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Amazon startet „Web Services“ in Deutschland

Ziemlich genau ein Jahr nachdem Amazon in den USA mit seinem Web Service-Programm gestartet ist, launcht der E-Commerce-Gigant das Angebot auch in Deutschland. „Es gibt viele verschiedene Definitionen, was Web Services denn eigentlich sind“, erklärte der Director Web Services und Associates Program von Amazon, Colin Bryar, zu Beginn des Gespräches mit ZDNet in der Deutschland-Filiale des Konzerns in München. „Bei uns bedeutet das einfach die Kommunikation via XML zwischen unserer Plattform und Partnerunternehmen.“ Konkret bedeute dies: „Amazon Web Services gibt Entwicklern und Website-Betreibern die Möglichkeit, kostenfrei Inhalte und Features von Amazon.de in ihre eigenen Anwendungen und Websites zu integrieren.“

Unter www.amazon.de/webservices erhalten Entwickler und Website-Betreiber eine Auswahl an Tools, mit denen sie Funktionen von Amazon.de mittels dynamischer Links zur Website von Amazon.de herstellen können. Zu den wichtigsten Funktionen von Amazon Web Services zählt also, dass die Millionen bei Amazon.de erhältlichen Produkte auf den Websites Dritter gesucht und abgebildet werden und dass Besucher dieser Websites Artikel in den Warenkorb bei Amazon.de legen können. Entwickler dürfen ausschließlich über zwei Branchenstandards auf die Amazon.de-Website zugreifen: XML und SOAP (Simple Object Access Protocol).

Anders als die meisten anderen Branchengrößen gehört Amazon keinem Standardisierungsgremium für Web Services an. Auch scheint sich der ehemalige Buchhändler wenig um die Etablierung dieser Standards zu kümmern. Bryar dazu: „Nun ja, wir sind kein Mitglied beispielsweise in der Web Services Interoperability Organization (WS-I). Es ist doch so: Standards sind im Fluss, nichts ist derzeit definitiv. XML und SOAP genügt uns vollauf. Wir wollen die Angelegenheit nicht überkomplizieren – wir und all unsere Partner sollen Services sinnvoll nutzen können, das ist alles was wir verlangen.“

Allerdings pocht allen voran Sun ständig auf die Bedeutung von Standards. Wieso zanken sich deswegen die Branchenriesen miteinander, wenn doch alles so einfach ist? Im April haben beispielsweise Microsoft, IBM und Verbündete wie SAP, Siebel oder Bea dem Standardisierungsgremium Advancement of Structured Information Standards (Oasis) einen Vorschlag für einen Web Service-Standard vorlegen, mit dem mehrstufige Transaktionen abgebildet werden können. An einem solchen Entwurf sitzt jedoch bereits die Choreography Working Group, der Microsoft zuvor den Rücken gekehrt hatte. Die von der W3C initiierte Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, einheitliche Standards für den Datenaustausch zwischen Web Services zu etablieren. Damit soll ein Händler beispielsweise festlegen können, welche Informationen einer Transaktion in welchem Umfang an welche Geschäftspartner oder Angestellte weitergemeldet werden soll.

„Erst wenn wir beispielsweise an Regierungsstellen anbinden wollten, haben all diese Orchestration-Probleme Relevanz für uns. Im Moment ist unser Service-Angebot auf Benutzerfreundlichkeit und Einfachheit ausgerichtet“, so Bryar. „Schon mit der Einführung von Amazon Web Services in den USA im Juli 2002 haben wir Web-Developern die Möglichkeit gegeben, auf Basis der Amazon-Plattform Anwendungen zu entwickeln. Seither haben sich über 30.000 Entwickler registriert. Alles was dazu nötig ist, ist das Development Kit, das wir zum kostenlosen Download anbieten.“ Streng genommen hat das von Amazon beworbene Web Service-Programm wenig mit dem gemein, was von den vorher genannten Branchengrößen angestrebt wird. Mit dem Kampf zwischen .Net und J2EE will Bryar möglichst wenig zu tun haben.

Und auch neue Wege, um Web Services zu ermöglichen, möchte Bryar erst beschreiten, wenn diese einen tatsächlichen Nutzen versprechen. Das Semantische Web und sein Datenformat RDF „ist zum jetzigen Stand der Dinge nichts, dass uns weiterhelfen könnte. Wir werden es einsetzen, sobald unsere Kunden daraus einen tatsächlichen Nutzen ziehen können.“ Die Idee des Internet-Miterfinders Tim Berners-Lee geistert seit 1998 durch das Netz und die Universitäten. Das Semantische Web beruht zum einen auf der Fähigkeit von XML, Inhalte mit Tags zu strukturieren, und zum anderen auf den URLs genannten Web-Adressen. Letztere werden von den ganz ähnlich funktionierenden Unified Resource Identifiers (URIs) ergänzt, die statt dem Ort einer Information ihre Bedeutung ermitteln. Berners-Lee und Kollegen träumen davon, das gesamte Web mit URIs zu indizieren. Das Konzept dafür ist mit Resource Description Framwork (RDF) bereits geschaffen. Es definiert ähnlich wie Bibliothekssystematiken die Vorgehensweise bei der Verschlagwortung, mit der eine Metaebene über die Inhalte gelegt wird.

Das Amazon Partnerprogramm bietet Website-Betreibern dagegen lediglich die Möglichkeit, Amazon-Features in ihre Website zu integrieren. So sollen einerseits die Partner ihre Besucherzahlen erhöhen, andererseits Amazon durch die kostenlose Werbung und Anbindung verdienen. Bryar ist an tatsächlicher Wertschöpfung, nicht an Visionen eines besseren Web interessiert. „Das ist kein Experiment für uns, wir machen wirklich Geld mit diesem Affiliates-Program. Die Box ist kostenlos, unser Umsatz kommt alleine durch die größere Verbreitung unseres Angebotes“, so der Director. „Der Einsatz von XML sorgt lediglich dafür, dass die von unseren Partnern angebotenen Waren die jeweils aktuellen sind.“

Bleibt der heikle Punkt der Sicherheit: Die Standardisierungsgremien kämpfen nicht zuletzt um eine einheitliche Regelung für den Schutz personenbezogener Daten. Kreditkartendiebstahl etwa wird in der Branche als GAU angesehen, der ein betroffenes Unternehmen in den Abgrund reißen könnte. „Wir tauschen keinerlei personenbezogene Daten mit unseren Partnern aus. Kunden werden direkt auf unseren Server geleitet, alle persönlichen Daten sind und bleiben auf unseren Rechnern im Haus“, berichtete Bryar. „Wir machen uns durchaus eine Menge Gedanken zur Sicherheit unserer Kunden.“

Zeitgleich mit Amazon.de startet Web Services auch bei Amazon.co.jp, so dass Amazon Web Services nun über die Websites Amazon.com, Amazon.co.uk, Amazon.de und Amazon.co.jp erhältlich ist.

ZDNet.de Redaktion

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