Ja, natürlich gibt es so genannte Smartphones. Glaubt man den Herstellern, dann ist die Verschmelzung von Handys und Handheld-Computern längst gelungen. Aller Orte werden sie angepriesen, manche funktionieren sogar. Ehrliche Verkäufer warnen jedoch vor den Geräten, weil das Power-Management noch nicht gelöst sei. Die meisten Geräte muss man mindestens täglich nachladen, manchmal nach jeder intensiveren Nutzung.

Doch das ist nur ein vordergründiges Problem. Ungelöst sind nach wie vor grundlegende Fragen der Ergonomie: Komplexe Office-Programme sollen auf winzigen Displays bedient werden, E-Mails nicht nur gelesen, sondern auf Tastaturen beantwortet werden, mit der nur jugendliche SMS-Freaks zurande kommen. Die Diskussion um die nach wie vor unreife Spracheingabe überdeckt lediglich, dass sich auf den Kleingeräten weder Tastatur noch Schriftenerkennung bewährt haben. Von den Speicher- und Darstellungsproblemen von E-Mail-Anhängen, etwa Powerpoint-Präsentationen, wollen wir schweigen.

Solche Probleme ließen sich als Anfangsmacken abtun, gäbe es die Smartphones nicht schon so lange. Handsprings Treo-Geräte sind seit über zwei Jahren auf dem Markt. Das Geschäft damit lief aber so schlecht, dass das Unternehmen jetzt vom Konkurrent Palm gekauft wurde, der noch Anfang dieses Jahres behauptet hat, für Smartphones gäbe es keine Nachfrage. Das war natürlich eine Schutzbehauptung, wie jetzt die Vorstellung des unter Palm-Regie entstandenen Treo 600 beweist.

Tatsächlich ist die Nachfrage nach Smartphones für den Unternehmenseinsatz seit Jahren unverändert hoch. Mit ihrer Hilfe ließe sich der gesamte Außendienst bequem auf Zuruf steuern, als säßen die Mitarbeiter im selben Büro. Versicherungsvertreter wirken zudem viel persönlicher, wenn sie beim Kunden nicht ihren Laptop aufklappen und nach der Telefonsteckdose für den Internet-Anschluss fragen müssen.

Die Anbieter von Handys und PDAs dagegen scheinen die Bedürfnisse ihrer Firmenkunden zu ignorieren und bauen stattdessen lieber Geräte mit denen man Urlaubsfotos knipsen kann, die dann der Oma zu Hause automatisch per Postkarte zugestellt werden.

Der Gründe für die Orientierung am Massenmarkt sind vielfältig. Eine gewisse Rolle spielt, dass der Markteintritt von Microsoft den PDA-Markt schon vor Jahren in Richtung Consumer-Produkte gelenkt hat. Seit der Einführung von Windows-CE ging es nicht mehr um möglichst einfache Business-Lösungen, sondern darum, das gesamte Leistungsspektrum eines PCs auf Handheldgeräte zu portieren — und zwar möglichst bunt. Seither genießen nur noch Anwender von Uralt-Palms den Luxus, ihre Geräte länger als eine Woche ohne Kontakt mit der Basisstation nutzen zu können. Nun geht es darum, die Investitionen in diese Multimedia-Geräte zu schützen. Zwar sind sie für den Büroalltag viel zu überladen, doch lässt sich mit den vielen Features trefflich werben. Die Ergänzung der Office-Funktionen um Gimmicks wie das Abspielen von Sound- und Videosequenzen sowie der Ausbau zum Billigfotoapparat ist aus dieser Sicht nur konsequent. Das Versprechen großer Kundengruppen erleichterte den Geräte-Herstellern, insbesondere denen aus dem PDA-Umfeld, zudem die unausweichlichen Kooperationsverhandlungen mit den Mobilfunk-Konzernen.

Auf der anderen Seite sind Unternehmenskunden unbequem. In der Krise haben viele von ihnen IT-Projekte auf die lange Bank geschoben, darunter auch solche für den Aufbau einer mobilen Infrastruktur. Wo das nicht der Fall war, formulierten sie oft so spezielle Anforderungen, dass sie mit Standardgeräten und -software nicht zu befriedigen waren. So entwickelte sich ein kleiner aber lukrativer Markt für individuelle Projekte.

Aufzughersteller Otis, zum Beispiel, informiert seine Wartungsmitarbeiter vor Ort darüber, nach welchen Vertragskonditionen sie tätig werden sollen. Um das zu können, müssen die Smartphone-Programme in die Unternehmensanwendungen integriert sein. Andere Unternehmen wollen online die Kundenbonität prüfen und Vertragskonditionen vom Firmenserver abrufen. Dass in den vergangenen Jahren entsprechende Infrastrukturlösungen entwickelt wurden, bestätigt die Bedeutung, die den Smartphones in der Industrie zugemessen wird.

Kurz: Die Smartphone-Märke für Unternehmen und Konsumenten haben sich auseinander entwickelt. Das Konzept des Universaltools konkurriert mit dem des Spezialwerkzeugs.

Bedeutet diese Entwicklung, dass die Anwender vergeblich auf funktionierende Smartphones warten? — Nein. Die Erfahrung zeigt, dass sich Konsumenten nicht auf Dauer mit Gimmicks bei der Stange halten lassen. Umgekehrt haben Business-Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationsindustrie noch immer einen Weg in den Massenmarkt gefunden. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich die beiden Smartphone-Richtungen wieder aufeinander zu bewegen.

ZDNet.de Redaktion

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