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Gates: Big Brother wird nicht Realität

Anlässlich des 100sten Geburtstages von George Orwell äußerte sich gestern Microsoft-Chairman Bill Gates zum Wahrheitsgehalt von 1984. Die Vision des „Big Brother“ sei nicht eingetroffen — Technik verhindere nämlich das Eindringen des Staates in die Privatsphäre seiner Bürger.

„Big Brother ist nicht Wahrheit geworden, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er es jemals wird“, erklärte der Microsoft-Mitbegründer. „Technik kann unser Land sicherer machen und gleichzeitig die Horror-Visionen von Orwell verhindern helfen“, so Gates. „Orwell hat nicht vorausgesehen, wie Technik zum Schutz der Privatsphäre herangezogen werden kann. Die Tatsache, dass Technik durch die Abschirmung von Computersystemen und Informationen sowohl die Sicherheit als auch die Privatsphäre vergrößert, ist eine positive Sache.“

Der Chairman begrüßte Bemühungen der US-Regierung, die Datenbanken der verschiedenen an der Heimatfront tätigen Behörden miteinander zu verbinden: „Wir sind stolz darauf, in die Anstrengungen involviert zu sein, die der Zusammenschluss der föderal strukturierten Homeland Security Community zu einer nationalen, informationsteilenden und intelligent-analytischen Netzwerk mit sich bringt.“

Gates machte diese Ausführungen auf einem vom Center for Strategic and International Studies (CSIS) veranstalteten Homeland Security-Kongress. Die Homeland Security ist eine vom US-Ministerium für innere Sicherheit der USA ins Leben gerufenen Behörde, der europäische Kritiker durchaus den Status eines „Big Brother“ zuerkennen. Aufgabe ist es, Angriffen von Terroristen innerhalb der Vereinigten Staaten vorzubeugen. Dazu müssen natürlich möglichst viele Wege der Überwachung beschritten werden.

Erst gestern hatte das Bundesinnenministerium Pläne für ein Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mitgeteilt, das dem amerikanischen Homeland Security vergleichbar sein soll. Es werde noch 2003 die Arbeit aufnehmen und vor allem dem Schutz der Bevölkerung vor terroristischen Anschlägen dienen, so das Ministerium.

Bereits am 12. Juni haben der deutsche Innenminister Otto Schily und der amerikanische Minister für Homeland Security, Tom Ridge, laut der „Süddeutschen Zeitung“ eine bilaterale Kooperation zum Schutz von Computersystemen und Computernetzen beschlossen.

Im vergangenen Jahr hatte die Firma Microsoft den „Big Brother Award 2002“ erhalten. Laut der in Deutschland angesiedelten siebenköpfigen Jury verdiente sich die Redmonder Firma den Preis als „Protagonist der Überwachungsgesellschaft“ für ihre „Verdienste bei der flächendeckenden Einführung von Kontrolltechnologie für Urheberrechte“. Die Firma sei „bereits in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen für den Big Brother Award nominiert worden“ und habe mit „unschöner Regelmäßigkeit“ immer wieder Anlass dazu gegeben.

Den konkreten Anlass für die Preisverleihung habe Microsoft mit dem Update für den hauseigenen Media Player geliefert. In der damit einhergehenden Veränderung der Lizenz räumte sich Microsoft das Recht ein, Updates, die das Betriebssystem um Funktionen zum Digital Rights Management (DRM) erweitern, automatisch einzuspielen. Die komplette Begründung hat die Jury im Web hinterlegt.

Auch ein Verfassungsorgan erhielt den unrühmlichen Preis: Der Bundesrat „gewann“ in der Kategorie „Kommunikation“, aufgrund seines Beschlusses vom Frühsommer, Provider zur Vorratshaltung von Verbindungsdaten zum Zwecke polizeilicher Nutzung zu verpflichten Weitere Preise gingen an das Bundeskriminalamt, an die Firma Toll Collect, die Deutsche Post AG und die Bayer AG.

ZDNet.de Redaktion

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