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SCO: Das Comeback eines vergessenen Markführers

KOMMENTAR – Jungen IT-Fachkräften ist Santa Cruz Operations, kurz SCO, kaum mehr ein Begriff. Auf der diesjährigen Comdex meldete sich das Unternehmen als The SCO Group wieder zurück. Nach einem jahrzehntelangen Schlingerkurs ist der einstige Weltmarktführer für Unix auf Intel-Plattformen heute nur noch ein Linux-Anbieter unter anderen.

Es sei in der Vorweihnachtszeit gestattet, die Odyssee eines Unix-Pioniers zu skizzieren, der in den Grabenkämpfen zwischen Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) und Unix-Anbietern wie IBM (Börse Frankfurt: IBM), HP (Börse Frankfurt: HWP) und Sun (Börse Frankfurt: SSY) ebenso aufgerieben wurde, wie zwischen High-End-Servern einerseits und dem Open-Source-Unix Linux andererseits.

In den 80er Jahren erobert sich SCO den Weltmarkt, indem es das für Midrange-Rechner entwickelte Unix-Betriebssystem preisgünstig für PCs anbietet. Die so genannten Unix-Kriege am Ende des Jahrzehnts übersteht SCO unbeschadet. Besser noch, die Schlagzeilen machen das PC-Betriebssystem eher noch begehrter. Der erste Karriereknick bahnt sich erst an, als sich Bill Gates entschließt, ganz groß ins Geschäft mit Server-Betriebssystemen einzusteigen. Microsoft gründet 1991 mit SCO, Compaq, DEC und Mips das ACE-Konsortium, das auf Basis von Unix ein Nachfolgesystem für das mit der IBM entwickelte OS/2 konzipieren soll. Die Entwicklungsarbeit wird SCO übertragen. Doch schon ein Jahr später zerbricht die Allianz, weil DEC inzwischen mit dem 64 Bit-Chip Alpha zu neuen Horizonten aufbricht, Mips finanzielle Schwierigkeiten hat und Microsoft intern längst an einem proprietären Windows NT laboriert. SCO hat danach erst einmal die Nase voll von Experimenten und besinnt sich auf seine eingeführten Unix-Derivate.

Als Novell 1993 die Rechte an Unix erwirbt, ändert sich die Situation grundlegend. Damit verliert das bislang von einer Nonprofit-Organisation verwaltete Betriebssystem seine Herstellerunabhängigkeit, womit sich die Branche abfindet, weil Novell verspricht, mit Unix gegen Microsofts NT Paroli zu bieten. Für SCO ist das jedoch eine denkbar schlechte Nachricht. Es gibt erstmals ernsthafte Konkurrenz um den PC-Unix-Markt. Schon im Oktober jedoch entzieht die Branche dem Netzwerkspezialisten das Vertrauen und überträgt die Unix-Verantwortung wieder an X/Open, einer Organisation mit hohem Anwenderanteil.

Kein Grund für SCO sich beruhigt zurückzulehnen, denn zunehmend zeigt sich, dass Microsofts NT dem Unix-Spezialisten auf der angestammten Intel-Plattform das Wasser abgräbt. Ein Ausweichen scheint nicht möglich, denn der Highend-Markt ist von Branchenriesen wie IBM, Sun oder DEC besetzt. Weitere Konkurrenz droht von IBM und Apple (Börse Frankfurt: APC), deren Joint-venture Taligent an einem objektorientierten Betriebssystem arbeitet. Schließlich lauert im Hintergrund auch noch ein neuer Konkurrent: Preisbrecher Linux. Darauf reagiert SCO mit einer langwierigen und unergiebigen Ausdehnung der Aktivitäten auf das noch neue Internet. Vor allem aber tritt SCO im Unix-Geschäft die Flucht nach vorne an und erwirbt von Novell den Unix-Quellcode sowie das darauf beruhende Unixware-Produkt. Hinter dem Deal steckt weniger die Absicht, einen Mitbewerber aus dem Markt zu kaufen, vielmehr planen die Softwerker zusammen mit HP die Entwicklung eines bahnbrechenden 64 Bit-Unix für den Unternehmenseinsatz – kurz: SCO versucht mit Hilfe von HP aus der PC-Nische auszubrechen. Dafür verdingen sich die Kalifornier – wie schon zu ACE-Zeiten – als Entwicklungsdienstleister. Als SCO das 64 Bit-Unix 1998 fertig stellt, ist HP bereits abgesprungen. In die Bresche springt vorübergehend IBM, lässt den Unix-Spezialisten dann aber zugunsten Linux im Regen stehen.

Inzwischen hat SCO seinen Internet-Kurs in Richtung auf die Web-Middleware Tarantella vorangetrieben. Außerdem beginnt sich das Unternehmen für Open Source-Software zu engagieren. Die beiden Trends führen 2000 zur Spaltung des Unternehmens. Während sich SCO mit seinem Unix-Know-how vor Microsoft und Linux in die Arme der Novell-Abspaltung Caldera rettet, versucht die neu gegründete Abspaltung Tarantella Inc. im Internet-Markt sein Glück. Tarantella hat hart zu kämpfen, während Caldera – auch dank der weltweiten Vertriebsorganisation von SCO – zu einem der marktführenden Linux-Distributoren wird. Doch inzwischen ist auch der Linux-Boom abgeflaut. Die daraus resultierenden Probleme versucht Firmenchef Darl McBride nun durch die Rückbesinnung auf eine einst legendäre Marke anzugehen. Caldera wurde in The SCO Group umbenannt. McBrides Begründung: Kunden und Vetriebspartner hätten nicht von den SCO-Unix-Produkten auf Linux umsteigen wollen. So ist SCO nun wieder ungefähr dort, wo die Firma 1979 angefangen hat – allerdings ohne die Perspektive auf einen neuen Unix-Boom.

Was lehrt uns diese Rückschau auf eine bewegte Unix-Karriere? Am ehesten, dass zum Erfolg oft mehr von Glück und Pech abhängt als von Innovationskraft und Leistungswillen. Vor allem aber, dass eine Odyssee auch fast 3000 Jahre nach Homer dort endet, wo sie angefangen hat.

ZDNet.de Redaktion

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