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Hauptversammlung soll Rettungsplan für Mobilcom absegnen

Seit Wochen nichts als Hauen und Stechen. Alle wollen das angeschlagene Mobilfunkunternehmen vor der Pleite retten, doch fast täglich müssen die übrig gebliebenen Mobilcom-Mitarbeiter neue Hiobsbotschaften über ihre Firma in der Zeitung lesen: Ärger im Aufsichtsrat, Unternehmenschef Thorsten Grenz angeblich überfordert, Medienmanager Helmut Thoma als Treuhänder ungeeignet. Fast immer steckt hinter dem Gerangel einer, den man bei Mobilcom (Börse Frankfurt: MOB) bestens kennt: Gerhard Schmid, der gestürzte Unternehmensgründer und Strippenzieher im Hintergrund.

Am Montag sollen die Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Hamburg endlich das Rettungspaket für Mobilcom absegnen. Schon im November war es auf den Weg gebracht worden, und die Abstimmung sollte eigentlich nur noch eine Formalität sein. Doch angesichts des bizarren Dauerstreits an der Spitze des Büdelsdorfer Unternehmens rechnen manche Beobachter inzwischen mit dem Schlimmsten. Sollte die nötige Stimmenmehrheit für das Rettungspaket nicht zustande kommen, stünde das Unternehmen vor dem Nichts: „Das bedeutete den Zusammenbruch von Mobilcom“, warnt Betriebsrat Kai Petersen.

Auch die jüngsten Spekulationen betreffen einen angeblich geplanten Coup Schmids: Dieser soll einem „Handelsblatt“-Bericht zufolge erwägen, seinem in Ungnade gefallenen Treuhänder Thoma per einstweiliger Verfügung das Stimmrecht für die Hauptversammlung zu nehmen. Thoma bekommt als Treuhänder die Stimmkarten von Schmids rund 42-prozentigen Anteil an Mobilcom. Gemeinsam mit weiteren 28 Prozent des abtrünnig gewordenen Partners France Télécom soll er auf dem Aktionärstreffen am Montag eigentlich die nötige Mehrheit für das Sanierungskonzept garantieren. Mit dem Rettungspaket steht und fällt der Neubeginn von Mobilcom: Ohne Sanierungsplan würde es auch mit der vereinbarten Übernahme der Milliarden-Schulden durch France Télécom nichts.

Glaubt man Unternehmenschef Grenz, dann hat er in den vergangenen zwei Monaten allerdings bereits „Meilensteine“ der Sanierung erreicht. Zum Jahresende machte der Standort Karlstein dicht, Hallbergmoos soll in den nächsten Monaten folgen. Der Kundenservice wurde in Erfurt und Büdelsdorf konzentriert, das UMTS-Geschäft eingefroren. Zu den positiven Unternehmensmeldungen gehören auch bittere Nachrichten für viele Beschäftigte: „Alle Kündigungen sind ausgesprochen“, versichert Mobilcom-Sprecher Matthias Quaritsch. Betroffen ist jeder dritte der einst 4200 Vollzeitarbeitsplätze.

Doch ausgerechnet Schmid lässt wenige Tage vor der Hauptversammlung nichts Gutes an dem Kurs seines einstigen Zöglings Grenz: „Was derzeit dort passiert, ist das Liquidieren und Zerschlagen von Werten“, polterte er in der „Welt“. Der „Anzug als Vorstandsvorsitzender“ sei für Grenz „zwei Nummern zu groß“. Die Beschäftigten in Büdelsdorf sind Schmids Kapriolen längst leid: „Was Mobilcom jetzt wirklich braucht, ist Ruhe im Sinne von: Raus aus den Schlagzeilen und raus aus der Stimmungsmache“, mahnt Betriebsrat Petersen. Denn zu dem eingeschlagenen Sanierungskurs kenne niemand eine Alternative – „auch Herr Schmid nicht“.

Die Mobilcom-Führung bemüht sich, vor dem wichtigen Aktionärstreffen Optimismus zu verbreiten: „Heiße Diskussionen erwarten wir nicht“, versichert Sprecher Quaritsch. Und was die Abstimmung über den Rettungsplan angehe, sei das Ergebnis doch „quasi festgelegt“. Doch Firmengründer Schmid, dem die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue unlängst die Wohnung durchsuchte und den angeblich Schulden von knapp 300 Millionen Euro drücken, bleibt für jede Überraschung gut. Zwar dementierte seine Sprecherin die Berichte über eine einstweilige Verfügung gegen seinen Treuhänder als „Unfug“: „Herr Schmid hat keine Pläne, die Hauptversammlung platzen zu lassen.“ Doch ein bisschen spannend will Taktiker Schmid es trotzdem machen. Ob er persönlich zur Hauptversammlung kommt und dort zum Mikrofon greift, behauptet seine Sprecherin, werde Schmid „erst kurz vorher entscheiden“.

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ZDNet.de Redaktion

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