteller ein Umsatzergebnis von 32 Milliarden Dollar für 2001 aufzuweisen. Am bemerkenswertesten ist vielleicht, dass es Dell ohne viel Trara und Tamtam geschafft hat, die Hightech-Branche in den letzten Jahren nicht unerheblich zu beeinflussen.

Das vorsichtige Imperium

Microsoft und Apple sprechen häufig über die sich ändernde Natur der Technik und bringen neue experimentelle Produkte auf den Markt, um angeblich aufgestautes Verlangen zu Geld zu machen. Auf ähnliche Art hat Hewlett-Packards CEO Carly Fiorina die geplante Übernahme von Compaq als epochemachendes Ereignis für das Technologiefeld angekündigt.

Michael Dell ist dagegen ein nüchterner, weniger schillernder Kandidat. Ein Großteil seines Erfolgs beruht darauf, Fehler zu vermeiden, die Wettbewerbern zum Verhängnis wurden und sich auf den Erfolg einiger Dinge zu konzentrieren. Dell Computer hat in seiner Firmengeschichte nur ein Unternehmen, ConvergeNet, übernommen.

Dells Prognose ist konservativ und ist in der gesamten Unternehmenskultur spürbar. Die Firma kündet selten Karussellspiele im Management oder neue Abteilungen an und zieht es vor, die meisten Änderungen in aller Stille vorzunehmen, ohne die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. In Interviews mit der Presse weichen Dell-Manager selten von dieser Strategie ab und verhalten sich, als säße der Boss neben ihnen.

Das Unternehmen hat sich auch ein heutzutage immer selteneres Phänomen auf die Flagge geschrieben: Kundenzufriedenheit. Dell selbst besucht häufig das Call-Center der Firma und nimmt auch mal eine Kundenbestellung am Telefon entgegen. Wenn er auch das Tagesgeschäft an Kevin Rollins übergeben hat, hält Dell doch ein wachsames Auge auf den Betrieb, besonders, wenn es um die Produktentwicklung geht.

Oft ist er der beste Betatester seines Unternehmens. In einem Treffen mit Industrieanalysten hat beispielsweise vor Kurzem den Prototypen eines Rechners mit 802.11b Wireless getestet. Ähnlich wie ein Kunde es wohl tun würde, warf Dell während der Diskussion immer wieder einen Blick auf seine E-Mails. Durch diese Art persönlichen Einsatzes behält Dell den Kontakt zu den Bedürfnissen seiner Kunden.

Auf Technikkonferenzen bittet er beispielsweise die Anwesenden um Handzeichen, wenn Sie Handhelds oder Mobiltelefone dabei haben. Beinahe alle Hände sind dann oben. Dann fragt er, wer Tabellenkalkulationen oder andere PC-Aufgaben auf den Telefonen oder Handhelds ausführt. Fast alle Hände gehen nach unten. Solche Anekdoten zitiert Dell, wenn er sich aus bestimmten Geschäftsbereichen heraushält.

„Wir wissen von keiner anderen Hardwarefirma im Technikbereich, die auf eine ähnliche stabile Vergangenheit und Gegenwart blicken können“, informierte Goldman Sachs am Ende des dritten Geschäftsquartals von Dell Computer im letzten Oktober. Tatsächlich hatte der Mann, der in der Liste der reichsten Amerikaner des „Forbes Magazine“ auf Platz 15 landete, in seiner Karriere stets das letzte Wort gehabt.

Vor nicht allzu langer Zeit spöttelte Scott McNealy, CEO von Sun Microsystems (Börse Frankfurt: SSY) , sein Rivale würde praktisch einen Krämerladen für Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) betreiben, da er lediglich Kisten für Windows-Software und Intel-Chips produziere. Aber wie andere, die Dell Computers für eine Eintagsfliege hielten, hatte McNealy nur teilweise recht. Es ist zwar richtig, dass das Unternehmen kaum das Gelände der Microsoft- und Intel-Technologie verlässt und lediglich 1,5 Prozent des Nettogewinns in Forschung und Entwicklung steckt. Trotzdem funktioniert, was das Unternehmen tut.

Fünf Jahre nach dem Einstieg in den Server-Markt 1996, verkaufte Dell Computer mehr Systeme, als jeder andere Mitbewerber. Ähnlich setzte sich das Unternehmen innerhalb von drei Jahren nach 1997 an die Spitze im Bereich der Workstations. Und während die meisten Rivalen in beiden Märkten Rückgänge hinnehmen müssen, wächst der Marktanteil von Dell Computer weiter. Auch auf der Technologieseite gibt es einen Vorteil. Dell Computer kann die neuesten Microsoft- und Intel-Produkte unmittelbar anbieten, da die Computer nach Kundenwunsch gebaut werden. Als größter Kunde des Wintel-Duopols erhält das Unternehmen auch die größten Mengenrabatte von Microsoft und Intel. Was sagen die Mitbewerber dazu? „Verlieren Sie Geld“, sagt Dell. „Sie konsolidieren. Sie geben auf.“

Die Effizienz des Vertriebswegs zeigt sich in den Zahlen. Dell Computer hatte Ausgaben für den Geschäftsbetrieb in Höhe von 10,3 Prozent im letzten Quartal, Compaq dagegen 21,3 Prozent. Dieser Unterschied gewährt Spielraum für aggressive Preisgestaltung. Anfang der 1990er begann Dell einen Preiskrieg mit den Herstellern teurerer Computer, der schließlich den Rivalen Compaq dazu zwang, den eigenen CEO zu schassen und nach einer neuen Low-cost-Strategie zu suchen. Ein weiterer vernichtender Preiskrieg im letzten Jahr bescherte ihm vier Pluspunkte Marktanteil und entthronte Compaq als weltgrößten PC-Lieferanten.

„Dell hat genug Puffer, mit dem sich – selbst bei sinkendem Margen im eigenen Haus – eine doppelt schnelle Profiterosion bei den Wettbewerbern bewirken ließe“, urteilt Brooks Gray, Senior-Analyst bei Technology Business Research. Das heißt nicht, dass Dell ohne Verluste geblieben ist. Im Kampf um mehr Kosteneffizienz erhielten 4000 Angestellte ihr Kündigungsschreiben. Das war eine bittere Pille, aber das Management konnte damit die Betriebsmargen in den letzten vier Quartalen auf gleicher Höhe halten oder sogar steigern, und das in einem der erbittertsten Preiskämpfe in der Geschichte der Computerindustrie.

Nun, da Dell diese Schlachten überlebt hat, versucht er, sein Darwinistisches Prinzip auf neue Märkte anzuwenden. Im Laufe diesen Jahres wird das Unternehmen neue Produkte in zwei Server-Kategorien anbieten, die nach Dells Aussage erschwinglicher sind, als alles, was die Konkurrenz anzubieten hat.Sinn und Zweck dieser Aussage ist eindeutig eine neue Kriegserklärung.

„Jetzt“, so Dell, „wird’s lustig.“

ZDNet.de Redaktion

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