Den Gestus des triumphierenden Siegers hat sich Microsoft-Mitbegründer Bill Gates versagt, als er das wegweisende Urteil aus der Hauptstadt kommentierte. Der Urteilsspruch der Washingtoner Richterin Colleen Kollar-Kotelly sei ein „harter, aber fairer Kompromiss“, sagte er. Konkurrenten und unabhängige Beobachter wählten deutlichere Worte. „Das Urteil ist für Microsoft ein Sieg auf der ganzen Linie“, meint etwa der Juraprofessor Bob Lande von der Universität Baltimore.
Das juristische Tauziehen um den Software-Giganten sei zumindest in den USA „zu 99 Prozent vorbei“. Der Handelsverband Procomp beklagt, dass die US-Justiz vor einem Konzern „kapituliert“ habe, der die Industrie „seit zehn Jahren terrorisiert“. Die zum Teil rüde Art und Weise, in der Microsoft seit Mitte der 90er Jahre seine beherrschende Stellung auf dem Softwaremarkt ausbaute und Mitbewerber verdrängte, hatte dem Konzern eine Flut von Klagen beschert.
Im vergangenen Jahr verzichtete das US-Justizministerium aber auf die angedrohte Zerschlagung des Monopolisten, dessen Betriebsprogramm Windows inzwischen auf neun von zehn PCs weltweit läuft. Im Gegenzug einigte sich Microsoft im November 2001 mit dem Ministerium und mehreren klagenden US-Bundesstaaten auf einen Kompromiss, den die Washingtoner Richterin Kollar-Kotelly nun nach mehreren Monaten Verhandlungen billigte. Der Kompromiss vom November sieht vor, dass Microsoft den Computerherstellern mehr Freiheiten bei der Verwendung von Windows einräumt.
So sollen auch Internet-Browser oder Media Player von der Konkurrenz in das System eingebaut werden können. Um dies zu ermöglichen, muss Microsoft den PC-Bauern mehr der bislang geheimen technische Daten über Windows liefern. Begonnen hatte die Auseinandersetzung seinerzeit, nachdem Microsoft seinen Internet Explorer in sein marktbeherrschendes Betriebssystem Windows eingebaut hatte. Die konkurrierende Internet-Zugangssoftware der Firma Netscape wurde damit am Markt auf Platz zwei verdrängt. Justizministerium und klagende Bundesstaaten warfen Microsoft vor, sein Monopol bei den Betriebssystemen zu missbrauchen – der Beginn einer jahrelangen Prozessserie vor US-Gerichten.
Procomp-Präsident Mike Pettit, der unter anderem von den Microsoft-Gegnern AOL Time Warner und Sun Microsystems unterstützt wird, hat das Urteil aus Washington nach eigenem Bekunden „mit Schaudern“ aufgenommen. „Es wird wahrscheinlich ein Jahrzehnt dauern, bis wir merken, wie kurzsichtig diese Entscheidung ist“, sagt Pettit. Die US-Regierung habe nun an unzählige innovative Kleinunternehmer „die Parole ausgegeben: Wir werden euch nicht schützen, wenn Monopolisten wie Microsoft ausholen, um euch platt zu machen“. Die Industrie werde nun „beinahe vollständig vom mächtigsten Monopolisten der Geschichte kontrolliert“.
Der Wirtschaftswissenschaftler Nicholas Economides von der New York University hält dem Urteilsspruch immerhin zugute, dass er mehr Klarheit in die vertrackte Situation gebracht habe: „Die Ungewissheit, die Microsoft zuletzt umgeben hat, ist nun größtenteils weggeräumt.“ Für Microsoft sei das Urteil „sehr gut“. Wenn es nach den Konkurrenten von Microsoft geht, ist der Kampf gegen den Riesen aber noch nicht vorbei. Paul Cappuccio, Anwalt von AOL Time Warner, hat bereits angekündigt: Die „Anstrengung, dem Microsoft-Monopol Einhalt zu gebieten“, sei „noch nicht zu Ende“.
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