Analysten sehen Telekom auf gutem Weg

Ein Jahr ohne Ron Sommer: Die Deutsche Telekom schrumpft sich gesund. Der neue Konzernchef Kai-Uwe Ricke kann erste Erfolge vermelden. Beteiligungen und Immobilien wurden verkauft, der Schuldenberg sinkt. Nach dem Rekordverlust von 24,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr soll 2003 bereits wieder schwarze Zahlen bringen.

Doch für die Aktionäre hat das nur wenig von den Werten zurückgebracht, die sich unter Sommer nach dem Ende des Börsenbooms so rasant in Luft auflösten. Und das könnte nach Meinung von Experten vorerst auch so bleiben. Für Ricke, der Mitte November sein Amt antrat, lief das erste Quartal mit einem Gewinn von 850 Millionen Euro überraschend gut.

Ohne Sondereinflüsse wie die Verkäufe von Immobilien oder Kabelnetzen blieb immerhin noch ein Plus von 100 Millionen Euro in den Büchern. Die Verbindlichkeiten lagen bei 56,3 Milliarden Euro und damit fast fünf Milliarden niedriger als Ende vergangenen Jahres. Sparen und aus dem Bestand wachsen ist Rickes Motto. Massive Zukäufe wie unter Sommer, der in seinen sieben Jahren als Telekom-Chef Beteiligungen von Europa über Asien bis in die USA einsammelte, stehen nicht auf dem Programm. „Ricke ist der richtige Mann in diesem Stadium“, befindet Theo Kitz vom Bankhaus Merck und Fink: „Solide im Stil und in der Denke.“ Sommer dagegen hätten Fragen wie der Schuldenabbau „nie besonders interessiert“.

Der auch deswegen rasante Fall der „Volksaktie“ Telekom brach Sommer kurz vor der Bundestagswahl das Genick. Nach einer Kette von Demontageversuchen aus Politik und Aufsichtsrat warf er am 16. Juli das Handtuch. Trotzig sagte Sommer damals, er glaube, „doch eine Menge erreicht und verändert zu haben. Und ich hoffe sehr, dass sich dies mit einigem Abstand dann doch auch objektiv bestätigt.“ Nicht wenige Branchenkenner sehen das heute so. Die Sommer am stärksten angelasteten Fehler – der Kauf von Voicestream in den USA und die teuer bezahlten UMTS-Lizenzen – werden inzwischen in die Rubrik strategische Stärken einsortiert. „Voicestream wächst sehr schnell und schneller als die Konkurrenz“, sagt Kitz. „Es könnte sein, dass Sommer im Nachhinein doch Recht hatte.“ Das Problem war der Preis. Nach damaligem Wert – der Kauf wurde zu einem großen Teil über Aktien abgewickelt – zahlte Sommer im Juli 2000 54,2 Milliarden Euro.

Für den nur fünftgrößten Mobilfunkanbieter der Vereinigten Staaten eine stolze Summe. Aber eben auch „eine einmalige Gelegenheit“, in den USA Fuss zu fassen, wie ein anderer Bankenexperte betont. Tatsächlich sind Spekulationen über einen Verkauf der US-Tochter verstummt. Ricke betont zwar, eine Trennung sei möglich, wenn der Preis stimme. Doch dass der Telekom-Chef einen seiner wichtigsten Wachstumsbringer über Bord wirft, glaubt kaum jemand. Ähnlich hoch wie bei Voicestream pokerte Sommer bei den UMTS-Lizenzen. In Deutschland kostete die Eintrittskarte für den multimedialen Mobilfunk acht Milliarden Euro. Anders als die Konkurrenten e-plus und O2 hat die Telekom auch bei drastisch verschlechterten Erfolgsaussichten hier noch keine Wertkorrekturen in ihrer Bilanz vorgenommen.

Muss sie auch nicht, meint der Spezialist eines Frankfurter Bankhauses. Nach dem Ausstieg von Mobilcom und Quam seien schließlich nur noch vier Lizenzinhaber übrig. Damit sehe die Sache für das Marktschwergewicht Telekom mit einem Kundenstamm von 25 Millionen Handy-Nutzern gar nicht so schlecht aus. Dem Aktienkurs hat das bisher noch nicht wirklich auf die Sprünge geholfen. Für Kitz gibt es „zwei Bremsen“, die deutliche Kursgewinne eher unwahrscheinlich machen: den weiter hohe Anteil des Staates und rund 30 Millionen T-Aktien, die der Hongkonger Konzern Hutchison Whampoa noch aus dem Verkauf von VoiceStream besitzt. „Jedes Mal, wenn sich der Kurs nennenswert erholt, kommt neues Material auf den Markt“, sagt Kitz. „Man sollte deshalb nicht erwarten, dass sich die guten Taten von Herrn Ricke auch im Aktienkurs widerspiegeln werden.“

ZDNet.de Redaktion

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