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ERP schafft sich eine neue Nische

Wie man in den Unternehmen herausfand, die frühzeitig ERP-Systeme einführten, war ironischerweise das größte Problem bei der Implementierung eines Unternehmensinformationssystems nur allzu oft das Unternehmen selbst. Dies spiegelte sich in schwierigen und oft schmerzlichen Audits zu Geschäftsprozessen, fortgesetztem Predigen der Vorteile des Projekts, Migrationsplanungen und Finanzierungsstreitigkeiten wider. All dies stellt eine Herausforderung dar, wenn es darum geht, Anwender von den Vorteilen eines Upgrades zu überzeugen.

Und das war nur die geschäftliche Seite. Technologisch waren die vollmundig versprochenen Verbesserungen sehr viel schwieriger umzusetzen, als man anfangs gedacht hatte. Als einer der kritischsten Punkte erwies sich die Integration vorhandener Umgebungen und Datenbanken in die neuen ERP-Systeme. Da ERP ursprünglich so ausgelegt war, dass die beste Leistung erzielt wird, wenn alle Daten zentral verarbeitet werden, mussten bei der Implementierung alle möglichen, nicht miteinander kompatiblen Systeme dazu gebracht werden, miteinander zu kommunizieren.

Diese Daten in brauchbarer Form in das Primärsystem zu überführen und eine wechselseitige Kommunikation mit den ursprünglichen Systemen einzurichten, erwies sich als so kompliziert, dass daraus eine eigene Branche erwuchs, die ebenfalls ein Drei-Buchstaben-Akronym als Bezeichnung führt: EAI (Enterprise Application Integration). Wie eine Art universeller Babel-Fisch (der kleine Fisch aus „Per Anhalter durch die Galaxis“, der den irdischen und außerirdischen Protagonisten eine Kommunikation miteinander ermöglicht) können EAI-Werkzeuge den Datentransfer zwischen den Systemen im Unternehmen automatisieren und entsprechend den vom Nutzer gewählten Vorgaben für das Unternehmen umwandeln. Aber sogar mit diesem Hilfsmittel war die Integration extrem schwierig.

Noch größer war dieses Problem für Anwender, die sich für individuell zusammengestellte („Best-of-Breed“) ERP-Systeme entschieden hatten, die voraussetzen, dass eine Unzahl von Komponenten so miteinander verknüpft werden, dass sich daraus ein zusammenhängendes Ganzes ergibt. Wenn es auch zunächst eine gute Idee zu sein schien, entwickelte sich Best-of-Breed-ERP für die Nutzer zu einem dauerhaft sprudelnden Quell von Hemmnissen: Schätzungen zufolge konnten die Kosten für die Systemintegration hier bis zu 60% eines typischen ERP-Projektbudgets verschlingen – Geld und Arbeitszeit, die besser in andere Bereiche hätten investiert werden können.

Allerdings hatte man kaum eine Wahl, bemerkt Roland Slee, Director of Business Technology Solutions bei der Oracle Corporation: „Die Integration ist extrem teuer und verschlingt ungeheure Mengen an Arbeitszeit, die Anbieter haben gut daran verdient.“ erklärt er. „Der Hauptgrund für ihre Popularität lag darin, dass es keine ernsthafte Alternative gab.“

Natürlich mit Ausnahme der Möglichkeit, ein proprietäres System von einem der „JBOPS“ anzuschaffen: JD Edwards, Baan, Oracle, Peoplesoft oder SAP. Sie alle priesen die Vorzüge ihrer End-to-End-ERP-Suiten und viele Kunden entschieden sich für diese Lösung, um den Schwierigkeiten der Integration aus dem Wege zu gehen. Das heißt jedoch nicht, dass dies die beste Lösung war: Diese monolithischen ERP-Anwendungen banden die Kunden fest in die Upgrade-Zyklen der Anbieter ein und machten es schwer, die Systeme über die vom Anbieter bereitgehaltenen Anwendungen hinaus zu erweitern. Wie der zwischenzeitliche Zusammenbruch von Baan demonstriert, kann die Bindung an einen bestimmten Anbieter ebenfalls katastrophale Folgen haben, was den Support betrifft.

Zur Freude aller scheint die Branche diesmal ihre Lektion gelernt zu haben: Eines der Hauptmerkmale von ERP II ist, dass es verspricht, sich dank des Einsatzes von Industrie-Standards, die zur Zeit der ersten ERP-Welle noch in den Kinderschuhen steckten, weitaus leichter integrieren zu lassen.

Am wichtigsten ist dabei XML (Extensible Markup Language) als gemeinsames Format für die Repräsentation von Daten und den Austausch zwischen Systemen. Da XML mehr oder weniger universell verstanden wird, sollte jedermann, der über einigermaßen moderne Informationssysteme verfügt, in der Lage sein, an auf ERP II basierenden Online-Business-Communities teilhaben zu können. Diese Lösung ist bei weitem vielseitiger als EDI, der viel gescholtene und beschwerliche Standard für den Datenaustausch, der mittlerweile über 10 Jahre alt ist.

Einen weiteren Vorteil bezieht ERP II aus der breiten Palette an Web-Service-Standards (besonders SOAP, WSDL und UDDI), die eine Integration zwischen Geschäftsabläufen ermöglichen, die auf jedem nur denkbaren System angesiedelt sein können. In der ERP II-Umgebung zählen die Daten – und nicht die jeweils systemeigenen Prozesse.

„Wenn man alles miteinander verbinden möchte, um mit einer Maschine in der Fabrik, einem Kunden oder einem Lieferanten kommunizieren zu können, muss die Infrastruktur in ihrem Kern sehr offen sein.“ Sagt Gavin Dixon, Northern Region General Manager bei Intentia, wo man in Vorbereitung auf den Übergang zu ERP II die gesamte Java-basierte Movex-Lösung bereit für Web-Services gemacht hat.

„Die überkommenen Systeme wurden fast ohne Ausnahme für die Interaktion mit Menschen konzipiert“, fährt Dixon fort, „sie sind für diese schnellere und flexiblere Umgebung nicht ausgelegt. Zum Glück ist eine Integration leichter zu bewerkstelligen als früher. Die Tools werden von uns entwickelt, von uns vertrieben und werden in das Produkt integriert. Dadurch ist es viel einfacher, z.B. Data Warehouses mit KPIs (Key Performance Indicators) zu versehen, die der Branche des jeweiligen Kunden entsprechen..

Aber auch mit derart weit akzeptierten Standards bleibt die Integration immer noch eine Herausforderung: Die vorhandenen Systeme müssen nach wie vor berücksichtigt werden und die Integrationsarbeit vergangener Jahre wird nicht einfach verschwinden.

Eine breite Unterstützung für Datenaustausch-Standards dürfte die Logistik künftiger ERP-Projekte sehr vereinfachen, da die Kunden selbst Datenmodelle definieren können, die die Abteilungen problemlos miteinander austauschen und die auch an Geschäftspartner und Lieferanten versandt werden können. Während die erste ERP-Welle dem Aufbau von Unternehmensinfrastruktur diente, wird ERP II eine echte Zusammenarbeit zwischen dieser Infrastruktur und vergleichbaren Systemen andernorts ermöglichen.

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ZDNet.de Redaktion

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