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XML auf Erfolgskurs: Die Lingua Franca des Internets

von Mike Ricciuti

Da XML ein industrieweiter Standard ist, lässt es Herstellern von proprietärer Software keinen Spielraum für Abriegelungsstrategien, oder? Nun – das ist eine Sache der Interpretation.

Obwohl Softwarehersteller bislang versucht haben, fair zu bleiben, und eine standardisierte und unveränderte Version von XML unterstützen, gibt es eine Kontroverse darum, ob auch die zugrundeliegenden Dialekte offengelegt werden sollten.

Auch wenn XML ein Standard des World Wide Web Consortiums (W3C) ist, können Unternehmen trotzdem noch proprietäre Tags erstellen.

Bei HTML (Hypertext Markup Language), das zur Definition der Elemente von Websites benutzt wird, verwenden alle Entwickler ein Standardvokabular zur Beschreibung von Tags oder Seitenelementen. Die HTML-Tags zur Beschreibung einer Website, die z.B. auf einem Server in Prag gespeichert ist, sind die selben wie bei einer Seite auf einem Server in Detroit.

Im Gegensatz dazu erlaubt XML Entwicklern, Tags selber zu definieren. Mit anderen Worten: Es gibt kein vorgeschriebenes Vokabular, vielmehr müssen sich beide Seiten einer Transaktion erst darüber einigen. So könnten z.B. Autohersteller eine gemeinsame Sprache für die Zusammenarbeit mit ihren Zuliefererbetrieben entwickeln. Darin liegt sowohl die Stärke als auch die Schwäche von XML.

Analysten vergleichen dies mit zwei Leuten, die sich darauf verständigen, Englisch als gemeinsame Sprache zu verwenden. Wenn einer von ihnen technische Fachbegriffe oder Jargon benutzt, den der Andere nicht versteht, nutzt auch die Festlegung einer gemeinsamen Sprache nicht viel.

Vor allem Microsoft steht im Zentrum dieser Kontroverse. Das Unternehmen hat XML zum Kernstück für die kommende Version 11 seines Office-Anwendungspakets sowie von XDocs gemacht. Das XML-Tool – inzwischen offiziell als InfoPath bezeichnet – dient zur Erzeugung von Formularen und soll zusammen mit Office 11 gegen Mitte des Jahres vorgestellt werden.

Mit Einführung von Office 11 ermöglicht Microsoft die Speicherung von Dateien im XML-Format, so dass sie mit jedem Standard-Webbrowser betrachtet werden können. Das ist schon eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass das Unternehmen bislang nur proprietäre Dateiformate verwendet hat.

Führende Vertreter von Microsoft behaupten, dass das Unternehmen dabei keine Hintergedanken habe: Es verwende standardmäßiges unverändertes XML. Bislang hat Microsoft jedoch das zugrundeliegende Format seiner XML-Dateien noch nicht veröffentlicht. Kritiker aus den Reihen der Entwickler und der Konkurrenz behaupten, Microsoft versuche, seine Benutzer so an sich zu binden, dass sie das lizenzpflichtige Office benutzen müssen, um Dateien austauschen zu können.

Für weiteren Zündstoff in dieser Auseinandersetzung sorgte im November die Einrichtung eines Komitees aus Mitgliedern von OASIS (Organization for the Advancement of Structured Information Standards) zur Erarbeitung eines Standards für Büroanwendungen. Microsoft ist nicht unter den Mitgliedern, zu denen Corel und Sun Microsystems gehören. OASIS verwendet als Ausgangspunkt die XML-Spezifikationen, die vom Open-Source-Projekt OpenOffice entwickelt wurden.

Microsoft weist Vorwürfe zurück, nach denen es XML mit proprietären Haken und Ösen versehen will, und versprach, weitere Informationen offenzulegen. Mit InfoPath hat sich Microsoft dafür entschieden, nicht den Vorgaben der W3C-Spezifikation XForms für die Erstellung XML-basierter Formulare zu folgen, die von IBM, Adobe Systems, Novell, Oracle und anderen Unternehmen gefördert wird. Stattdessen baut Microsoft seine Software auf einer abweichenden Spezifikation auf, was die Kritiker in ihrer Auffassung bestärkt, dass das Unternehmen sich gegen den Markt stellt.

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ZDNet.de Redaktion

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