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Wann endet die Technologie-Rezession?

Wird die Wall Street die gleiche Medizin schlucken? Wird sie den Wertansatz, den sie ihren Kunden anbietet, grundlegend überprüfen? Wird sie etwas dafür tun, ihre eigene Agenda der Käufe und Verkäufe, Fusionen und Akquisitionen umzustürzen, und die bestmöglichen langfristigen Zinsen für Aktionäre, Angestellte und Verbraucher darüber stellen? Hat die Wall Street ihre Lektion gelernt – oder wird sie die IT-Branche einfach hinter sich lassen und genau das gleiche noch einmal mit den aufstrebenden Branchen der Nano-Technologie und Bio-Technologie machen?

Da das Schicksal der Wall Street eng mit dem Technologie-Sektor verflochten ist und weil einige Technologie-Firmen selbst zu den größten Unternehmen der Welt gehören, ist eine allgemeine Erholung der Märkte nötig, bevor das Vertrauen wieder so weit gestiegen sein wird, dass auch die IT-Ausgaben steigen können. Einfacher ausgedrückt: Eine im Technologie-Sektor ausgelöste Rezession erfordert eine allgemeine Erholung der Weltwirtschaft, bevor der Technologie-Sektor selbst wieder auf die Füße kommen kann.

Obgleich das Verhältnis zwischen guten und schlechten Nachrichten aus dem Technologie-Bereich im letzten Monat negativ war (SAP, IBM und Intel haben zu der düsteren Stimmung beigetragen), ist der langfristige Trend seit Anfang des Jahres eher positiv. Die Financial Times berichtete vor kurzem, dass das Niveau des Unternehmer-Vertrauens zu Beginn des Jahres unter 34 Führungskräften von multinationalen Konzernen leicht gestiegen war – selbst wenn sie zum größten Teil noch nicht gewillt sind, IT- oder Kapitalausgaben zu erhöhen.

Im Grunde benötigen Unternehmen immer noch eine IT-Infrastruktur und kaufen Verbraucher immer noch PCs und Software – allerdings zu einer sich verlangsamenden Rate und mit einem verlängerten Aktualisierungszyklus. Die Akzeptanz des Internets befindet sich immer noch im Aufwind, denn viele Haushalte und Unternehmen bauen ihren Anschluss inzwischen zu einer Breitbandverbindung aus. Es gibt keine realen Anzeichen dafür, das Unternehmen einen Ausstieg aus dem IT-Bereich wählen – und ihre LANs, Notebooks, Human-Resources-Software oder Intranets wieder abschaffen würden.

Noch ermutigender ist es, allmählich zu sehen, dass der Technologie-Sektor langsam eine Antwort auf die entscheidende Frage gefunden hat, die seit dem Crash den Weg versperrt: Wofür ist das Internet in der Welt nach der Dotcom-Seifenblase gut? Die Antwort könnte möglicherweise lauten: für Web-Services – in einem breitbandigen, drahtlosen Ökosystem, in dem Dienste und Daten auf den verschiedensten Geräten nahtlos zur Verfügung stehen.

Wann wird die Technologie-Rezession also zu Ende sein? Sobald die Unternehmen wieder mehr Geld für IT ausgeben – das ist die beste Richtlinie. Die Aktienkurse der Technologie-Unternehmen sind zu stark belastet, selbst jetzt noch, um einen zuverlässigen Anhaltspunkt liefern zu können. Es gibt allerdings eine neue Tendenz, direkt über den Zustand des Marktes zu sprechen – die von CEOs herausgebrachten Richtlinien verdienen nun also eine große Aufmerksamkeit.

Hinsichtlich der Märkte sagen einige, dass die dunkelste Stunde die Stunde direkt vor der Morgendämmerung sei und wir uns momentan genau dort befinden. Andere glauben, dass die Märkte weiter fallen und sich bis 2004 am unteren Ende einer Talsohle bewegen werden. Das wichtigste für den Technologie-Sektor ist es, die Lektion aus seiner Beziehung zur Wall Street gelernt zu haben.

Wenn das von beiden Seiten verbessert und verstanden werden kann, dann wird dieser Crash auch etwas Gutes gehabt haben. Wenn sich daraus bessere Marktregulierung und stärker ethische Geschäftspraktiken ergeben, werden diese willkommen sein. Wenn es Unternehmen ermöglicht wird, sich mehr auf lange Sicht aufzubauen, und wenn Start-ups weniger blauäugig über den Run auf ihre Erstemission an der Börse sind – und sich eher darauf konzentrieren können, ihr Geschäft aufzubauen, anstatt über Ausstiegs-Strategien nachzudenken, dann werden auch diese Entwicklungen willkommen sein.

In letzter Konsequenz liegt die Verantwortung dafür, dass Wall Street neu aufgebaut und dass die Zeche für ihre Fehler gezahlt wird, bei uns selbst. Wir bekommen den Markt, den wir verdienen. Wenn wir Wall Street und die Stadt wie ein Casino behandeln und erwarten, dass sie unsere Rentenfonds jährlich im zweistelligen Bereich wachsen lassen, dann wird sich der Markt auch wie ein Casino verhalten. Will man einen höheren Verhaltensstandard – und will man, dass Finanzinstitute wahres Engagement in bezug auf Technologie und andere entscheidende Marktsektoren zeigen -, dann sollte man seinen Worten auch Taten folgen lassen und den Mund aufmachen, wenn der Markt oder Leute, die im Markt arbeiten, sich auf eine Weise verhalten, die man nicht gutheißt, oder Investitionen tätigen, die man nicht gutheißen kann.

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ZDNet.de Redaktion

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