Vor einem halben Jahr übernahm Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke den undankbaren Job, den kränkelnden „rosa Riesen“ (Börse Frankfurt: DTE) wieder auf Kurs zu bringen. „Das wird bei den über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen nicht immer leicht sein und vielleicht schmerzen“, wusste der Nachfolger von Ron Sommer schon damals. Inzwischen hat der erst 41-jährige Ricke im Vorstand aufgeräumt, den Schuldenberg weiter abgetragen und die Kosten gedrückt.
Am Dienstag muss er die Aktionäre in Köln davon überzeugen, dass die Deutsche Telekom auf dem richtigen Weg ist. Das bedarf einiger Anstrengung, denn viele T-Aktionäre sind sauer: Im vergangenen Jahr häufte der Konzern einen Verlust von 24,6 Milliarden Euro an. Die Telekom stellte damit alles in den Schatten, was je an roten Zahlen von europäischen Unternehmen veröffentlicht wurde. Schuld waren vor allem die Altlasten, die mit dem „Großreinemachen“ ein für alle Mal aus der Bilanz gekehrt wurden: Allein die Abschreibungen auf die 35 Milliarden Euro schwere Übernahme des US-Mobilfunkunternehmens Voicestream riss tiefe Gräben in die Bilanz.
Doch vielen Aktionären – wie Erich Schonwerth aus Lenggries – will nicht in den Kopf, dass die Telekom nur wenige Monate nach dem Kauf, an dem Ricke als damaliger Chef der Mobilfunksparte beteiligt war, den Wert in der Bilanz massiv nach unten korrigieren musste. Außerdem haben die Vorwüfe der Falschbewertung von Immobilien, fehlerhafte Kunden-Rechnungen und die Klagen wegen Emissionsbetrug beim dritten Börsengang das Vertrauen der Aktionäre erschüttert. Das wochenlange Hin und Her um die Nachfolge Sommers tat ein Übriges. Der Aktienkurs dümpelt um die zwölf Euro, obendrein gab es keine Dividende.
Dietrich Kutz aus Biberach wurmt die Anhebung der Vorstandsgehälter im vergangenen Jahr, während die Aktionäre leer ausgingen: „Diese Maßlosigkeit, die Plünderung und Abzockerei des Unternehmens ist nicht glaubhaft zu vermitteln.“ Der Vorstand unter Sommer hatte 2002 die Gehälter um 90 Prozent angehoben. Andere Inhaber von T-Aktien monieren den schlechten Service der Telekom, wodurch den Kunden erheblicher Schaden entstehe: „Die Deutsche Telekom AG stellt sich nach außen als – mit Verlaub gesagt – zunehmend arrogantes, wenig qualifiziertes und eher unsympathisches Unternehmen dar. Zahlreiche Mitarbeiter scheinen innerlich gekündigt zu haben“, beschwert sich Michael Wolff aus Konstanz. Ricke – dem „Neuen“ – stehen in Köln also schwere Stunden bevor. Mit einem „wir werden es schaffen“ allein wird er nicht weit kommen. Helfen könnte ihm allerdings das überraschend gute Ergebnis im ersten Quartal.
Der Gewinn von 853 Millionen Euro lässt ihn auch für das Gesamtjahr optimistischer werden. „Ich hoffe, bis zum Jahresende sagen zu können, dass die Telekom schwarze Zahlen schreibt“, sagte er am Donnerstag. Das überzeugte zumindest die Börsianer. Auch der Schuldenabbau kommt voran: Ende März stand die Telekom noch mit 56,3 Milliarden Euro in der Kreide. Zum Jahresende 2002 waren es noch 61,1 Milliarden Euro gewesen. Ricke will bis Ende des Jahres die 50-Milliarden-Marke schaffen. Bisher hat er seine Erfolge allerdings vor allem durch den Verkauf von Tafelsilber und durch Entlassungen geschafft. So spülten im ersten Quartal die Veräußerung von Unternehmensteilen und Immobilien 2,3 Milliarden Euro in die leeren Kassen. Bis 2005 streicht der Konzern 54.700 Stellen. Doch auch der Telekom geht irgendwann das Tafelsilber aus. Selbst Entlassungen sind auf absehbare Zeit nicht mehr möglich. Am Ende des Sparens hilft nur noch die Nachfrage der Kunden. Sie gilt es, zu überzeugen.
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