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Suse nimmt Kurs auf den Desktop

Jürgen Geck, 35, seit April Chief Technology Officer (CTO) von Suse, stand ZDNet Rede und Antwort. Assistiert wurde ihm von Unternehmenssprecher Christian Egle. Das Gespräch drehte sich um die Themen SCO, Sun und Microsoft. Alle drei genannten Unternehmen hatten diese Woche auf die eine oder andere Weise Salven gegen das Nürnberger Unternehmen abgefeuert.

So herrscht in der Linux-Gemeinde seit Wochen helle Aufregung über den Konfrontationskurs des US-Distributors SCO. Wie laufend berichtet, hat SCO kurz vor der CeBIT erklärt, Klage gegen IBM eingereicht zu haben. Man beanspruche die Rechte an dem von Big Blue eingesetzten Unix. In Vorbereitung auf den Gerichtstermin hat SCO-Chef Darl McBride Anwälte damit beauftragt, die Kernel von Unix und Linux zu vergleichen. Das angebliche Ergebnis: Die Übereinstimmungen seien frappierend, in weiten Teilen wären ganze Sequenzen wenig oder gar nicht modifiziert abgekupfert worden. McBride sieht seine Firma unter anderem berechtigt, von Linux-Distributoren Lizenzgebühren einzufordern. SCO ist in den United Linux-Verbund eingewoben, den maßgeblich auch Suse angehört.

Herr Geck, SCO will nichts mehr von United Linux wissen. Wie finden Sie das?

Geck: Zunächst: United Linux ist ein Bündnis von Gleichen unter Gleichen. Wenn jemand austritt, müsste ich das wissen.

Aber Chris Sontag, Senior Vice President und General Manager SCOsource bei der SCO Group, hat kürzlich erklärt: ‚Wir haben unsere United Linux-Aktivitäten mit Sicherheit ausgesetzt.‘ Er fügte hinzu, dass kein Vertrag dieser Welt Suse vor Rechtsansprüche durch SCO schütze.

Geck: Es gibt eine Beziehung zwischen SCO und United Linux. Wenn sich SCO passiv verhalten will, dürfen sie das gerne tun. Wir stellen jedenfalls gemeinsam ein Betriebssystem auf die Beine. Was Sontag sagt, ist seine persönliche Meinung.

Und Ihre persönliche Meinung lautet?

Geck: Meine persönliche Meinung ist, dass SCO sein bisheriges Geschäftsmodell nicht weiter verfolgt, heute hat das nur mehr wenig mit Linux zu tun. Aber als Linux-Enthusiast bin ich überzeugt, dass Linux gestärkt aus dem, was SCO gerade tut, hervor gehen wird. Eigentlich geht es doch um das Problem der Intellectual Property (IP), speziell der IP von Software und den Patenten darauf. Da sind wir weitgehend außen vor, während viele Partner von uns ein großes Interesse daran haben. Schließlich verfügen die über zum Teil riesige Bestände an IP. Daher sehen die und wir es ganz anders.

Nichtsdestoweniger besteht die Gefahr, dass euch SCO verklagt.

Geck: Wir stehen zu unseren Verpflichtungen zu SCO genauso wie unseren Kunden gegenüber. United Linux stellt ein Betriebssystem für vier Partner bereit. Wenn nun einer der Partner behauptet, der Auftrag, den er selbst erteilt hat, widerspricht den Bestimmungen der Intellectual Property, dann finde ich darin einen Widerspruch. Wir haben SCO also aufgefordert, erst einmal mitzuteilen, worum es eigentlich geht. Die fraglichen Code-Fragmente sind ja gar nicht bekannt. Es kommt darauf an, diese im Detail zu begutachten.

Egle: SCO soll seine Karten auf den Tisch legen! Dann sehen wir weiter.

Neben SCO sorgte diese Woche ein weiteres Announcement für Aufsehen: Suse will künftig verstärkt mit Red Hat kooperieren, beide haben sich vertrieblich verzahnt. Hat Suse, lange Zeit neben Red Hat favorisierter Partner der Firma von Scott McNealy, den Kürzeren gezogen?

Geck: Nein, wir sprechen aktuell intensiv mit Sun, die von uns anvisierte Zusammenarbeit wird über die mit Red Hat hinausgehen. Da ist noch viel zu erwarten! Aber wenn man eine Angebotspalette gemeinsam erarbeitet, also einen gemeinsamen Schritt nach vorne macht, hat man zumindest am Start einen gewissen Geschwindigkeitsnachteil. Es ist aber kein großes Geheimnis, dass wir uns künftig stärker auf dem Desktop engagieren wollen.

Sie arbeiten am Mad Hatter-Projekt (Codename von Suns für den Sommer angekündigtem Linux für den Desktop; Anm. d. Red) mit? Wir dachten, das wäre ebenfalls Red Hat basiert?

Geck: Red Hat hat die Grundlage für das Sun Linux geliefert, aber eine Client/Server-Strategie lässt sich besser auf Grundlage des Suse Enterprise Servers realisieren. Damit decken wir ja prinzipiell alles ab, von der IA32-Architektur über Itanium und HP bis zu jedem Betriebssystem. Das macht uns ausgesprochen flexibel wenn es darum geht, neue Bedürfnisse abzudecken. Der Server wird noch ergänzt durch unser Angebot für den Desktop, doch die Konfektion muss sich ändern: So unterstützen wir bis zu 32 CPUs, was auf dem Desktop nicht wünschenswert ist, weil Ihnen das zum Beispiel Videos abbricht. Es geht also darum, die Beziehung zwischen Sefver und Client zu konsolidieren. Wir werden unsere Fähigkeiten nutzen, das zu bewerkstelligen.

Egle: Es soll aber jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass wir uns künftig nur mehr auf den Desktop stützen. Wir werden beide Szenarien, sowohl Desktop als auch Server, abdecken.

Neben SCO und indirekt Sun hat sich diese Woche auch Microsoft ausdauernd mit Suse und seinem Linux beschäftigt. Gestern legte der Redmonder-Konzern mit Niederlassung in Schleißheim bei München eine weitere Studie vor, die zeigen soll, dass „bei einer Vielzahl deutscher Unternehmen eine Umstellung der Betriebssystemplattform von Windows NT auf Microsofts aktuelle Betriebsystemplattform (…) Kostenvorteile gegenüber einer vollständigen Umstellung auf Linux bietet“. In anderen Worten: Für Unternehmen sei es billiger bei Windows zu bleiben, als auf das Open Source-Betriebssystem umzusteigen.

Geck: Abstrakt gesprochen: Wenn man Software von Microsoft kauft, erhält man drei Dinge: Erstens den Code sowie die Erwartung, dass zweitens dieser über die Zeit hinweg gepflegt wird sowie drittens die Lizenz für den Code. Der Unterschied bei Open Source und Linux ist doch, dass ‚drittens die Lizenz für den Code ‚ weg fällt. Der Support und das Service Level Agreement ist aber im Prinzip gleich. Da sehe ich folglich einen Widerspruch zur Behauptung, Windows sei billiger. Das macht die Studie angreifbar.

Microsoft bietet die Infora-Studie zur Einsichtnahme an. Egle hatte bereits vor wenigen Wochen erklärt: „Microsoft hat nur wahr gemacht, was Sie bereits in den so genannten Halloween-Papieren angekündigt haben: sie werden versuchen, Linux mit TCO-Argumenten anzugreifen.“

Jürgen Geck, 35, wurde im April Chief Technology Officer (CTO) des Unternehmens. Er arbeitet seit 1997 bei Suse und leitet seit Februar 2000 als Vice President die Abteilung Technology Partner. Er etablierte zahlreiche erfolgreiche Partnerschaften mit Unternehmen wie AMD, Fujitsu-Siemens, Hewlett-Packard, IBM, Intel, Oracle und SAP. Geck war einer der Väter des ersten „Enterprise“-Angebots auf dem Linux-Markt, dem Suse Linux Enterprise Server und dem damit verbundenen Maintenance-Modell. Im letzten Jahr etablierte er bei Suse ein Technology Partner Programm, welches Hard- und Softwareanbietern ein skalierbares Angebot für die Zusammenarbeit mit Suse bietet. Jürgen Geck studierte Fertigungstechnik an der Universität in Erlangen.

ZDNet.de Redaktion

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