Einst lebte die Branche in der Illusion, dass Computerhersteller Computer bauen und die Softwerker Software. Aufgabe der Dienstleister war es, die immer unreifen und garantiert inkompatiblen Produkte für hohe Stundensätze miteinander zum Laufen zu bringen. Heute glaubt niemand mehr an ein ehrliches Geschäft mit dem Verkauf von Produkten.
Nehmen wird die Klage von SCO gegen den Computerriesen IBM. Kaum ein Kommentator hält es für möglich, dass hier Unrecht geschehen ist. Stattdessen wird geargwöhnt, dass es dem einstigen PC-Unix-Marktführer so schlecht gehe, dass das Management auf Geld aus einem außergerichtlichen Vergleich spekuliere, oder besser noch, auf eine Übernahme durch die IBM. Doch SCO — wenn denn die Vermutungen stimmen — ist keineswegs allein. So wurde in den vergangenen Wochen quasi jede E-Mailbox mit der Aufforderung zugemüllt, sich doch an der Klage gegen die Telekom zu beteiligen, um etwas vom verzockten Geld zurückzubekommen. Tatsächlich wird es immer mehr zum Geschäftsmodell, vor Gericht ziehen.
Ein anderes Beispiel für den Wandel der Branche: PC-Weltmarktführer Dell macht sein Geld nur auf den ersten Blick mit dem Verkauf von PCs. Geiz ist geil, heißt dort vielmehr das Geschäftsmodell. Gespart wird an Innovation, bei den Zulieferern, Beratung und am Vertriebskanal. Selbst Qualität ist nur so lange wichtig, wie sie hilft, teure Reklamationen zu verhindern.
Doch halt. Auch früher war die Welt alles andere als heil. So galt Siemens immer schon als Bank mit angegliedertem Elektrohandel. Insofern war der Konzern ein frühes Vorbild für all jene, die sich um die Jahrtausendwende aus den Niederungen der Produkte und Dienstleistungen befreiten, indem sie das Geld ihrer Kunden und Anleger unter der verschleiernden Bezeichnung Financial Development an der Börse verzockten.
Eine andere Anekdote aus den 90ern berichtet, wie der marode Technologieriese IBM von einem Mann namens Lou Gerstner aus der Krise geführt wurde. Ach hier ging es nicht um innovative Techniken, denn der Retter von Big Blue hatte seine Erfahrungen beim Lebensmittelkonzern Nabisco erworben. Die Signale waren klar: Wer Salzkräcker (Ritz) verkaufen kann, bringt auch Großrechner an den Mann. Und, wer einen Großkonzern kennt, kennt alle.
Mit Schlagworten wie Shareholder Value, Megamerger per kostenlosen Aktientausch, New Economy wurden diese Trends auf die Spitze getrieben. Glaube aber keiner, dass es damit nach dem Platzen der Dotcom-Blase vorbei wäre. Die Jagd nach dem Geld ist nur härter geworden.
Es klingt bescheiden, wenn sich heute angeblich jedes Unternehmen auf seine Kernkompetenzen besinnt. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass Hardwerker, Hardware und Softwerker Software verkaufen. Nein, unter einer so genannten Lösung tun sie es nicht. Die IT-Infrastrukturen scheinen so komplex geworden zu sein, dass ohne ausführliche — kostenpflichtige — Beratung kein Handheld-Gerät mehr integrierbar ist. So reißen sich Hersteller von einst die Märkte der Dienstleister unter den Nagel. Rechner sind nur noch Randphänome, die man schamhaft verschweigt, wenn man die Kunden mit E-Business on Demand (IBM), Adaptive Enterprise (HP) oder N1 (Sun) in langfristige Geschäftsbeziehungen lockt. Kurz: Der Vertrag ist das Produkt — aber das war wohl immer so.
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