Der Sonntagsausflug zum Wahllokal wird den Wählern in Deutschland auch zur Bundestagswahl 2006 erhalten bleiben. Das E-Voting, die Wahl vom heimischen PC aus, wird bei Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen frühestens in fünf bis sechs Jahren möglich sein, die tatsächliche Durchsetzung wohl noch länger auf sich warten lassen, schätzen Experten der erst vor kurzem umfirmierten Unternehmensberatung Mummert Consulting (früher Mummert & Partner).
Bereits jetzt würden sich bei Online-Wahlen über 20 Millionen Deutsche den Weg zur Urne sparen können, da sie einen Internet-Anschluss besitzen. Immer mehr Anwender gehen in Deutschland online. Dass die Deutschen lieber etwas anderes machen, als in die Wahllokale zu rennen, zeigt die derzeitige Option der Briefwahl. Bereits 16 Prozent der Wahlberechtigten nutzten 1998 diese Möglichkeit zur Stimmabgabe und die Zahl der Briefwähler steigt stetig, laut der Studie.
Bisher wurde die elektronische Stimmabgabe nur in großen Unternehmen bei Betriebsrats- oder Studienparlamentswahlen eingesetzt. So wählten beispielsweise rund 7000 Mitarbeiter der T-Systems CMS einen neuen Betriebsrat, der binnen Sekunden ermittelt war. Auch Studenten der Universität Osnabrück konnten ihr Parlament per Mausklick wählen. Fortschritt kommt laut Mummert Consulting auch hier aus dem Ausland: Bereits vor zwei Jahren bot die Demokratische Partei im US-Bundesstaat Arizona elektronische Vorwahlen an. Die Demokraten konnten per Mausklick entscheiden, wer landesweit für ihre Partei ins Rennen gehen sollte. Estland plant, zu den Parlamentswahlen im kommenden Jahr E-Voting anzubieten.
Die Organisation einer Online-Wahl wird umso schwieriger, je größer der Wählerkreis ist. Die Einführung kann daher nur Schritt für Schritt erfolgen. Schritt eins: Online-Wahl im zuständigen Wahllokal, wobei Mitarbeiter die Identität persönlich überprüfen. Schritt zwei: Jeder Wähler kann in jedem beliebigen Wahllokal abstimmen, wenn er Ausweis und Wahlkarte vorlegt. Schritt drei: Die Bürger wählen vom heimischen PC aus und identifizieren sich per digitale Signatur. Deren Einführung wiederum verlief bisher allerdings schleppend.
Neben technischen Problemen gibt es auch eine Reihe rechtlicher Hürden: So ist zwar die Vernichtung der Papier-Wahlunterlagen eindeutig geregelt, für Online-Wahlen müsste der Gesetzgeber jedoch eine neue Regelung finden. Außerdem sieht das derzeitige Wahlgesetz nur den Gang zur Wahlurne oder die Briefwahl vor – die Möglichkeit zur Online-Wahl besteht rechtlich nicht. Zugelassen ist nur die Stimmabgabe mittels elektronischer Wahlgeräte in den Wahllokalen.
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