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Wie Yahoo vom Jugendlichen zum Erwachsenen heranreift

Sunnyvale , Kalifornien – Semel, der als Mit-CEO bei Warner Bros. mehr als zwei Jahrzehnte die Geschicke mitbestimmte holt weder die verschwenderischen Partys, noch die Kämpfe um Parkplätze noch andere viel bespöttelte Klischees der Glitzer- und Glamourwelt ins Tal der Computer. Statt dessen brachte er die harte Seite des Medien- und Unterhaltungsgeschäfts mit, in der gefeuert werden eine Lebenseinstellung ist und wo große Reden von Ergebnissen gestützt werden müssen.

Zwar wurde er anfangs für seine langsamere Gangart kritisiert, doch hat Semel Yahoos (Börse Frankfurt: YHO) Kultur seitdem völlig umgekrempelt. Verschwunden sind ungeregelte und theoretische Diskussionen samt der College-Atmosphäre, die Yahoo zum sprichwörtlichen Dot-Com gemacht hatten. Angestellte, die einstmals freie Hand in der Erforschung spekulativer Wachstumsbereiche hatten, mussten ihre Arbeit und manchmal sogar ihre Daseinsberechtigung rechtfertigen.

Viele Industrieanalysten sind weiterhin skeptisch, dass Semel oder irgendwer sonst in der nächsten Zeit den steilen Abstieg Yahoos aufhalten kann. Aber der 58-jährige Chief Executive hat bereits ein Erbe für die Nachwelt geschaffen, indem er das Unternehmen von der naiven Jugend in die harte Realität der frühen Erwachsenenjahre führte. Währenddessen wird er zu einem Modellbeispiel einer neuen Art Führungspersönlichkeit in der postapokalyptischen Dot-Com-Ära, zu jemandem, der deutlich mehr die unnachgiebigen Forderungen der Wall Street im Auge hat als die flüchtigen Ideen einer digitalen Revolution.

„Die Kultur im Silicon Valley ist stagniert und isoliert“, sagte ein Yahoo-Executive. „Man hat Ahnung von der Technik, nicht aber von den Medien.“ Ein ebenso wichtiger Punkt ist jedoch, ob Terry Semel das Internet versteht oder wenigstens, wie man den steilen Fall eines der Überflieger umkehren kann. Semel hat noch nie eine Publikumsgesellschaft geführt, noch weniger ein ums Überleben ringendes Dot-Com mit den Riesenproblemen, vor denen Yahoo heute steht.

In grob 18 Monaten hat sich das Web-Portal vom scheinbar unbesiegbaren Liebling der Wall Street in ein bedrängtes Unternehmen verwandelt, dass einem Exodus von Schlüsselmanagern zusehen musste. Die Ertragsprognosen für 2001 sind um mehr als 40 Prozent gegenüber Jahresbeginn gestürzt und im letzten Monat hat das Unternehmen die Kündigung von 400 Mitarbeitern, das sind 13 Prozent der Mannschaft, bekannt gegeben.

Die Herausforderung, vor der Yahoo steht, ist für jeden Chief Executive eine echte Aufgabe, aber noch größer ist sie für jemanden, der aus einer völlig anderen Branche Terra Incognita betritt. Semels überraschende Ernennung wurde von vielen elitären Silicon Valleyanern belacht, die jeden schnell abtaten, der nicht Teil ihres inneren Kreises war.

Im Rückblick scheint ein Großteil der Seitenhiebe auf Semel von einer wachsenden Gruppe von Insidern gekommen zu sein, die ihren eigenen Wert immer stärker verteidigen müssen. Als einer der ersten hochprofilierten Erwerbungen sein dem Dot-Com-Zusammenbruch stellt Semel eine Bedrohung für die allgemeine Kompetenz der Internet-Executives dar, von denen viele niemals in die Gewinnzone vordrangen – trotz all ihrer Angeberei und Anmaßung.

Semel dagegen spielte eine wichtige Rolle beim Aufbau von Warner Bros. aus einer Sparte, die weniger als 1 Milliarde Dollar wert war, als er 1978 Chief Operating Officer wurde. Bei seinem Rücktritt 1999 nach fünf Jahren als Mit-CEO betrug der Wert elf Milliarden Dollar. Noch eindrucksvoller sind seine 21 Jahre Erfahrung in der obersten Etage eines der größten Studios in einer Welt, in der Executives nahezu täglich mit dem Ende ihrer Karrieren rechnen müssen.

„Er ist ein erfahrener Führer, der im Angesicht einer Notlage nicht in Panik gerät“, sagt Bob Daly, Semels Partner und Mit-CEO bei Warner Bros. „Er hat schwere Zeiten in seinem Leben durchgemacht und weiß, wie er seinen Kopf bewahrt.“ Trotz alledem weisen Skeptiker darauf hin, dass Semel nicht für sein operatives Geschick bekannt war, bevor er seinen derzeitigen Posten übernahm. Bei Warner Bros. war Daly für die Tagesgeschäfte zuständig und Semel war der Schmoozer für die informellen Treffen, der Geschäftemacher – ein Veteran der Unterhaltungsindustrie, der millionenschwere Verträge verhandelte und Stars wie Mel Gibson und Clint Eastwood praktisch in Franchises des Studios verwandelte.

Dieses Fehlen von praktischer Management-Erfahrung hat Semel zeitweise der Kritik ausgesetzt, dass nicht klar ist, wer denn bei Yahoo das Tagesgeschäft führt. So sind beispielsweise selbst die Mitglieder der oberen Etagen intern unsicher über die Position von President Jeff Mallett, der in diesen Topjob gerutscht ist, als der langgediente CEO Tim Koogle im März seinen Rücktritt bekannt gab. Einige spekulieren, dass Semel Mallett ungern gehen ließe, da er den operativen Betrieb kaum selbst übernehmen könne. (Nach der Veröffentlichung dieses Artikels trat Mallett als Yahoos President zurück).

Semel gibt nur wenig Hinweise auf seinen Managementstil. Kollegen beschreiben ihn als direkten aber leisen Mann, der sich nicht in die Karten blicken lässt und niemals seinem Ärger laut Luft macht, ganz im Gegensatz zu den üblichen Hollywood-Stereotypen. Er scheint seinen Angestellten gegenüber oft gleichgültig zu sein, eine unergründliche Eigenschaft von denen einige behaupten, dass sie erstaunlich effektiv sei, da die Leute ihm gefallen möchten – vielleicht, um einfach nur eine Reaktion zu bewirken.

Dieses stille Auftreten wird durch einen starken Überlebensinstinkt ausgewogen, der von seiner Jugend in Brooklyn, New York, herrührt und durch die vielen Stuhlbein-Säger in den großen Filmstudios ausgeprägt wurde. Semel ist außerordentlich auf seine Privatsphäre bedacht und war daher im Rahmen dieses Artikels auch nicht für CNET News.com zu sprechen.

Gegner behaupten, Semel möge die familiäre Atmosphäre, die vielen Internet-Firmen innewohnt, nicht und habe nicht gewusst, wie er auf unerbetene E-Mails mit Ratschlägen des Personals nach seiner Ankunft reagieren sollte. Wer ihn kennt, warnt jedoch davor, diese scheinbare Unnahbarkeit mit Sorglosigkeit zu verwechseln.

„Wir lassen uns von nichts und niemand außer unserer eigenen Unfähigkeit unterkriegen“, sagte Semel im November gegenüber Wall Street-Analysten und klang dabei mehr wie ein Frontoffizier als ein Medienmogul.

ZDNet.de Redaktion

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