Mit der Einführung von Call-by-Call können Kunden ab Freitag im Ortsnetz deutlich günstiger telefonieren. Dort hat die Deutsche Telekom (Börse Frankfurt: DTE) mit einem Marktanteil von 95 Prozent noch immer ein De-facto-Monopol. 19 Anbieter wollen ihr dieses über Call-by-Call nun streitig machen. „Die Karten im Ortsnetz werden neu gemischt“, sagt Carola Elbrecht, Telekom-Expertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv).
Sie mahnt Kunden aber gleichzeitig zur Vorsicht: Im zu erwartenden Tarifdschungel könne sich manches Angebot, das auf den ersten Blick attrakiv erscheine, als teure Alternative zur Telekom erweisen. Das Prinzip von Call-by-Call ist simpel: Der Kunde wählt bei jedem Gespräch über eine Vorwahl die Telefonfirma aus, mit der er telefonieren will. Seinen Hauptanbieter muss er dabei nicht wechseln. Bei Fern- und Auslandsgesprächen hat Call-by-Call zu Preissenkungen von bis zu 90 Prozent geführt. Die Margen im Ortsnetz sind allerdings geringer.
Einen vergleichbaren Preissturz wie bei den Langstreckenverbindungen erwartet in der Branche niemand. Die Telekom-Herausforderer versprechen den Kunden aber dennoch kräftige Nachlässe. „30 bis 40 Prozent sind auf jeden Fall drin“, sagt Martin Lukas von 01051 Telecom. Kräftiger rührt der Düsseldorfer Anbieter tele2 die Werbetrommel und stellt Gespräche mit mehr als 70 Prozent Preisabschlag zur Telekom in Aussicht. Dass derartige Werbeaussagen nur für ganz bestimmte Zeiten und Tariftakte gelten, erfährt der Kunde meist erst im Kleingedruckten. So will Tele2 werktags zwischen 19 bis 21 Uhr 1,59 Cent pro Gesprächsminute verlangen.
Zu dieser Zeit würde ein Gespräch bei der Telekom im T-Net-Standardtarif sechs Cent kosten – allerdings für bis zu 2,5 Minuten. Damit schwankt die Ersparnis nach Gesprächsdauer: Wird eine Minute gesprochen, kommen tele2-Telefonierer 4,4 Cent oder 73 Prozent billiger weg. Werden 2,5 Minuten telefoniert, schrumpft der Unterschied auf 1,23 Cent oder 20,5 Prozent. Zu manchen Zeiten und Gesprächslängen wäre tele2 sogar teurer als die Telekom – so zwischen 21 und 7 Uhr. Dann kann bei der Telekom für sechs Cent vier Minuten lang telefoniert werden. Bei Tele2 würden die vier Minuten 6,36 Cent kosten. Erschwerend für die Kunden kommt hinzu: Die Tarife können sich von Tag zu Tag ändern. Wer gestern billig war, könnte von der Konkurrenz mittlerweile unterboten sein. „Man sollte sich auf jeden Fall täglich in der Zeitung oder im Internet über die aktuellen Preise informieren“, sagt vzbv-Juristin Elbrecht.
Schon bei Call-by-Call im Fernbereich habe sich zudem gezeigt, dass Gespräche auch plötzlich teurer werden könnten. Extremes Beispiel: „Bei einer Firma galten dann die Preise plötzlich nicht mehr pro Minute, sondern pro Sekunde.“ Die Gespräche verteuerten sich um das Sechzigfache. Wer das nicht mitbekam, hatte am Montatsende eine stattliche Summe auf seiner Telefonrechnung stehen. Auch die Werbung einiger Anbieter für ihre Angebote lässt aus Sicht der Verbraucherschützer zu wünschen übrig. „Da wird ein günstiger Minutenpreis genannt, der gilt dann aber erst nach den ersten zehn Minuten“, sagt Elbrecht. Wichtig sei es deshalb, immer das Kleingedruckte mitzulesen. Wer beim Kampf um Marktanteile im Ortsnetz die Nase vorn haben wird, düfte sich erst in einigen Monaten erweisen.
Die Telekom, der das Ortsnetz im vergangenen Jahr Einnahmen von 2,7 Milliarden Euro brachte, rechnet jedenfalls nicht mit dem massiven Verlust von Marktanteilen. Durch die neuen Wettbewerber werde das Unternehmen in diesem Jahr einen „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“ einbüßen, sagt ein Konzernsprecher. Hinzu kommt, dass die Telekom bei jedem Gespräch der Konkurrenz mitverdient, da ihr die Leitungen auf den letzten Metern zum Endkunden gehören. Im Schnitt 0,6 Cent pro Minute gehen dabei für die Call-by-Call-Verbindungen auf das Konto des Ex-Monopolisten.
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