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Reiner Tisch zum Machtwechsel bei der Telekom

Rekorde sind bei der Deutschen Telekom (Börse Frankfurt: DTE) zurzeit immer nur Horrormeldungen. Mit Abschreibungen bis zu 28 Milliarden Euro könnte der Bonner Konzern in diesem Jahr den höchsten Verlust ausweisen, den je ein Unternehmen im Deutschen Aktienindex (DAX) erwirtschaftet hat. Damit dürften für die Aktionäre auch die letzten Hoffnungen auf eine Dividende zerstoben sein.

Experten halten die Radikalkur jedoch für einen heilsamen Schock, durch den der voraussichtliche neue Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke ein Zeichen für einen Neuanfang setzen kann. Schon lange verlangen Experten, dass die Telekom vor allem bei der für fast 40 Milliarden Euro eingekauften US-Mobilfunktochter Voicestream Farbe bekennt und sich von einem Bilanzwert verabschiedet, der noch aus der Boom-Zeit der Telekom-Euphorie stammt.

„Für Voicestream wurde wie bei allen anderen Übernahmen zu der Zeit ein überzogener Marktpreis gezahlt“, sagt Joachim Koller, Analyst beim Bankhaus Merck und Finck in München. Auch für die UMTS-Mobilfunk-Lizenzen stehen in den Büchern des Unternehmens noch immer deutlich zu viel. Wenn jetzt die Bilanz bereinigt werde, sei dies „durchaus positiv“, sagt Koller. „Damit wird die Unsicherheit von der Aktie genommen.“ Hoffnungen auf kurzfristig steigende Kurse wegen der Abschreibungen bräuchten sich die Aktionäre aber nicht machen, meint Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin. „Die Abschreibungen sind natürlich längst im Kurs drin.“

Aktionärsschützer kritisieren, dass die Telekom so lange gezögert habe, reinen Tisch zu machen. „Dass Sonderabschreibungen in Milliardenhöhe nötig sind, haben die Spatzen schon vor einem Jahr von den Dächern gepfiffen“, sagt Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Damit hätte die Telekom auch schon im letzten Jahr den Rotstift ansetzen können. „Denn welche aktuellen Entwicklungen bei Voicestream rechtfertigen diesen Schritt erst jetzt?“, fragt der Aktionärschützer. „So richtig seriös ist das nicht.“

Tatsächlich sieht die Lage bei Voicestream inzwischen besser aus als noch vor einigen Monaten. „Das Unternehmen macht große Fortschritte mit neuen Produkten“, sagt Koller. Nach Presseberichten konnte Voicestream im dritten Quartal 40 Prozent aller Neukunden auf dem US-Markt für sich gewinnen. Nach Angaben aus Telekom-Kreisen ist ein Verkauf der US-Tochter mittlerweile auch vom Tisch. Marktgerüchten zufolge gibt es aber Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss mit den US-Konkurrenten. Experten vermuten, dass die Telekom eine solchen Schritt erst tut, wenn Voicestream gut im Markt aufgestellt ist und das Unternehmen aus einer Position der Stärke in eine Fusion gehen kann. Hält die Telekom an Voicestream fest, kann sie in den kommenden Jahren nur über Preiserhöhungen und Einsparungen in die schwarzen Zahlen kommen.

Der Konzern plant deshalb eine Erhöhung der Grundgebühr zum 1. Februar um 1,15 Euro auf 14,48 Euro. Allerdings senkt die Telekom gleichzeitig die Preise für Orts- und Ferngespräche. Mittelfristig sparen könne das Unternehmen vor allem bei den Personalkosten, meint Hallmann. Hier hat Übergangschef Helmut Sihler bereits die Streichung von 50.000 der weltweit rund 250.000 Stellen angekündigt. „Arbeitsplatzabbau kostet aber zunächst einmal Geld“, sagt Hallmann mit Blick auf Abfindungen und Sozialpläne. „Einsparungen kommen deshalb erst 2004/2005 zum Tragen.“ Insgesamt gebe es aber einen Silberstreif am Horizont, meinen die Experten. Sollte es tatsächlich zu den Großabschreibungen kommen, könne die Telekom „schon 2004 wieder schwarze Zahlen schreiben“, sagt Koller.

Bis dahin dürfte bei der Dividende nicht mehr viel zu holen sein. Zwar hatte die Telekom auch für das vergangene Jahr, in dem sie 3,5 Milliarden Euro Verlust schrieb, eine Ausschüttung an die Aktionäre vorgenommen, zu denen mit 43 Prozent auch der Bund gehört. „Das war aber eine Zahlung aus der Substanz“, sagt Labryga. „Jetzt gilt es, betriebswirtschaftlich vorzugehen.“

Kontakt: Deutsche Telekom, Tel.: 0800/3301000

ZDNet.de Redaktion

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