Der einstige PC-Unix-Marktführer SCO versucht nach der Übernahme durch Caldera ein Comeback als Linux-Company – ohne eigenes Linux. Hans Bayer, Managing Director Central Europe, erläutert im Gespräch mit ZDNet, wie das Unternehmen an frühere Erfolge anknüpfen möchte, aber auch woran das Unterfangen scheitern könnte.
Der Betriebssystem-Teil von SCO ist von Caldera übernommen worden, ihre Linux-Entwickler haben Sie an Suse abgetreten. Was sind das für Verflechtungen?
Bayer: Das ist durch United Linux zu erklären. Als wird die Gespräche mit United Linux Mitte 2001 aufgenommen haben, ging es darum, die besten Synergieeffekte zu erzielen, und da schien es am besten, die Entwickler möglichst an einem Ort zu konzentrieren – zumal es von der SCO-Niederlassung Erlangen zu Suse nach Nürnberg nicht sehr weit ist. Das ist unser Beitrag zu United Linux.
Hat SCO damit die eigene Betriebssystem-Entwicklung aufgegeben?
Bayer: Nein, in den USA wird noch an den Unix-Produkten Open Server und Unixware entwickelt. Deren Aufgabe ist es aber auch unser Linux zu veredeln.
Was heißt das?
Bayer: Wir ergänzen United Linux um eigene Komponenten.
Wenn das Ihr Geschäftsmodell ist, dann haben Sie bislang noch nicht allzu viel zu bieten. Es gibt einen Mail-Server und eine E-Commerce-Lösung für kleine und mittlere Unternehmen, die aber erst im Herbst auf den Markt kommt.
Bayer: Es gibt auch noch ein Werkzeug für die Systemverwaltung. Aber Sie haben Recht, vieles ist noch in den Anfängen. Wir mussten ja auch warten, bis die erste Version von United Linux fertig gestellt ist. Das ändert nichts daran, dass wir in diesem Bereich oberhalb des Betriebssystems investieren werden.
Es gibt doch beliebig viele professionelle Tools und Server-Anwendungen für Unix von anderen Firmen, die sich einfach auf Linux portieren lassen. Begeben Sie sich nicht in ein Wettrennen, bei denen ihnen ihre Veredelungs-Konkurrenten immer einen Schritt voraus sind?
Bayer: Wir werden mit diesen Firmen kooperieren oder sie aufkaufen. Dabei konzentrieren wir uns auf Produkte, die schon eine gewisse Marktverbreitung haben.
Kann sich SCO denn einen Akquisitionskurs leisten?
Bayer: Wir haben Ende Dezember den Break-even geschafft. Das heißt, wir können unsere Kosten aus Einnahmen decken können.
Das klingt nicht gerade nach einer üppig gefüllten Kriegskasse…
Bayer: Es ist aber eine Basis für Investoren. Wenn es uns gelingt unsere positive Entwicklung im ablaufenden Quartal auszuweisen, dann bekommen wir Geld, für Technologiezukäufe.
Sollen die Ankäufe dem Aufbau von SCO zu einer Anwendungs-Entwicklungs-Company dienen, oder planen Sie zum Vertriebskanal für Anwendungspartner zu werden?
Bayer: Beides, wobei uns das zweite Thema mehr am Herzen liegt. Damit können wir unsere Stärke ausspielen, ein in Jahrzehnten gewachsenes indirektes Vertriebsnetz. Allein in Deutschland haben wir 2000 Partner, die uns kennen, unsere Produkte und sich leicht tun auf Linux einzuschwenken. Zudem suchen auch die Reseller in diesen schweren Zeiten nach neuen Geschäftsmöglichkeiten. Wir erweitern das Angebotsspektrum der Partner entweder indem wir kooperieren mit einem Anbieter und übernehmen die Vermarktung eines Produktes oder wir kaufen ihn, wenn wir uns das leisten können.
Vermutlich ziehen sie Kooperationen aus Kostengründen vor…
Bayer: Genau.
Nun haben sie zwar ein weltweites Vertriebsnetz, aber die wechselnden Distributionsstrategien von SCO standen eigentlich immer im Kreuzfeuer der Kritik. Was machen Sie künftig besser?
Bayer: Wir hören das auch von Resellern. Das Dilemma sind die Distributoren, die als Bindeglied zwischen Hersteller und lokalem Markt fungieren sollen. Eigentlich müssten sie Know-how für das neue Geschäft aufbauen, damit sind sie aber aufgrund der schlechten Geschäftslage überfordert. Heute wissen Reseller manchmal mehr über Linux als der Distributor.
Reseller und Distributoren haben zudem noch das Problem mit den verschiedenen Linux-Varianten. Red Hat konkurriert mit United Linux und die United-Linux-Companies untereinander. Woran sollen sich die Reseller und Distributoren orientieren?
Bayer: Die Konkurrenz innerhalb von United Linux ist eine entscheidende Frage, insbesondere in Deutschland, wo wir mit Suse den Marktführer direkt vor der Türe haben.
Trotzdem haben Sie ihre Entwickler an Suse abgetreten. Was gibt Ihnen Suse dafür?
Bayer: Mit dem neuen Suse-Chef habe ich noch nicht darüber gesprochen, aber bislang gab es ein Gentleman’s Agreement, sich nicht unnötig in die Quere zu kommen. An Suse-Linux kommt man hier zu Lande kaum vorbei, auch wenn alte SCO-Kunden gerne von uns kaufen. Umgekehrt ist Suse gerade erst dabei, einen professionellen Vertrieb aufzubauen.
Wollen Sie damit andeuten, dass sie für Suse Linux vertreiben wollen und zur Veredelung – wie Sie es nennen – die eigenen Produkte dafür anbieten?
Bayer: Genau darüber reden wir miteinander. Schließlich laufen alle unsere Produkte unter United Linux, also auch unter dem von Suse. Außerdem verkaufen wir Suse-Linux dort, wo die Nürnberger keine Präsenz haben, etwa in Japan. Klar ist zudem schon, dass wir die Vermarktung der Lunix-Produkte für IBMs (Börse Frankfurt: IBM) AS/400 bis zum Mainframe übernehmen, während sich Suse auf den reinen PC-Markt konzentriert.
Viele Linux-Anbieter haben für die CeBIT eine Desktop-Offensive angekündigt. Wenn die schief geht, wird Suse keine große Lust haben, Ihnen den Server-Markt zu überlassen.
Bayer: Völlig richtig. Dann kommt es zu harter Konkurrenz. Wir bieten uns als One-Stop-Shop für Suse-Linux und SCO-Linux an. Wir werden aber versuchen, Vorteile aus unseren traditionell guten Hardware-Verbindungen zu ziehen oder aus unseren Verbindungen zu Software-Lieferanten wie Computer Associates – wenn es etwa um System-Management für Linux geht.
Die Meta Group glaubt nicht an Linux auf dem Desktop. Wie sehen sie das?
Das Argument lautet, dass die Integration in die Infrastruktur schwierig ist, und der Wechsel am Desktop den vielen Endusern nicht zuzumuten sei. Aber gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen, einer wichtigen Zielgruppe für Linux, ist die Abhängigkeit von Architekturen und ähnlichen nicht so wichtig. Dort ist man vor allem von Anwendungen abhängig. Wenn es sie unter Linux gibt, kann ein solches Unternehmen schnell wechseln. Office-Pakete – und es gibt sie auch für Linux – spielen bei, sagen wir einer Apothekerlösung eine geringe Rolle. Sie spielen aber auch generell nicht mehr die Rolle wie vor zehn Jahren. Heute braucht jeder Internet und Mail. Das ist eine Chance für Linux auf dem Desktop, auch wenn es noch ein paar Lücken im Applikationsangebot zu schließen gilt.
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