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Drehbuch oder Gesetzbuch?

Michael Eisner und Steve Jobs galten einst als Musterbeispiele für die alten und die neuen Medien – in letzter Zeit sind sie jedoch nicht gut aufeinander zu sprechen.

Die Ursache ihres gegenwärtigen, fast schon filmreifen Streits liegt ausgerechnet in der Grundlage für den Erfolg ihrer früheren Zusammenarbeit – der digitalen Technologie.

„Zumindest ein Verantwortlicher eines High-Tech-Unternehmens hat illegalen Content als ‚Killer-Anwendung‘ bezeichnet, welche die Nachfrage der Verbraucher nach Breitbandverbindungen vorantreibe“, so Eisner, Chief Executive von Walt Disney, zu Beginn dieses Jahres in seiner Aussage bei einer Senatsanhörung zu Copyright-Verletzungen. „Leider haben uns andere High-Tech-Firmen einfach nur darüber belehrt, dass sie nicht verpflichtet sind, uns bei der Lösung dessen zu helfen, was sie als ‚unser Problem‘ bezeichnen.“

Eisner erwähnte dabei weder Jobs noch dessen Unternehmen Apple Computer und Pixar Animation, doch das war auch gar nicht nötig. Disneys neueste Maßnahmen zum Schutz digitaler Inhalte, denen sich die anderen großen Studios aus Capitol Hill und anderswo angeschlossen haben, kommen einem Angriff auf die gesamte Computerbranche gleich. Am Donnerstag, wenn die Federal Communications Commission zur Erörterung des Kopierschutzes für digitale Inhalte zusammentritt, wird die Thematik einer eingehenden Prüfung unterzogen werden.

Hollywoods Hassliebe zu den neuen Technologien unterstreicht die Entschlossenheit der Filmstudios, eine „Napsterisierung“ zu vermeiden, wie einige den Einfluss des digitalen Datenaustauschs auf die Musikbranche kurz bezeichnen, der zu starken Rückgängen der Verkaufszahlen geführt hat. In dem Maße, wie sich High-Tech-Unternehmen immer stärker auf digitales Entertainment konzentrieren, setzt die Filmindustrie alles daran, um die Verwendung und den Vertrieb ihrer Arbeit zu kontrollieren.

Gleichzeitig erkennen die Studios aber auch die lukrativen Möglichkeiten, die interaktive Programmgestaltung und andere moderne Video-Dienste bieten können. Sie müssen darauf achten, sich nicht selbst von neuen Einnahmequellen auszuschließen. Denn im Zuge der zunehmenden Verschmelzung von Fernsehen, Computer und Unterhaltungsangeboten im Privathaushalt entstehen unzählige Anwendungen der nächsten Generation wie Set-Top-Boxen für Fernseher, hochauflösende Programme sowie digitale Kabel- und drahtlose Netzwerksysteme.

Obgleich bereits seit Jahren Raubkopien angefertigt werden, beobachten die Leitungen der Studios mit wachsender Besorgnis, wie die Entwicklung solcher Konvergenzprodukte laufend zunimmt. Als Reaktion darauf haben sie einen riskanten Balanceakt gestartet, der die Zukunft für alle drei Branchen, für milliardenschwere Märkte und für jeden Besitzer eines Fernsehers oder eines Computers entscheiden könnte.

„Es gibt Studio-Bosse, die gerne an uns lizenzieren würden, dies aber von ihren Mutterunternehmen nicht erlaubt bekommen“, sagte Jonathan Taplin, CEO von Intertainer, einem Video-on-Demand-Service im Internet, der über Content-Licensing-Vereinbarungen mit einigen Hollywood-Studios verfügt. „Wir befinden uns hier auf sehr riskantem Gebiet. Die fünf Studios planen, ihre eigenen Geschäfte in diesem Bereich aufzubauen, wobei sie mich nicht unbedingt so behandeln werden, wie sie sich gegenseitig behandeln.“

Bis vor kurzer Zeit verfolgte die Unterhaltungsbranche bezüglich der digitalen Revolution noch zwei Strategien: Sie unterstützte Technologien zur Vermeidung von Raubkopien und führte Prozesse gegen Entwickler von Hard- und Software, die ihren Interessen im Wege stand. Heute konzentriert sich Hollywood eher auf eine dritte Option, die Gesetzgebung, was dem Problem eine ganz neue Dimension verleiht.

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ZDNet.de Redaktion

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