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HP/Compaq: Die Woche der Entscheidung

Der Ringkampf zwischen der forschen Managerin und dem schöngeistigen Millionenerben hält die Wirtschaftswelt seit Monaten in Atem. Jetzt wird ausgezählt: Am Dienstag und Mittwoch entscheiden die Aktionäre von Hewlett-Packard (HP; Börse Frankfurt: HWP) und Compaq (Börse Frankfurt: CPQ) über die bislang größte Unternehmensehe in der Computerbranche.

Setzt sich Walter Hewlett mit seinem Widerstand gegen die Fusion durch, wird erwartet, dass HP-Chefin Carly Fiorina zurücktritt. Gewinnt Fiorina, dürften die Erben der Firmengründer ihren Einfluss in dem Traditionsunternehmen weitgehend verlieren.

In den letzten Tagen vor der Entscheidung bieten die Rivalen nochmals ihre ganze Kraft auf. Eine mehrseitige Zeitungsanzeige des HP-Managements zeigt die legendäre Garage im kalifornischen Palo Alto, in der Bill Hewlett und Dave Packard Ende der 30er Jahre mit ihrer Firma anfingen, sowie den Kaffee- und Kuchenimbiss in Houston, in dem vor 20 Jahren die Gründungsbeschluss für Compaq auf eine Serviette gekritzelt wurde. Auch jetzt gehe es wieder darum, mit dem Zusammenschluss „Geschichte zu machen“, wird an den Pioniergeist der Aktionäre appelliert. „HP hat eine sonnigere Zukunft ohne Compaq“, hält Walter Hewlett in seiner Anzeige dagegen.

Der Kampf bleibt bis zur letzten Minute spannend; gebraucht wird pro Unternehmen eine einfache Mehrheit der bei der Abstimmung vertretenen Aktienanteile. Die Fusion galt zwischenzeitlich unter Experten zwar schon als gescheitert, weil der Widerstand unter den HP-Aktionären wuchs. Doch seit vorletzter Woche kann Fiorina neue Hoffnung schöpfen: Die Anlageberaterfirma ISS votierte für die Fusion. Nach Schätzung von Experten könnte die Vorgabe der ISS 20 bis 25 Prozent der HP-Aktionäre beeinflussen.

Den Segen der EU-Kommission und der US-Kartellbehörde hat die Fusion bereits. Laut ISS können HP und Compaq zusammen einen Jahresumsatz von 82 Milliarden Dollar (93 Milliarden Euro) erwarten und damit nah zum Branchenprimus IBM aufschließen. Das neue Unternehmen wäre mit etwa 140.000 Beschäftigten in rund 160 Ländern präsent. HP will für Compaq nach derzeitigem Aktienwert etwa 22 Milliarden Dollar zahlen. Andererseits rechnet Fiorina mit Einsparungen von mehr als 2,5 Milliarden Dollar jährlich durch den Deal. Mehr als 13.000 Stellen sollen gestrichen werden, auch mehrere hundert in Deutschland. Die 47-jährige Fiorina soll das Mega-Unternehmen leiten – und hat große Pläne: Sie will mit der Fusion nicht nur im harten Wettbewerb auf dem PC-Markt bestehen, sondern zudem IBM die Marktführerschaft bei Rechneranlagen für die Wirtschaft abringen. HP will dazu eine neue und kostengünstige Generation von Rechnern entwickeln, in denen die Betriebssysteme Windows, Linux oder Unix auf den neuen Hochgeschwindigkeitschips von Intel laufen.

Doch der Managerin, die erst seit zweieinhalb Jahren als bisher einzige Frau an der Spitze eines der US-Hightech-Riesen steht, ist einflussreiche Gegnerschaft erwachsen. Die Erben der Firmengründer leisten geschlossen Widerstand. Sie halten 18 Prozent der HP-Aktien. Ihr Sprecher Walter Hewlett ist ein Multitalent, ein passionierter Softwareentwickler, der auch einen Doktor in Musik hat und zehn Instrumente beherrscht. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass er auch eine Begabung für PR hat. Hewlett kritisiert, dass das schwächelnde PC-Geschäft bei Compaq erhebliche Risiken berge. Er sagt dauerhafte Verluste für die Aktionäre voraus und beruft sich auf den seit Bekanntgabe der Fusionspläne um etwa zwölf Prozent abgestürzten HP-Kurs. Als Alternative schlägt er vor, dass sich HP auf seine Stärken bei Druckern und Bildverarbeitung besinnt.

Jenseits von Argumenten ist die Auseinandersetzung in eine Schlammschlacht ausgeartet. Fiorina & Co. stellen Hewlett als ahnungslosen „Musiker und Akademiker“ hin. Hewlett hält Fiorina vor, ihr Projekt sei keineswegs Frucht langer Planung – sondern lediglich eines „überraschenden Telefonats“ mit Compaq-Chef Michael Capellas nur wenige Monate vor Bekanntgabe der Pläne.

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