Vertrauen in Menschen und in die freie Organisation

Beim ersten Experiment richte ich meinen Blick fest auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Seite der Halle und gehe in mäßigem Schritt los, ohne auf mögliche Kollisionen Rücksicht zu nehmen. Jeder auf meinem Weg hält an und macht Platz, so dass ich die Strecke von einer auf die andere Seite in Rekordzeit schaffe, wenn auch etwas rücksichtslos.

Beim zweiten Experiment versuche ich es auf meine normale Art und Weise, mache also selber Platz, versuche Zusammenstöße zu vermeiden und schaffe es wieder auf die andere Seite, nur diesmal höflicher!

Beim dritten Experiment bin ich übermäßig höflich und mache bei jeder möglichen Kollision Platz. Die Strecke ist ein völliger Reinfall. Nie habe ich so viele Zusammenstöße erlebt und Flüche auf mich gezogen. Ich bin ein wandelndes Hindernis in der Bahnhofshalle und sorge für vollständige Verwirrung und Unordnung. Und die Strecke dauert lange. Ich glaube nicht, dass ich das noch Mal machen werde.

Diese empirischen Ergebnisse scheinen Computer-basierte Experimente aus dem Bereich Künstliches Leben (Artificial Life, AL) zu stützen – oder von ihnen gestützt zu werden. Dort führen die sich im Spiel herauskristallisierenden Verhaltensmuster recht schnell zu einem mittleren Niveau angemessener Höflichkeit im Entscheidungsprozess. Die Beobachtung des Verhaltens von Ameisenkolonien fördert ähnliche kooperative Handlungen zutage, wo Tausende von Individuen das kollektive Verhalten unterstützen und zum gemeinsamen Vorteil fördern.