Im Vorfeld der CeBIT 2003 befragte ZDNet den CEO von Red Hat, Matthew Szulik, zu der künftigen Ausrichtung seines Unternehmens. Im Mittelpunkt des Interesses stand die Beziehung zu Sun und United Linux. Szulik offenbarte im Kurzinterview eine tiefe Abneigung gegen das Unternehmen von Scott McNealy und ein sehr ambivalentes Verhältnis zu den befreundeten Konkurrenten von United Linux. Den großen Gegner Microsoft dagegen nannte der Geschäftsführer stets nur „das proprietäre Unternehmen“.
Die Meta Group hatte Ende Januar eine Studie vorgelegt, in der als Hauptargument der Anwender für Linux der Preis angeführt wurde. Ob diese Rechnung aufgeht, ist für die Meta-Analysten allerdings alles andere als ausgemacht. Schon der Kauf einer professionell einsetzbaren Linux-Version, so ihre aktuelle Einschätzung, kann so viel kosten wie Windows 2000 oder Unix. Preisvorteile ergäben sich vor allem gegenüber Unix-Systemen, die nicht auf Intel-PCs sondern auf Risc-Systemen wie Sparc (Sun) oder Power-PC (IBM) laufen. Wie schätzen sie die Chancen von Linux auf dem Desktop generell ein?
Wir rechnen uns ausgezeichnete Chancen aus im Kampf um den Desktop der Zukunft. Wir sehen nämlich eine Entwicklung weg vom ‚fat client‘ hin zum ‚thin client‘. Wo Funktionen nur auf Nachfrage geliefert werden. Wo diese mittels eines Browsers aufgerufen werden. Wo Sicherheit und Gebrauchswert sowohl für den Anwender als auch den Nutzer oberste Priorität haben.
Die Meta Group positioniert ihren vermeintlichen Verbündeten Sun als Hauptkonkurrenten ihres Unternehmens. Wie ist Ihre Beziehung zu Sun definiert?
Unser Marketing-Fokus liegt auf der Bereitstellung von billigen Qualitätskomponenten für den Unternehmensmarkt. In vielen Fällen bedeutet dies, zusammen mit unseren Partnern Dell (), Hewlett-Packard (HP; ) und IBM () teure Risc/Unix-Maschinen zu ersetzen. Dieser Umstand führt zu einer gewissen Distanz zwischen uns und Sun.
Wie genau sieht die Zusammenarbeit mit Sun aus – es gab da einige Verwirrungen, Scott McNealy drückte sich zur Linuxworld im August in San Francisco etwas unklar aus. Sun will eine auf Red Hat basierende Distribution anbieten – richtig? In welcher Phase befindet sich das Projekt?
Wenn Sun eine Linux-Version entwickeln würde, die nicht auf der GPL basiert, würde mich das nicht wundern.
Wer ist ihr größter Konkurrent? Microsoft oder andere Linux-Companies? In welchem Bereich wollen Sie Marktanteile gewinnen?
Unsere größte Herausforderung ist es, dem Markt beizubringen, dass Open Source Software verlässlich, sicher und gewinnbringend ist. Die großen Firmen mit proprietärer Software werden es nicht mit dem Open Source / Red Hat-Modell aufnehmen können. Ganz sicher werden wir weiter Marktanteile im Unternehmensmarkt gewinnen, weil unsere Software billiger ist als die der proprietären Unternehmen.
Wie verhalten Sie sich gegenüber United Linux? Welche Argumente können Sie gegen die Koalition aus Suse, Turbolinux, Conectiva and SCO ins Feld führen?
Wir konzentrieren uns immer auf unseren Kunden und seinen Erfolg. Wir waren immer der Überzeugung, dass mit einer zunehmenden Zahl an finanziell erfolgreichen Open Source-Firmen die Chancen für alle Open Source-Mitspieler steigen. Daraus folgt, dass wir ihre Bemühungen nach Möglichkeit unterstützen.
Wurden Sie gefragt, ob Sie Teil der United Linux-Allianz werden wollen? Gab es jemals Verhandlungen?
Sie haben uns ein paar Stunden, bevor Sie die Presseerklärung zu United Linux rausgegeben haben, gefragt.
Wäre es aber jetzt nicht vorteilhaft, sich United Linux anzuschließen? Suses Geschäftsführer Richard Seibt erzählte uns, er erwarte ihren Anruf.
Vorteilhaft, ein Teil von United Linux zu sein? Ich kann keinen Vorteil für unsere Kunden erkennen. Das würde nicht passen.
Halten Sie denn den Versuch, eine „standardisierte“ Version von Linux zu erarbeiten, für einen Fehler?
Ich mag es, ein Risiko einzugehen. Der Plan von United Linux steckt voller Risiken. Ich beglückwünsche sie zu ihren Bemühungen. Aber es ist mehr als risikoreich, sich mit milliardenschweren Wettbewerbern zu messen, weltweit Service anzubieten und Software zu entwickeln, die den Anforderungen der Geschäftspartner genügt – und zugleich die Aktionäre bei Laune zu halten. Nur wenn United Linux das alles unter einen Hut bringt, wäre es für uns das Risiko wert.
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