Die Menschen erkennen jetzt, dass der ganze Markt selbst nichts als eine Seifenblase war, dass seine von Analysten getriebenen Kauf- und Verkaufsempfehlungen falsch waren – wie z.B. die des ehemaligen Merrill Lynch-Analysten Henry Blodgett, der für seine öffentlichen Kaufempfehlungen berühmt wurde und der seinen Kollegen gleichzeitig riet, bestimmte Aktien nicht anzurühren. Die Probleme an der Wall Street reichen tiefer als nur bis zu unmoralischen Beziehungen zwischen Investment-Bankern und Analysten, zweifelhaften Buchhaltungsmethoden, dem Unvermögen, Pläne für Aktien-Optionen gegen Gewinne aufzuwiegen, und tiefer als bis zu wahnwitzigen Gehaltsabschlüssen für die CEOs, die dazu geführt haben, dass so mancher die von ihm in den Ruin getriebene Firma mit Abfindungen verließ, die einem Lottogewinn gleichkamen.
Schwerwiegender als all dies ist das bei einer vierteljährlichen Berichtstellung unvermeidliche kurzfristige Denken. Dies lenkt das Management vom Aufbau des Geschäfts ab und fesselt es an den Terminkalender der Wall Street, auf Kosten aller Aktionäre.
CEOs sind nun so sehr mit Aktienkursen beschäftigt und damit, sich bei den Analysten einzuschmeicheln, dass sie in den Augen ihrer Angestellten plötzlich eine völlig andere Sprache sprechen. Eine Sprache, die so sehr mit Wall-Street-Jargon und den neuesten „In“-Schlagwörtern der Management-Szene gespickt ist, dass es Teil der Aufgabe des mittleren Managements geworden ist, diese Sprache zu übersetzen und zu interpretieren.
Man kann natürlich den Blickpunkt von The Economist teilen, der behauptet, dass der Schaden, den das Wall-Street-Modell des Kapitalismus genommen hat, übertrieben dargestellt werde und dass die US-Ökonomie im Grunde gesund sei und die Schwierigkeiten überstehen werde. Vielleicht ist das so, aber selbst wenn The Economist Recht hat, wird davon ausgegangen, dass der Wirtschaftsansatz der Wall Street zumindest eine umfassende Reform benötigt und dass der blinde Export der Wall Street-Handlungsmuster in die restliche Welt nun einer ernsthaften Begrenzung bedarf. Will Huttons Buch „The World We’re In“ zeigt einige alternative Strömungen des Kapitalismus auf und bezeichnet weltweit erfolgreiche europäische Unternehmen wie Nokia, Volkswagen und AirBus als Organisationen, die das, was er als die „in steigendem Maße verwilderte Form des Kapitalismus“ der Wall Street bezeichnet, abgelehnt haben.
Über Volkswagen sagt er: „Es gibt kaum ein Grundprinzip des Regelbuchs des konservativen Freimarkts, das nicht von Volkswagen verletzt würde. Trotzdem ist VW auch weiterhin Europas größter Autobauer und konnte seinen Marktanteil seit 1993 von 16 Prozent auf 19 Prozent erhöhen – zum großen Teil auf Kosten von General Motors und Ford. Selbst im US-Markt erhöhte sich VWs Marktanteil im gleichen Zeitraum um 2 Prozent.“ Er bemerkt außerdem: „Nokias Erfolg ist legendär; die Firma besitzt 35 Prozent des Weltmarktes – doppelt so viel wie Motorola“, aber trotzdem: „Für die konservativen Theoretiker haben solche Unternehmen kein Recht auf so einen Erfolg.“
Der Punkt ist dieser: Etwas ist faul im Staate Wall Street – und diese Faulheit war so lange und so eng mit den Internet- und Technologie-Sektoren verknüpft, dass die meisten Menschen nicht mehr erkennen können, wo das eine aufhört und das andere beginnt. Wichtiger noch, wurde von China bis nach Europa gezeigt, dass das Spiel aus ist und dass die Wall-Street-Methode der Unternehmensfinanzierung nicht den einzigen möglichen Weg darstellt. Das heißt nicht, dass man die Schuld an allen Missständen des Technologiesektors auf die Wall Street schieben sollte. Ein Teil der Schuld gehört genau an die andere Küste der USA, in das Silicon Valley, wo der Wahnsinn des Zu-Viel-Versprechens, des Zu-Wenig-Haltens und des allgemeinen schnellen Reichtums zuerst ausgelöst wurde.
Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen der Technologie-Branche und der Wall Street. Während des gesamten Börsenwahnsinns der späten 90er und des anschließenden Crashs produzierte die Technologie-Branche Dinge von Wert: Pentium 4 Prozessoren, Bluetooth, LCD-Bildschirme, iMacs, iPods, Windows XP, Suchmaschinen, drahtlose Netzwerkstandards (Wi-Fi), UMTS (Mobilfunk der 3. Generation) und interaktives Fernsehen. Diese Technologien liefern ihren Anwendern ganz von selbst jeden Tag der Woche einen Wert. Der Technologie-Sektor hat also im Grunde genommen seine Arbeit erledigt. Er stellte Technologie-Produkte her, die die Effizienz von Unternehmen und die Qualität der Freizeit der Verbraucher bedeutend gesteigert haben. Die Aufgabe der Wall Street bestand in dieser Zeit darin, nach dem Geld zu schauen. Nun raten Sie mal, was dabei herausgekommen ist? – Ihr Rentenfonds hat jetzt ein riesiges Loch!
Der zweite wichtige Unterschied zwischen der Wall Street und der Technologie-Branche besteht darin, dass letztere sich ihren Fehlern stellt und einen schmerzhaften Prozess begonnen hat, der den Wiederaufbau ihres Wertansatzes um die Grundsätze des Angebots von echtem Mehrwert für Kunden und garantiertem Nutzen aus Technologieausgaben beinhaltet.
Beim Online-Gaming kommt es nicht nur auf das eigene Können an. Auch die technischen Voraussetzungen…
Fast jedes zweite Unternehmen bietet keinerlei Schulungen an. In den übrigen Betrieben profitieren oft nur…
Huawei stellt auf der Connect Europe 2024 in Paris mit Xinghe Intelligent Network eine erweiterte…
Höchste Zeit für eine schnelle Kupfer-Glas-Migration. Bis 2030 soll in Deutschland Glasfaser flächendeckend ausgerollt sein.
Schon im April 2025 soll Android 16 den Status Plattformstabilität erreichen. Entwicklern gibt Google danach…
Die Hintermänner setzen KI-Chatbot-Tools als Köder ein. Opfer fangen sich den Infostealer JarkaStealer ein.