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IBM und Microsoft planen Übernahme des Internets

Obwohl seitens eines unabhängigen Standardisierungsorgans die offizielle Anerkennung der Technologien, welche die Grundlage für die Internet-Maut bilden könnten, noch aussteht, könnte die geballte Kraft von IBM und Microsoft ausreichen, Internet-Standardisierungsgremien zu machtlosen Zuschauern zu machen. Wer kann die beiden aufhalten?

Die potenzielle Möglichkeit der beiden Riesen zur Errichtung der „Mauthäuschen“ hat mit der Wahrscheinlichkeit zu tun, dass Webservice-Protokolle wie SOAP, WSDL und UDDI – und die damit verbundenen Techniken, welche die beiden Unternehmen patentiert haben oder an denen sie sonstige geistige Eigentumsrechte besitzen – eines Tages eine ebenso große Bedeutung erlangen wie die Standardprotokolle (z.B. TCP/IP und HTTP), auf denen das Internet heute basiert. Webservices und die Protokolle, die diese möglich machen, spielen eine wichtige Rolle für den größten Teil des elektronischen Handels (oder sogar den gesamten elektronischen Handel) und für den sonstigen Internet-Verkehr.

Werden die Protokolle zu Standards, was entweder durch die Anerkennung einer unabhängigen Standardisierungsorganisation oder über das Erlangen eines De-facto-Status erreicht wird, könnten IBM und Microsoft – oder jedes andere Unternehmen, das im Besitz der geistigen Eigentumsrechte ist – in legaler Weise Gebühren für den auf ihrer Grundlage durchgeführten Verkehr erheben. Tatsächlich ist es so, dass alle Protokolle, die Teil der Kern-Infrastruktur des Internet werden, ohne dass sie zur kostenlosen Nutzung bereitgestellt wurden, den Besitzern der geistigen Eigentumsrechte an diesen Protokollen das Recht geben, den von diesen Protokollen abhängigen Internet-Verkehr zu „besteuern“.

Eine solche Nutzungsgebühr könnte sowohl direkt als auch indirekt greifen. Für Websites, die nicht zur kostenlosen Nutzung freigegebene Protokolle verwenden (und für die IBM und Microsoft geistige Eigentumsrechte geltend machen) könnten nutzungsabhängige oder jährliche Lizenzgebühren anfallen. Wettbewerber von IBM und Microsoft könnten gezwungen werden, Gebühren zu zahlen, bevor sie die Erlaubnis erhalten, Tools und Produkte zur Entwicklung solcher Sites zu verkaufen. Diese Anbieter wiederum könnten sich entschließen, ihre zusätzlichen Kosten an die Kunden weiterzugeben oder auch ihre Produkte überhaupt nicht zu entwickeln und zu verkaufen – wodurch die Zahl der im Wettbewerb stehenden Alternativen reduziert würde. Im unwahrscheinlichsten aller Szenarien könnten Benutzer von Internet-Anwendungen, die auf diese Protokolle angewiesen sind, für die gemessene Nutzung der Protokolle zu zahlen haben. Zurzeit existieren hierfür keinerlei plausible oder global skalierbare Mechanismen.

Kein Standard-Regelwerk
Die Aufstellung der Internet- und Web-Standards hat zum größten Teil innerhalb der Arbeitsgruppen zweier Organisationen stattgefunden: der Internet Engineering Task Force (IETF) und dem World Wide Web Consortium (W3C). Bis vor kurzem hatte keine der beiden Organisationen Regelungen aufgestellt, die von den Anbietern verlangte, das geistige Eigentum, das sie zum Standardisierungsprozess beitragen, auf kostenloser Basis zur Verfügung zu stellen. Der Vorsitzende der W3C Patent Policy Working Group, Danny Weitzner, bemerkte hierzu, dass trotz einer fehlenden Regelung unter den verschiedenen Unternehmen und Personen, die Beiträge zu Web und Internet leisteten, stets das Einvernehmen herrschte, dass das Internet und das Web nicht denkbar oder auch skalierbar sei, wenn ihre Beiträge nicht jedermann kostenlos zur Verfügung stünden.

Doch dieses Gentleman’s Agreement wurde über die Jahre mehrmals in Frage gestellt und könnte nun erneut durch Microsoft und IBM bedroht werden. Nach Dokumenten auf der Website des W3C besitzen IBM und Microsoft nicht nur geistige Eigentumsrechte an den Protokollen bestimmter Webservices, sondern zeigen darüber hinaus die Absicht, ihre Rechte an diesen Protokollen auch dann nicht aufzugeben, falls diese zu Standards werden sollten. Diese Dokumente zeigen, dass die beiden Unternehmen derzeit ihre Rechte behalten, um ein angemessenes und nicht diskriminierendes (Reasonable and Non-Discriminatory – RAND) Lizenzierungs-Rahmenwerk anzustreben, das einem Rahmenwerk auf kostenloser Basis entgegenstünde. Das RAND-Rahmenwerk ist weithin als dasjenige Rahmenwerk anerkannt, das die Optionen eines Anbieters in Bezug auf dessen Möglichkeiten zur Erhebung von Gebühren bei den Entwicklern von Inhalten und den Internet-Benutzern für die Nutzung des betreffenden geistigen Eigentums offen hält.

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ZDNet.de Redaktion

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